Basketball-Playoffs:Disziplin gegen Kreativität

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Wenn die Basketballer vom FC Bayern und von Alba Berlin das Meisterschaftsfinale austragen, wird bei dieser Auseinandersetzung auch ein Kampf der Spielkulturen zu bestaunen sein.

Von Joachim Mölter, München

Das Leben ist ein Kampf um Anerkennung, und allem Anschein nach vermisst Marko Pesic mehr öffentliche Würdigung für seine Arbeit als Geschäftsführer der FC-Bayern-Basketballer. Anders ist es kaum zu erklären, dass er im Hinblick auf die am Sonntag beginnende Finalserie um die deutsche Meisterschaft gegen Alba Berlin etwas spitz die Außenseiterrolle für sein Team beanspruchte, immerhin den Tabellenersten nach der Hauptrunde mit 31 Siegen und nur drei Niederlagen. "Viele sagen, Alba ist die beste Mannschaft in Deutschland, sie haben den besten Spieler der Liga, den besten Trainer der Liga, den besten Aufbauspieler der Liga", sagte Pesic und erinnerte in dieser Woche daran, dass die höchsten individuellen Auszeichnungen dieser Bundesliga-Saison nach Berlin gegangen waren, an den Flügelspieler Luke Sikma, den allseits nur "Aito" genannten Coach Alejandro García Reneses, den Spielmacher Peyton Siva. Daraus schloss Pesic: "Wir müssen unseren besten Basketball der Saison spielen, wenn wir eine Chance haben wollen."

Genau für diese Chance auf den Titel haben sie beim FC Bayern allerdings "den besten Kader in der Liga" zusammenstellen dürfen, wie Klubpräsident Uli Hoeneß vor Beginn der Playoffs im SZ-Interview unter Verweis auf einen "enormen wirtschaftlichen Kraftakt" noch einmal bekräftigt hatte. "Bei einer Mannschaft, die so ausgeglichen besetzt ist wie der FC Bayern, ist es klar, dass kein Einzelner herausragt", relativiert Alba-Manager Marco Baldi die persönlichen Ehrungen für seine Profis und fügt hinzu: "Wenn der FC Bayern Aleksandar Djordjevic behalten hätte, wäre eventuell auch er Trainer des Jahres geworden."

Abgehoben: Devin Booker (am Ball) zieht beim entscheidenden dritten Erfolg seiner Bayern-Basketballer im Halbfinale gegen Bamberg zum Korb. Foto: Zink/Imago (Foto: Zink/imago)

Aber die Münchner hatten sich ja trotz ihrer souveränen Tabellenführung Ende März völlig überraschend von dem Serben getrennt, zwar nach einer deutlichen Heimniederlage (72:91) gegen Alba, aber im Grunde ohne wirklich plausible Erklärung. Unter Djordjevics Nachfolger Dejan Radonjic, einem Montenegriner, lief es dann zunächst etwas unrund, gerade in der ersten Playoff-Serie gegen Frankfurt (3:2). Aber zuletzt entthronten die Münchner im Halbfinale den Titelverteidiger Brose Bamberg, am Dienstag holten sie den nötigen dritten Sieg (83:79) in der Best-of-five-Serie.

Somit kommt es nun zur Neuauflage des Finales von 2014, das damals der FC Bayern mit 3:1 Erfolgen gewonnen hatte. Es ist das logische Gipfeltreffen der beiden besten Mannschaften dieser Saison, dem Ersten und dem Zweiten der Hauptrunde. Beide Teams standen sich schon im Pokalfinale gegenüber, im Februar holten die FC-Bayern-Basketballer durch ein 80:75 den Cup; sie haben also die Chance auf das erste Double ihrer Abteilungsgeschichte. Der achtmalige Titelträger aus Berlin hat dafür die Gelegenheit auf die erste Meisterschaft seit zehn Jahren. "Beide Mannschaften können gut verteidigen, beide können gut angreifen, in den Statistiken sind beide in allen Kategorien vorne", bilanzierte Baldi. Pesic ergänzte: "Es wird spannend, welches System sich durchsetzen kann."

Es sind ja unterschiedliche Philosophien, die sie in München und Berlin pflegen; es wird somit auch zu einer Art Kampf der Kulturen kommen. Beim FC Bayern lehren sie die gute alte jugoslawische Schule, diszipliniert, aggressiv, mit Priorität auf harter Abwehrarbeit. Bei Alba hat mit der Verpflichtung des 71 Jahre alten Aito im vorigen Sommer der spanische Stil Einzug gehalten, beschwingt, kreativ, etwas anarchisch, "auf einem hohen Niveau der Verspieltheit", wie es Nationalspieler Joshiko Saibou jüngst formulierte, der unter Aitos Anleitung richtig aufblühte.

Der 71-Jährige hat sich im Lauf seiner Karriere einen Ruf als Talentförderer erworben und das auf seiner ersten Auslandsstation erneut bestätigt, indem er das wohl jüngste Team der Alba-Historie auf Anhieb ins Finale führte. Aber "München ist sehr erfahren, sie sind sehr physisch. Es wird schwer für uns", warnt der Spanier. Der Münchner Flügelspieler Danilo Barthel, am Dienstag mit 19 Punkten der Matchwinner in der entscheidenden Partie gegen Bamberg, lobt seinerseits die Berliner Mannschaft als "extrem vielseitig, mit einem guten Teamplay" und kündigte an: "Wir werden in jedem Fall mit unserer Physis dagegenhalten." Sein Trainer Radonjic betonte: "Es ist sehr wichtig, wie du verteidigst, wenn du eine Meisterschaft gewinnen willst." Man ahnt, dass die routinierten Münchner versuchen werden, den Spieltrieb der jungen Berliner mit Macht zu ersticken. Das haben im Halbfinale freilich auch die für ihre Defensivstärke gefürchteten MHP Riesen Ludwigsburg probiert, ohne Erfolg: Die Berliner setzten sich mit 3:0 Siegen durch.

Zwischen dem FC Bayern und Alba wird es hart zur Sache gehen, wenn man den Kontrahenten glauben darf. Danilo Barthel erwartet jedenfalls "einen sehr, sehr harten Gegner" sowie "eine harte Serie". Berlins Manager Marco Baldi spricht von einer "ganz harten Nuss für beide Teams. Jedes wird versuchen, seine Stärken maximal durchzusetzen".

In dieser Saison sind sich Münchner und Berliner bereits dreimal auf dem Parkett begegnet. In der Bundesliga setzten sich jeweils die Auswärtsteams durch, und das Pokalfinale auf neutralem Boden in Ulm "hätte auch Alba gewinnen können", gibt Marko Pesic zu. So geht es halt zu, wenn der beste Kader auf die besten Spieler mit dem besten Trainer trifft: knapp, hart, unvorhersehbar.

© SZ vom 01.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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