Basketball:Ortswechsel mit Folgen

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Warum er vom FC Bayern München weg ist? "Ich wollte wieder Verantwortung übernehmen", sagt der Neu-Bayreuther Andreas Seiferth, 26. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Seit Andreas Seiferth für Bayreuth statt für München spielt, geht es aufwärts - für ihn und für Bayreuth. Während er in München nie in tritt kam, ist er in Franken nach nur sechs Spielen eine wichtige Stütze der Mannschaft.

Von Matthias Schmid

Wenn Andreas Seiferth an seinen freien Tagen in Bayreuth am Markgräflichem Opernhaus oder am Alten Schloss vorbeischlendert, muss er manchmal an Svetislav Pesic denken. An das letzte Gespräch, bevor er die Basketballer des FC Bayern verlassen hat. Es sei eine gute Unterredung gewesen, eine klärende, sagt Seiferth, der seit Januar für medi Bayreuth in der Basketball-Bundesliga aufläuft. "Es war da schon auch Einsicht da von Coach Pesic", sagt der Nationalspieler, aber Fehler, nein, Fehler würde der Bayern-Cheftrainer nie zugeben.

In Oberfranken hat Seiferth nur sechs Spiele benötigt, um sich vom Münchner Reservistendasein zu befreien. An diesem Sonntag (17 Uhr) trifft der Tabellenzwölfte auf Gießen, Seiferth wird wohl wieder einer der auffälligsten Bayreuther sein.

Seiferths Beziehung in München zu Pesic war kompliziert. Der Serbe mochte den gebürtigen Berliner, er fand, dass dieser hoch veranlagt sei und im Training auch die Besten im Kader an deren Grenzen bringen würde. "Doch Andreas fehlte im Spiel die Sicherheit, die Matchpraxis, die Präsenz", klagte Pesic gerne. Warum er den 2,09 Meter großen Center nicht einfach hat häufiger spielen lassen, damit dieser sein Selbstvertrauen vermehren konnte, das fragte sich dieser auch selber oft. "Ich habe noch weniger gespielt, als ich erwartet hatte", sagt der 26-Jährige, der im Vorjahr erst nach München gewechselt war. Er wusste, dass ihm bei einer Spitzenmannschaft nur eine kleine Rolle zugedacht war, aber dass sie so klein ausfallen würde, überraschte ihn.

In 14 Ligaspielen stand Seiferth durchschnittlich nicht einmal neun Minuten auf dem Feld. Sein Stammplatz war die Auswechselbank, meist hat er dort die gesamte Spielzeit verbracht, vor allem bei den wichtigen Partien im Europokal. "Ich hatte zu wenig Einsatzminuten, um auch mal Fehler machen zu können", sagt Seiferth. Die mangelnde Spielpraxis hat ihn noch unsicherer gemacht, er wirkte bei seinen seltenen Auftritten oft nervös, hibbelig, irgendwie fremd. Den FC Bayern hat er dennoch ganz ohne Groll verlassen. "Es gibt keine bösen Gefühle", sagt Seiferth, "alles ist sauber abgelaufen." Aber mit der Reservistenrolle wollte und konnte er sich nicht länger anfreunden.

Er hätte die Saison beim FC Bayern zu Ende spielen können. "Aber ich wollte wieder Verantwortung übernehmen und eine große Rolle im Team haben", sagt er. Da kam das Angebot von Bayreuths Trainer Michael Koch genau zur richtigen Zeit. Bayreuth beklagte viele verletzte Spieler, vor allem auf den großen Positionen unterm Korb. Seiferth spürte sofort das Vertrauen und noch viel wichtiger: Er durfte spielen. Mehr als 25 Minuten pro Partie. Bisher hat er im Schnitt 10,3 Punkte und 5,3 Rebounds pro Spiel sammeln können. "Andreas hat unser Niveau sofort angehoben", lobt Koch. Einen Spieler wie ihn hatte der Trainer im Kader vermisst, jemand, der mit dem Rücken zum Korb steht und mit schnellen Drehungen an seinem Gegenspieler vorbei zu leichten Punkten kommt. "Es läuft richtig gut", sagt Seiferth. Für ihn und für Bayreuth, das sich mit drei Siegen aus den vergangenen sechs Spielen aus dem Abstiegskampf verabschiedet hat und bereits acht Punkte mehr aufweist als der Tabellenvorletzte Bremerhaven.

Bei der EM-Qualifikation im Sommer will Seiferth mitspielen

Ob auch Chris Fleming seinen Aufschwung registriert hat, weiß Seiferth nicht. Bisher hat sich der Bundestrainer nicht bei ihm gemeldet. Bald steht die Kadernominierung für die EM-Qualifikation im Sommer an. Seiferth hofft auf Flemings Anruf, nachdem er es im vergangenen Jahr nicht zur EM geschafft hatte. Helfen könnte ihm dabei gerade die lehrreiche Zeit in München. Er hat erleben können, wie hochdekorierte Basketballer wie Deon Thompson oder Anton Gavel trainieren, wie sie für ihren Sport auf und abseits des Parketts leben. "Da habe ich viele kleinen Dinge abschauen können, um noch professioneller zu arbeiten", erzählt Seiferth. Er bereitet sich nun gewissenhafter auf die Trainingseinheiten vor und hat seine Ernährung umgestellt. "Ich bin ohnehin nicht der Typ gewesen, der bis sechs Uhr morgens feiert und sich nur von Fastfood ernährt", sagt Seiferth.

Seine größte Veränderung ist sowieso auf dem Feld zu erkennen. Seine Körpersprache ist jetzt eine ganz andere als in München. Seiferth spielt kraftvoll, er fordert den Ball und reißt seine Mitspieler lautstark mit, wenn es mal nicht so läuft. Diese Präsenz dürfte auch Pesic gefallen. Im Sommer endet Seiferths Vertrag in Bayreuth. Ob er bleibt? "Da gibt es noch keine Entscheidung", entgegnet er. Sein sehnlichster Wunsch nach vielen Vereinswechseln:. "Ich möchte mal wieder länger an einem Ort bleiben."

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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