Basketball:Mit der Qualität von Lucky Luke

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Spencer Butterfield (r.) beim ersten Finalspiel gegen Jared Cunningham vom FC Bayern München am 3. Juni. (Foto: Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images)

Ihre Trefferquote dürfte die Finalserie der Bundesliga entscheiden: Die Berliner Spencer Butterfield und Marius Grigonis zählen zu den stärksten Distanzschützen der Liga, doch der FC Bayern bekam sie zuletzt in den Griff.

Von Joachim Mölter, Berlin/München

Spencer Butterfield war einer der Letzten, die ihren Arbeitsplatz am Donnerstagabend verließen, begleitet von Familienangehörigen und Freunden, die aus den USA zu Besuch gekommen waren; begleitet auch von Beifall der Fans, die vor dem Ausgang der Arena am Berliner Ostbahnhof ausgeharrt hatten. Dabei hatte der Basketball-Profi von Alba Berlin gar nicht sonderlich gut gespielt bei der 69:96-Niederlage gegen den FC Bayern München im zweiten Finalduell der Best-of-five-Serie - das wusste er, das wussten die Fans. Aber die wussten auch, dass sie einen Butterfield in Bestform brauchen, wenn das noch etwas werden soll mit der neunten deutschen Meisterschaft für den Klub. Also entließen sie ihn mit ermunternden Rufen in die Nacht.

1:1 steht es in der Finalserie der Basketball-Bundesliga (BBL), nachdem die Berliner vor einer Woche überraschend in München gewonnen hatten (106:95 nach Verlängerung); die dritte Partie findet am Sonntag erneut in München statt (18.30 Uhr/Sport 1). "Es sieht so aus, als ob der Heimvorteil nicht viel bedeutet", sagte FC-Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic am Donnerstag. Fünfmal sind die beiden Klubs in dieser Saison bereits aufeinandergetroffen, das Pokalfinale auf neutralem Boden in Ulm gewannen die Münchner (80:75), ansonsten siegten immer die jeweiligen Gäste.

Bayern drückt den Berliner Punkteschnitt mal eben um fast 30 Zähler

Wenn die Berliner diese Serie fortsetzen, wenn sie generell ihre Chance auf den Titel wahren wollen, müssen sie umgehend ihren Angriff wieder auf Touren bringen. Mit durchschnittlich 97,7 Punkten pro Partie ist Alba das offensivstärkste Team der BBL, doch am Donnerstag drückte der FC Bayern diesen Schnitt mal eben um fast 30 Zähler. Das ist beinahe eine Vollbremsung.

Was bei Alba Berlin auffällt: Bei den drei bisherigen Saison-Niederlagen gegen den FC Bayern kam das Team auf eine Trefferquote aus dem Feld von lediglich um die 40 Prozent, bei den beiden Siegen waren es mehr als 55. Wobei die Berliner sogar noch besser trafen, wenn sie von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreipunktelinie auf den Korb warfen: Da verwandelten sie 56 bzw. 64 Prozent ihrer Versuche. Dass Alba Berlin das Bundesliga-Team mit den besten Werten bei den Dreierwürfen ist, ist in erster Linie ein Verdienst von Spencer Butterfield und seinem litauischen Nebenmann Marius Grigonis: Je besser die beiden treffen, desto besser treffen auch ihre Kollegen. Denn sobald die Verteidiger anfangen, sich auf die beiden zu stürzen, ergibt das Lücken und Freiräume für die anderen. "Je mehr Schützen du hast, desto einfacher wird es", erklärt Butterfield: "Der Gegner kann dann nicht doppeln, ohne dass ein anderer Spieler frei steht."

Die Aufbauspieler Peyton Siva und Joshiko Saibou, selbst der großgewachsene Flügelspieler Luke Sikma können zwar ebenfalls hochprozentig aus der Distanz treffen, aber Butterfield und Grigonis haben noch eine Qualität, welche die anderen in diesem Maße nicht haben: Sie schießen fast so schnell wie die Comicfigur Lucky Luke. Von dem heißt es, er schieße schneller als sein Schatten.

Der 1,90 Meter große Butterfield und der knapp zehn Zentimeter größere Grigonis sind sozusagen die Leiter der Abteilung "Catch&Shoot", wie man das im amerikanisch geprägten Basketball-Jargon nennt: fangen und werfen. Sie brauchen nicht viel Zeit und nicht viel Platz zum Werfen, aber im zweiten Finalspiel gewährten ihnen die Münchner gar nichts.

Butterfield hat sich erst in Europa zum Dreier-Werfer entwickelt

Das erste hatte ja mit zwei Dreiern von Grigonis und einem von Butterfield angefangen, nach zwei Minuten und einem 2:9-Rückstand nahm FC-Bayern-Coach Dejan Radonjic umgehend eine Auszeit - zu spät: Die beiden waren schon heißgelaufen. "Wir haben das erste Spiel sehr gut analysiert und unsere Fehler deutlich gesehen. Heute hatten wir ein klares Konzept", resümierte Radonjic nach der zweiten Partie zufrieden.

Am Ende standen bei Grigonis nur zehn und bei Butterfield sogar nur acht Zähler zu Buche - insgesamt 31 weniger als im Auftaktspiel. So kann man den Unterschied zwischen Sieg im ersten und Niederlage im zweiten Spiel natürlich leicht erklären. Beim Pokalfinale war es ja ähnlich gewesen, da hatten Butterfield und Grigonis einen schlechten Tag erwischt und jeweils nur einen Dreier erzielt.

Nun darf man gespannt sein, wie sehr das Selbstbewusstsein der Berliner von der Niederlage erschüttert ist. Alba-Manager Marco Baldi macht sich da wenig Sorgen. Über Grigonis sagte er der Zeitung Der Tagesspiegel: "Der ist kaltschnäuzig, der verzweifelt nicht so schnell." Butterfield lobte er als "eine Maschine". Für seinen vorherigen Klub Nanterre 92, den französischen Pokalsieger, hat der 25-Jährige einmal 39 Punkte in einem Spiel erzielt, darunter waren elf Dreier.

"Ich war schon immer ein solider Werfer", sagt der Mann aus dem US-Bundesstaat Utah, "aber als ich nach Europa gekommen bin, habe ich gemerkt, dass ich Scharfschütze werden muss, um erfolgreich zu sein." Also hat er daran gearbeitet, aus dem Dribbling heraus den Ball mit einer geschmeidigen Bewegung schnell abzudrücken. Am Ende der Hauptrunde wählten ihn die BBL-Profis in einer Umfrage zum "Spieler mit dem schönsten Sprungwurf". Spencer Butterfield hat sich darüber gefreut, aber nur kurz. "Wenn die Mannschaft als Ganzes einen guten Rhythmus hat", sagt er, "ist das viel besser, als wenn nur einer einen guten Lauf hat."

© SZ vom 10.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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