Basketballer Brad Wanamaker:Präzise wie ein Laserstrahl

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Passen, punkten, rebounden: Brad Wanamaker (Foto: dpa)
  • Brad Wanamaker spielt überlegt und temporeich. Dass die Bamberger vor dem Gewinn der Meisterschaft stehen, ist ihm zu verdanken - auch wegen seines legendären Passes kurz vor der Schlusssirene.
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Von Joachim Mölter, Bamberg

Brad Wanamaker spricht schneller als manche zuhören können; wenn er redet, tut er es ohne Punkt und ohne Komma und ohne Pause, also etwa so: ohnePunktundohneKommaundohnePause. Dabei formuliert er fehlerfrei, geradlinig, variiert den Tonfall; er verhaspelt sich nicht, schindet keine Zeit mit einem "ääääh", um die Gedanken zu ordnen. Man hört, dass der Mann einen akademischen Abschluss in Kommunikationswissenschaften hat, aber das war nicht das einzige, was er an der University of Pittsburgh studiert hat. In deren Sport-Team genoss er eine Ausbildung zum Basketballer.

Nun spielt Wanamaker wie er spricht: flink und doch überlegt, zielführend, alles auf den Punkt bringend. Dass die Brose Baskets Bamberg in der Best-of-five-Serie um die deutsche Meisterschaft mit einer 2:1-Führung in das vierte Spiel an diesem Mittwoch (20 Uhr/Sport1) beim Titelverteidiger FC Bayern München gehen, hat viel mit ihrem Spielmacher zu tun. Wanamaker, 25, kann und macht alles: passen, punkten, rebounden, Vorlagen geben, Bälle klauen, Würfe blocken. Vor allem aber gibt er das Tempo seines Teams vor, ein Tempo, mit dem die Münchner kaum Schritt halten können.

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Durch diverse Ligen getingelt

"Unsere Guards sind alle sehr groß", sagt Bayern-Trainer Svetislav Pesic, die meisten um die zwei Meter herum. Das bedeutet: Ihr Antritt ist einen Tick langsamer als der von kleineren Spielern. Diesen Schnelligkeitsvorteil hat das Bamberger Trio mit Wanamaker (1,93) an der Spitze sowie Janis Strelnieks (1,91) und Dawan Robinson (1,88) gut genutzt bei den jüngsten Erfolgen (80:78 und 91:79). Vor allem Wanamaker war kaum zu halten, wenn er an seinem Bewacher vorbei zum Korb zog, um den Ball hineinzulegen oder weiter zu einem freien Mitspieler zu befördern.

Schon jetzt legendär ist sein Pass, der Bamberg im zweiten Spiel noch den Sieg bescherte, 0,1 Sekunden vor der Schlusssirene. An der Seitenlinie eingekesselt von zwei Bayern-Profis, denen ein weiterer mit erhobenen Händen zu Hilfe eilte, erspähte Wanamaker nicht nur den am Korb lauernden Robinson, sondern laserte den Ball auch noch durch die vielarmige Abwehr in dessen Hände - geradlinig, zielführend, auf den entscheidenden Punkt gebracht.

Im ersten Spiel hatte der ehemalige Bamberger Anton Gavel den Amerikaner im Zaum halten sollen. Nach Gavels Hüftverletzung während der zweiten Partie übernahm Nihad Djedovic die Aufgabe, in der dritten tat es Bryce Taylor - Wanamaker hat sie alle aufgerieben und verschlissen. Nicht nur, dass sie ihn nicht stoppen konnten: Sie brachten auch in der Offensive kaum noch etwas zustande, weil Wanamaker ihnen so viel Energie abverlangte. Klar, dass Bayern-Coach Pesic hofft, Gavel, seinen stärksten Verteidiger, bis Mittwoch wieder fit zu kriegen.

Selbst bei der 73:84-Heimniederlage zum Auftakt hat Wanamaker die Münchner beschäftigt. Während seine Teamkollegen voller Ehrfurcht vor dem großen FC Bayern zu erstarren schienen, ging er munter drauflos: "Wir haben vor niemandem zu viel Respekt", versicherte er nachher, und: "Wir haben überhaupt kein Selbstvertrauen verloren." Mit "wir" meinte er damals vor allem: "ich".

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Aber auch das ist ein Wesenszug von Brad Wanamaker: dass er den Erfolg der Mannschaft tatsächlich und nicht nur vorgeblich über seine persönliche Leistung stellt, dass er meistens "wir" sagt und nur selten "ich". Schon zu Schulzeiten an der römisch-katholischen High School in Philadelphia, seinem Geburtsort, galt er als auffallend mannschaftsdienlich; im Profil seines Collegeteams, den Pitt Panthers, wird ihm ebenfalls der Ruf "eines superben Team Players" bescheinigt. Jay Wright, Basketball-Coach der Villanova University bei Philadelphia, die Wanamaker seinerzeit auch gern verpflichtet hätte, beschreibt ihn als "klassischen Philly-Guard - furchtlos, kräftig, gute Ballbehandlung, schwer vom Korb fernzuhalten".

Trotzdem schaffte es Wanamaker nicht in die amerikanische Profiliga NBA, wie viele College-Basketballer tingelte er nach der Uni durch diverse Ligen. Fünf Mannschaften in vier Jahren, das übliche Schicksal amerikanischer Saisonarbeiter im Basketball. In Italien war er dem Coach Andrea Trinchieri aufgefallen, der ihn nach Bamberg holte, als er selbst dort im vergangenen Jahr anfing.

In Franken scheint Brad Wanamaker nun ein wenig sesshaft zu werden. Er hat vor der Saison einen Zwei-Jahres-Vertrag bekommen, sein Zwillingsbruder Brian spielte im Winter eine Zeit lang für den nahe Bamberg beheimateten Regionallisten Breitengüßbach, ehe er nach Erfurt weiterzog, was freilich auch nicht weit weg ist. Und im Juli will Brad Wanamaker die Mutter seiner beiden Kinder heiraten. Was ihm noch fehlt zum Glück? "TheGermanChip", sagt er, vielleicht auch "TheChampionship". Also: die deutsche Meisterschaft.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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