Basketball:Läuft wieder bei Wanamaker

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Die längste Spielzeit, die meisten Vorlagen, die meisten Körbe: Nach seinem Wechsel von Bamberg nach Istanbul trifft der Amerikaner auf seine ehemaligen Kollegen.

Von Matthias Schmid

Brad Wanamaker lacht plötzlich laut auf, als er die Frage zu Donald Trump hört. Er sei kein besonders politischer Mensch, entgegnet er dann nach einem längeren Schweigen und fährt in ernstem Tonfall fort: "Es überrascht mich aber, dass ihn so viele Menschen zum US-Präsidenten gewählt haben und auf seine dumpfen Parolen reingefallen sind."

Wanamaker ist in Philadelphia/Pennsylvania geboren, mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er mittlerweile aber seit fünf Jahren in Europa. Über Italien, Frankreich und Deutschland hat ihn seine Tournee als professioneller Basketballer diesen Sommer nun in die Türkei nach Istanbul geführt. Er ist froh darüber, dass er hier nicht mittelbar von den Folgen Trumps betroffen ist, wie er bekennt.

In Bamberg stieg er nach deprimierenden Jahren in Italien in Europas Elite auf

Sehr viel lieber als über Politik spricht der 27-Jährige ohnehin über Basketball im Allgemeinen und im Besondern über Brose Bamberg. "Ich hatte zwei wunderschöne Jahre dort", sagt er vor dem Wiedersehen mit seinem früheren Klub an diesem Donnerstag in der Euroleague. "Ich bin ziemlich aufgeregt, sie alle wieder zu treffen", fügt Wanamaker hinzu. Und das ist in seinem Fall auch nicht einfach so dahingesagt, keine dieser üblichen Floskeln, seine Gefühle sind echt. Mit Bamberg gewann er zwei deutsche Meisterschaften, der Klub hat ihm nach deprimierenden Jahren in Italiens zweiter Liga erst den Aufstieg in Europas Basketball-Elite ermöglicht. Es war vor allem Bambergs Trainer Andrea Trinchieri, der Wanamakers Potenzial erkannt und gefördert hat. Wie sehr sich der Amerikaner noch mit den Bambergern identifiziert, lässt sich auch daran erkennen, dass er sich alle Spiele von ihnen anschaut und regelmäßig mit früheren Mitspielern wie Darius Miller und Nicolo Melli telefoniert. Vor allem der Bamberger Sieg zuletzt gegen den FC Bayern hat ihn schwer beeindruckt, wie er sagt: "Ich war extrem glücklich, als die Jungs das Spiel am Ende mit 31 Punkten Vorsprung gewonnen haben. Sie haben ein sehr starke Mannschaft in diesem Jahr." Mit seinem neuen Team Darussafaka Istanbul wird er sich nun ein eigenes Bild von der Qualität der Bamberger machen können. Er erwartet ein enges Spiel, "ein Spiel, das erst in den Schlussminuten entschieden wird", wie er glaubt. Die Unterschied zwischen der Bundesliga und der türkischen Liga sei nicht allzu groß, hebt Wanamaker hervor: "In der Türkei gibt es die individuell besseren Spieler, aber in Deutschland wird der bessere Teambasketball gespielt."

Der Spielmacher scheint mit beiden Stilformen bestens klar zu kommen, Wanamaker hat sich auch in Istanbul schnell zu einem der prägenden Figuren entwickelt, er ist ein Spieler mit einer fast unverschämten Lässigkeit, der auch in schwierigen Situationen einfach Lösungen findet. Er spielt am meisten Minuten, er wirft die meisten Körbe und verteilt auch noch die meisten Vorlagen. "Ich kann mich überhaupt nicht beschweren", sagt Wanamaker: "Es läuft schon ganz gut bei uns, obwohl wir eine neue Mannschaft und einen neuen Trainer haben."

Es war vor allem David Blatt, der Chefcoach, der ihn nach Istanbul gelockt hat. Bamberg im Sommer zu verlassen, sei ihm schwer gefallen, sagt er. "Aber hier bei Darussafaka kann ich mein Spiel noch einmal verbessern und auf ein ganz neues Level heben." Blatt soll ihm dabei helfen. Der 57-Jährige ist ein israelisch-amerikanischer Basketballlehrer, einer der renommiertesten überhaupt in den vergangenen Jahren, er gewann in Israel und Italien Meisterschaften und Pokale sowie die Euroleague. Er hat es geschafft, die unterschiedlichen Elemente und Strömungen des amerikanischen und des europäischen Basketballs perfekt miteinander zu vereinen. Nach einem zweijährigen Gastspiel bei den Cleveland Cavaliers kehrte Blatt im Sommer nun nach Europa zurück. "Er hat in der NBA mit den besten Spielern wie LeBron James zusammengearbeitet und gezeigt, dass er Spieler besser machen kann", schwärmt Wanamaker über seinen Trainer. Der Spielmacher hofft, dass er es mit Blatts Hilfe auch im reiferen Aktivenalter noch in die NBA, in die stärkste Basketballliga des Planeten, schaffen kann. "Den Traum von der NBA habe ich noch nicht aufgegeben", betont Wanamaker.

Der Spielmacher hofft, dass er es auch im reiferen Alter noch in die NBA schaffen kann

Dass sich dieser Traum angesichts der aktuellen Gefahrenlage in der Türkei möglicherweise gar zum Albtraum entwickeln könnte, kann und will Brad Wanamaker nicht erkennen. "Das Thema wird den Medien aufgebauscht", glaubt der 27-Jährige. Seine Familie und er fühlten sich absolut sicher in Istanbul, sie würden ohne jede Einschränkungen überall hingehen können. "Wir haben keine Angst vor Terror-Anschlägen und führen ein ganz normales Leben hier." Zwei Jahre sind seine Arbeitspapiere in Istanbul gültig. Spätestens danach hofft er auf einen Umzug und eine Anstellung in den USA. Den Traum von der NBA will er sich auch nicht von US-Präsident Donald Trump vermiesen lassen.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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