Basketball:Gierig wie Dagobert Duck

Lesezeit: 3 min

Die Bayern-Basketballer besiegen im ersten Viertelfinalspiel des Eurocups den russischen Spitzenklub Unics Kasan - weil sie sich nach dem Seitenwechsel steigern.

Von Matthias Schmid

Den Vorsprung, den ein Witzbold von der Technik den Bayern-Spielern kurz vor Spielbeginn bescherte, hatten die Basketballer letztlich gar nicht gebraucht. 6:2 blinkte es weiß auf schwarz von der Anzeigetafel herab, als sich die beiden Mannschaften des FC Bayern und Unics Kasan schon auf dem Spielfeld eingefunden hatten. Rechtzeitig zum Tip-off war der Spielstand dann korrigiert, die Begegnung begann ordnungsgemäß mit 0:0. Am Ende gewannen die Münchner - auch ohne Unterstützung von außen - das erste von maximal drei Viertelfinalspielen des Eurocups mit 83:75 (33:32). Bereits an diesem Freitag steht die zweite Partie der Best of 3-Serie in Kasan an. Großen Anteil daran, dass die Münchner erstmals in der Vereinshistorie in ein Halbfinale eines internationalen Wettbewerbs vorrücken könnten, hatte Devin Booker, der als bester Werfer 16 Punkte sammelte.

"Wundern Sie sich nicht, wenn Barthel bald in der NBA spielt", sagt Bayern-Trainer Djordjevic

Schon in der Anfangsphase entwickelte sich ein intensives, ein packendes Spiel. Kasan, Tabellenführer der osteuropäischen VTB-League, zeigte, warum sie derzeit die beste russische Mannschaft sind, noch vor ZSKA Moskau, seinerseits Erster in der Euroleague. Hinten mit enger und lästiger Verteidigung, vorne mit einem schnörkellosen Teambasketball, den der griechische Cheftrainer Dimitris Priftis lehrt. Da auch die Münchner etwas von hochwertiger Verteidigungskunst verstehen, erlaubten sich die beiden Mannschaften kaum einfache Punkte. Prägender Bayern-Spieler im ersten Viertel war Nationalspieler Danilo Barthel, der zur 9:8-Führung sechs Zähler beitrug, und schon seit einigen Wochen in herausragender Form ist. "Wundern Sie sich nicht, wenn er demnächst in der NBA spielt", hatte Cheftrainer Aleksandar Djordjevic vor ein paar Tagen erzählt. Barthels Mitspieler Jared Cunningham hat ihm da etwas voraus, der Guard lief in der nordamerikanischen Basketballliga schon 84-Mal auf, unter anderem für die Cleveland Cavaliers. Cunningham liebt das spektakuläre Spiel, sodass es nicht verwunderlich war, dass er ein Zuspiel von Spielmacher Stefan Jovic in der Luft fing und mit dem Rücken zum Brett in den Korb stopfte, extrem lässig sah das aus, "reverse dunk" nennen diese besondere Kunstform die Amerikaner.

Kasan ließ sich davon aber wenig beeindrucken, im Gegenteil. Mit pragmatischem Basketball blieben sie dran, erst als die Bayern im zweiten Viertel den kleinen Vorsprung aufgrund ihrer Überlegenheit unter den Körben auf sieben Punkte ausbauten (23:16), rief Priftis seine Eleven zusammen. Die 60-sekündige Auszeit nutzte er für eine kleine Systemänderung. Er positionierte seine Spieler in der Abwehr auf feste Positionen und ließ sie nicht mehr direkt am Mann verteidigen. Mit dem gewünschten Erfolg: Die Zonenverteidigung stellte die Münchner vor einige Rätsel, weil sie an diesem Abend von der Dreierlinie zunächst nicht trafen, für gewöhnlich ein probates Mittel gegen den statischen Abwehrverbund. Kasan, unter anderem mit dem früheren Bamberger Jamar Smith, verwandelte bis zur Pause vier Distanzwürfe und ging mit 29:26 in Führung. Das Spiel verlor in der Phase etwas an Intensität, weil sich die Spieler in der Verteidigung doch sehr verausgabten, Nihad Djedovic sorgte für die 33:32-Pausenführung.

Spielmacher Braydon Hobbs verwandelt im dritten Viertel den ersten Dreipunktwurf

In der Kabine schien Djordjevic die richtigen Schlüsse gezogen zu haben, die Münchner verteidigten nach dem Seitenwechsel ihren eigenen Korb wieder so leidenschaftlich wie Dagobert Duck seinen Geldspeicher. Und vorne spielten sie die Bälle zu den langen Spielern unterm Korb, zu Devin Booker und Barthel, die punkteten und für eine 45:35-Führung (26.) sorgten. Beruhigend war der Vorsprung aber nicht, und das, obwohl Spielmacher Braydon Hobbs im dritten Viertel die ersten beiden Dreipunktwürfe verwandelte. Kasan ließ sich einfach nicht abschütteln, traf zum Teil wilde Dreier, sodass die Münchner vor dem Schlussviertel nur mit 53:52 führten. Rasch vergrößerten sie dann den Vorsprung , aber wieder kamen die Gäste heran. Erst als der lange verletzte Vladimir Lucic per Alley-oop, nach Zuspiel von Stefan Jovic, den Ball zum 71:64 in den Korb stopfte, glaubten auch die letzten Zweifler daran, dass die Münchner dieses Spiel gewinnen würden. So kam es dann auch.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: