Basketball:Geschmolzener Koloss

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30 Kilogramm leichter: John Bryant hat sich in den zwei Jahren beim FC Bayern nicht nur körperlich verändert, sondern auch technisch weiterentwickelt. (Foto: Getty Images)

Center John Bryant bleibt dem FC Bayern zwei weitere Jahre erhalten, zudem steht Deon Thompson vor der Rückkehr: Die Münchner erhöhen damit die Qualität auf den großen Positionen.

Von Ralf Tögel

Als John Bryant zum FC Bayern München kam, war er ein anderer Basketballspieler. Bei der Vorstellung der Mannschaft schritt ein so riesiger wie schüchterner Kerl auf das Podium, der dem Bild dieser muskelbepackten Athleten aus Amerika so gar nicht entsprach. Es war von Vorteil, dass die Präsentation der Spieler Arbeitskleidung vorsah, denn unter dem Trainingsanzug wölbten sich seinerzeit die Spuren eines erholsamen Sommers in der Heimat deutlich hervor. Seitdem sind fast genau zwei Jahre vergangen, und wenn Bryant vor der kommenden Saison zur Mannschaftspräsentation auf einem Podium vorstellig wird, dann ist er der Idealvorstellung des durchtrainierten Basketballprofis ein unübersehbar großes Stück nähergekommen. Das Gewicht des 2,11-Meter-Riesen ist von jenseits der zweieinhalb Zenter um locker 30 Kilo geschmolzen, an seinem Team indes wird sich nichts ändern: Der amerikanische Center hat für weitere zwei Jahre beim Meisterschaftszweiten aus München unterschrieben.

Nach Lage der Dinge wird Bryant einen alten Bekannten treffen. Das hartnäckige Gerücht einer Rückkehr von Deon Thompson dürfte nach SZ-Informationen demnächst Realität werden, womit die Münchner weitere Qualität und Athletik auf den großen Positionen in den Kader bringen. Thompson war bekanntlich ein erheblicher Faktor in der Meistersaison 2013/14, der 26 Jahre alte Power Forward, der auch als Center eingesetzt werden kann, war nach dem Titelgewinn aber dem Lockruf des Geldes nach China zu den Liaoning Flying Leopards gefolgt. Von dort wechselte er im März dieses Jahres zu Hapoel Jerusalem, half dem Klub beim ersten Gewinn der israelischen Meisterschaft und steht nun kurz vor einer Rückkehr nach München. Die FC-Bayern-Verantwortlichen haben nie ein Hehl daraus gemacht, wie gerne sie den Spieler zurückhaben würden.

Erst einmal ist aber mit Bryant eine weitere Schlüsselstelle nach ihren Wünschen besetzt. Denn Bryants Verbleib war keineswegs sicher, der 28 Jahre alte Kalifornier hat sich bei den Münchnern zu einem Center von internationalem Format gewandelt und den Traum von der NBA keineswegs ad acta gelegt. Auch in der abgelaufenen Saison war Bryant ein Fixpunkt im Spiel der Bayern. Schon rein optisch ist die Entwicklung von Bryant augenfällig, der sanfte Koloss musste dafür durch die harte Schule von Trainer Svetislav Pesic. Fit wie nie zuvor prägte Bryant das Spiel seines Teams maßgeblich, erzielte 13,4 Punkte und holte 7,6 Rebounds pro Partie im Schnitt, war im Playoff-Finale mit 15,8 Zählern Topscorer der Bayern. Zuvor bei Ratiopharm Ulm war Bryant eine Art Alleinunterhalter gewesen, mit enormer Präsenz unter dem Korb und einem für einen Center untypisch feinem Händchen aus der Distanz. Pesic brachte dem oft etwas tapsig wirkenden Center in der Meistersaison erst mal die Abwehrarbeit näher, Bryants spielerisches Portfolio ist seitdem um die Variante effektiver Teamplayer reicher.

Marko Pesic äußerte sich zufrieden über seinen jüngsten Coup, damit hat der Bayern-Geschäftsführer nach den kleinen Positionen auch unter dem Brett weitere Planungssicherheit. Mit Bryant und Thompson ist zudem das Meisterduo aus dem Vorjahr wieder vereint, noch allerdings ist die Arbeit des Sportdirektors lange nicht beendet, es gilt weiter an der Gestaltung des Kaders zu feilen. Jan Jagla beendet seine Karriere, offen sind etwa die Vertragsverlängerungen von Spielmacher Heiko Schaffartzik und Center Vladimir Stimac. Beim Kapitän der Nationalmannschaft stehen die Zeichen auf Weiterbeschäftigung, der serbische Center dagegen scheint fraglich zu sein, weil er vom spielerischen Zuschnitt Bryant ähnelt.

Die Konkurrenz schläft nicht, die Brose Baskets Bamberg etwa haben kürzlich mit der Verpflichtung des italienischen Nationalspielers Nicolo Melli vom Euroleague-Klub Mailand ein neues Signal nach München geschickt. Was die großen Möglichkeiten des Meisters unterstreicht: Die Oberfranken haben bekanntlich in Lucca Staiger und Yassin Idbihi auch zwei Bayern-Akteure unter Vertrag genommen.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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