Basketball:Geld, Drohungen, Eitelkeiten

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Viele Hände und nur ein Ball, den man zu fassen bekommen kann: Im europäischen Basketball geht es weiterhin sehr unübersichtlich zu - vier Wettbewerbe buhlen um die Aufmerksamkeit der geneigten Zuschauer. (Foto: Ozan Kose/AFP)

Der Streit um die Ausrichtung der europäischen Basketball-Wettbewerbe zwischen Weltverband Fiba und Euroleague eskaliert.

Von Philipp Schneider und Ralf Tögel, München

Eigentlich sind es ja herrliche Zeiten, die der deutsche Vereins- Basketball derzeit erlebt: Nie zuvor waren sieben Teams international engagiert, nie zuvor haben sich die deutschen Klubs auf europäischer Ebene derart wettbewerbsfähig präsentiert. Angeführt von Meister Bamberg, der trotz einer 57:75-Niederlage beim FC Barcelona am Donnerstagabend noch immer im Feld der kontinentalen Spitzenklubs mitmischt.

Doch nie zuvor gab es auf europäischer Ebene so viel Missstimmung wie in diesen Tagen. Es ist schwierig, den Überblick zu wahren angesichts sich ständig überholender Meldungen. Auslöser der Irritationen, das immerhin steht fest, ist ein Streit zwischen dem internationalen Basketballverband Fiba und der Euroleague. Diese hat bislang die beiden wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbe für die Fiba ausgetragen, was sich der Verband in Form einer Lizenzgebühr vergüten ließ. Alles war gut. Bis die Fiba 2012 ankündigte, einen weltweit einheitlichen Terminplan zu installieren und von 2017 an vier neue Zeitfenster für die Nationalteams festzulegen. Nach dem Vorbild anderer Sportarten wie Fußball oder Handball, sollten die Verbände auch während der Saison internationale Qualifikationen austragen.

Hierin sah die Euroleague einen Bruch der Vereinbarung, weshalb sie den Vertrag aufgekündigt und die Zahlung der Lizenzgebühren eingestellt hat. Der Weltverband hat sein Geld eingeklagt, das Verfahren läuft. Im vergangenen November machte die Fiba schließlich ausgewählten Spitzenklubs das Angebot, an einer neuen Champions League teilzunehmen, auch die Euroleague sollte mitwirken. Die aber lehnte ab, und präsentierte ihrerseits einen Zehnjahresvertrag mit dem amerikanischen Sportrechte-Vermarkter IMG, der ihr dem Vernehmen nach jährlich 36 Millionen Euro bringt.

Seither stehen sich die Parteien wie eigensinnige Kinder gegenüber, die sich im Sandkasten um eine Schaufel streiten. Sie drohen sich schlimme Dinge an, mittlerweile beschäftigt der Streit die Gerichte. Die Euroleague hat vor der EU-Kommission Klage gegen die Fiba eingereicht mit dem Argument, der Weltverband verstoße gegen geltendes Kartell- und Arbeitsrecht, indem er seine marktbeherrschende Position ausnutze. Denn die Fiba hatte zuvor angekündigt, nationale europäische Verbände für Turniere zu sperren, sollten Klubs aus deren Ligen weiterhin im von der Euroleague organisierten zweitklassigen Eurocup spielen - und nicht dem neuen eigenen Fiba-Wettbewerb.

Seit jenem Novemberabend in Genf haben die Parteien kein Wort mehr miteinander gewechselt, der Konflikt nimmt zusehends groteske Formen an: Nachdem sich der italienische Ligaverband zuletzt nicht eindeutig für eine Fortsetzung der Kooperation mit der Euroleague ausgesprochen hatte, wandten sich deren Vertreter direkt an die Klubs. Die Folge war, dass sich drei von ihnen für eine Teilnahme am Eurocup entschieden, weswegen nun der italienische Verband eine Sperre der Fiba fürchten muss für die anstehende Olympia-Qualifikation - eine absurde Vorstellung. Eine Antwort auf die Drohung kam auch aus Litauen, der Spitzenverein BC Lietuvos Rytas unterschrieb Anfang der Woche einen Dreijahresvertrag, der die Teilnahme am Eurocup ermöglicht. Sanktionen gegen den Verband fürchtet man dort offenbar nicht.

Die Basketball-Bundesliga (BBL) hat bislang eine einheitliche Vorgehensweise vereinbart, Mitte April werden sich die Klub-Vertreter wieder beraten - und vielleicht einen Entschluss fassen. Für den Fall, dass sich der Meisterschaftszweite oder -dritte künftig der Champions League der Fiba anschließen sollte, anstatt wie bislang dem Eurocup, droht die Euroleague schon mal mit einem Szenario wie in Italien. "Dann hätten wir kein Agreement mehr mit der BBL", sagt Geschäftsführer Eduard Scott. Die Fiba könnte dann separat mit den deutschen Klubs verhandeln. Es wird Angebote geben, es wird um Befindlichkeiten gehen und um viel Geld - schon jetzt werden Summen für Teilnahmen und Siegprämien kolportiert.

Die beste Position in diesem Gezänk haben indes die Vereine. Sie sind das Objekt der Begierde. Was natürlich besonders für die BBL-Spitzenklubs Bamberg, FC Bayern und Alba Berlin gilt. Die geben sich abwartend, einig sind sich deren Geschäftsführer, dass die Situation dem europäischen Basketball schadet. "Ich wünsche mir, dass beide Seiten den Dialog mal wieder starten", sagt Rolf Beyer aus Bamberg. Marko Pesic, sein Münchner Kollege, befürchtet einen Imageschaden: "Momentan ist es eine unübersichtliche Situation. Aber dass der Konflikt öffentlich ausgetragen wird, ist grundsätzlich nicht gut für den Basketball." Alba-Geschäftsführer Marco Baldi glaubt, dass sich für die deutschen Klubs nichts geändert habe: "Wir müssen uns für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren. Und dann wird man sehen."

"Es ist mehr Geld und mehr Interesse im System."

Doch wie das aussehen wird, ist offener denn je. Gibt es weiterhin drei Wettbewerbe, oder gar vier? Den Königswettbewerb Euroleague stellt die Fiba gar nicht in Frage, sieht aber im Eurocup eine Konkurrenz zur eigenen Champions League. "Die Euroleague ist ein privatwirtschaftlich organisierter Betrieb, der in den letzten 15 Jahren bewiesen hat, dass er einen Wettbewerb professionell ausrichten kann. Den Beweis muss die Fiba erst einmal antreten", sagt Beyer, der daher fordert: "Der deutsche Meister sollte Euroleague spielen."

Dass aber die Münchner die Hallen in Madrid, Athen und Moskau eher füllen als die Bamberger oder Berliner, egal wer Meister ist, bestreiten nicht einmal die Bamberger und Berliner. Und so ist zumindest nicht auszuschließen, dass sich die BBL spalten wird in Klubs, die sich den Wettbewerben der Fiba anschließen und Teams, die in Euroleague und Eurocup antreten. Die deutschen Spitzenvereine sagen unisono, dass sie im attraktivsten Wettbewerb spielen wollen - und dass die nationale Meisterschaft nach wie vor die zentrale Rolle spiele.

Im Kern, so glaubt Berlins Geschäftsführer Baldi, gehe es um einen Kompetenzstreit: "Wer sagt zukünftig, wo es im internationalen Wettbewerb lang geht, der Verband, oder die Vereine?" Also Fiba - oder Euroleague, die sich auch als Interessensvertreter der Vereine versteht. Baldi findet die Situation grundsätzlich gar nicht mal schlecht: "Es ist mehr Geld und mehr Interesse im System." Er sieht aber auch eine große Gefahr: "Man muss bei der Streiterei aufpassen, dass sich die Basketballfans nicht genervt abwenden."

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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