Basketball:Gegen die Geister

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Außer Reichweite: Belgrads Spielmacher Stefan Jovic (links) verwehrt FC-Bayern-Kapitän Bryce Taylor den Zugriff auf den Ball. (Foto: Koca Sulejmanovic/dpa)

Die Basketballer des FC Bayern vergeben zu viele Chancen und scheiden in der Euroleague aus. Das erste Saisonziel ist damit verpasst.

Von Ralf Tögel, München

Svetislav Pesic war für seine Verhältnisse ruhig geblieben. Ein kleiner - nicht ganz unberechtigter - Seitenhieb auf die Schiedsrichter, dann gratulierte der serbische Basketball-Trainer des FC Bayern München dem Gegner zur gezeigten Leistung. Der 66-Jährige wusste nur zu gut, dass er die Schuld am Vorrunde-Aus seiner Mannschaft in der Euroleague zuvorderst in den eigenen Reihen zu suchen hatte. Die Münchner hatten auch die letzte von mehreren Chancen verspielt, trotz der schweren Gruppe A in die Runde der besten 16 Teams des Kontinents einzuziehen.

Die Münchner hatten es am Freitagabend selbst in der Hand gehabt, Roter Stern Belgrad in einem echten Endspiel ums Weiterkommen aus dem Wettbewerb zu kegeln. Nach einem schwachen ersten Viertel und einem 20:31-Rückstand hatten die Bayern in der hitzigen Atmosphäre der Pionir-Halle vor 7000 fanatischen Fans die Ruhe bewahrt, kühl ihren Plan durchgezogen und die Kulisse wie Gegner merklich beruhigt. 20:13 und 25:12 gewannen die Gäste die Durchgänge zwei und drei, führten im letzten Viertel gar mit elf Punkten. Belgrad schien zu diesem Zeitpunkt erledigt zu sein, der FC Bayern dank einer grandiosen Energieleistung dieser so heimstarken Truppe den Zahn gezogen zu haben.

Um sie dann höchstselbst mit fürchterlichen Fehlern wieder ins Spiel zu bringen. Drei, vier Ballverluste, Pech bei einigen Würfen und zwei, drei wilde, aber erfolgreiche Dreier auf Seiten Belgrads genügten - weg war die Führung. Es war die typische Handlung eines Basketballspiels, auffallend ist nur, dass die Münchner in dieser Euroleague-Saison meist den Part spielten, dem ein Spiel in der Schlussphase aus den Händen gleitet. Durchaus mögliche Siege beim Gruppenersten Istanbul oder vor allem bei Titelverteidiger Real Madrid hätten dieses endgültige Kräftemessen in Belgrad verhindert, zumal es leichtere Orte für einen Sieg gibt, als den serbischen Hexenkessel.

Man kann den Bayern trotz des Scheiterns durchaus die Qualität zugestehen, um in der erweiterten europäischen Spitze mitzuhalten, allein die Konstanz dafür haben sie nicht beweisen können. Das liegt vor allem daran, dass der Kader auf Kante genäht ist. Wenn die wichtigen Spieler fit und in ordentlicher Verfassung sind, dann haben die Münchner das Zeug dazu, auch Klubs wie die fürstlich alimentierten Russen von Khimki zweimal in die Schranken zu weisen. Aber wenn Schlüsselspieler ausfallen oder unter Form spielen, kann die Mannschaft das nicht kompensieren. Center John Bryant, der in der Vorsaison noch famose Leistungen in Serie bot, tapste in Belgrad erneut schwerfällig hinter der Musik her. Nihad Djedovic wirkt überspielt, dabei hatte sich der Deutsch-Bosnier den Ruf eines so wichtigen wie zuverlässigen Punktelieferanten verdient. Anton Gavel sucht in der Offensive nach seiner Treffsicherheit, Alex Renfroe ist kein Spielgestalter vom Kaliber seiner Vorgänger Tyrese Rice oder Malcolm Delaney, die Spiele in entscheidenden Phasen an sich rissen. Zudem müssen sich die Münchner schon fast traditionell mit Verletzungen herumplagen: Maxi Kleber, als umworbene Verheißung gekommen, hat noch keine Sekunde gespielt; Vasilije Micic wird immer wieder von Verletzungen gebremst, er ist bislang über den Status eines großen, NBA-gedrafteten Versprechens nicht hinausgekommen. Kapitän Bryce Taylor, der auch in Belgrad so famos aufspielende Dusko Savanovic, Gavel, Renfroe oder auch der immer besser werdende Deon Thompson: alles Akteure, die sich bereits mit Blessuren herumschlagen mussten. Nicht zuletzt deshalb scheint das Team zu stagnieren, nur Paul Zipser hat einen deutlichen Leistungssprung nach vorne gemacht.

Die Bayern halten an dem selbst auferlegten Mantra fest, keine Quersubventionierung durch die Fußballer zu beantragen. Sie können also nicht wie Real Madrid reagieren, das sich kurzerhand Hilfe aus der NBA beschaffte. Oder wie der deutsche Meister Bamberg, dessen Trainer Andrea Trinchieri fast alle Wünsche vom potenten Mäzen erfüllt bekommt. Das erste Saisonziel haben die Bayern verpasst, man sollte sie indes nicht voreilig abschreiben. Verletzungen heilen, Tiefs vergehen, zudem bleiben in der Pokal-Endrunde, für die sie als Gastgeber gesetzt sind, und in der Meisterschaft zwei Chancen für Titel. Ein Schritt gelang schon am Sonntagabend mit einem hart erkämpften 95:92-Sieg in der Bundesliga gegen den Zweiten Ludwigsburg, die Liga rückt dadurch noch enger zusammen. Gerade die BBL, in der erstmals sieben Teams international spielen, präsentiert sich stark wie nie. Reizvoll für die Fans, kraftraubend für die Teams. Es sind die Geister, die der FCB gewissermaßen selbst rief, denn erst das Mitwirken des Weltklubs hat die Konkurrenz angestachelt.

International geht es für die Münchner Basketballer nun im zweitklassigen Eurocup weiter, am 6. Januar mit der Partie beim türkischen Vertreter Bandirma. Weitere Gegner sind der spanische Klub Bilbao sowie der BBL-Rivale Ulm - einer dieser gerufenen Geister.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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