Basketball:Gegen alle Widerstände

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Mit 22 Punkten Bambergs bester Werfer im Spiel gegen Würzburg: Der Amerikaner Augustine Rubit. (Foto: imago/Zink)

Bamberg gewinnt das Franken-Derby gegen Würzburg, obwohl der amtierende Meister zeitweise mit zehn Punkten hinten liegt.

Von Matthias Schmid

Dirk Bauermann nahm seine Lesebrille wieder ab, er hatte die Spielstatistik kurz vor Beginn der Pressekonferenz aufmerksam studiert. Der Basketballlehrer des Erstligisten s.Oliver Würzburg mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung hat gelernt, seinen Kritik auf subtile Art und Weise vorzutragen. Der 60-Jährige weiß, dass er zur Kasse gebeten wird, wenn er die Schiedsrichter öffentlich kritisiert. Also formulierte er seinen Ärger am Samstag nach der 67:70-Niederlage beim deutschen Meister Brose Bamberg so, dass er sich nicht angreifbar macht, aber seine Botschaft bei der Basketball-Bundesliga (BBL) gehört wird. "Ich habe schon viel erlebt", erklärte Bauermann mit Blick auf die Freiwurfstatistik, "aber manchmal muss man sich schon sehr wundern, was in unseren Hallen passiert, obwohl sich unser Sport und die Infrastruktur in den letzten Jahren unglaublich weiterentwickelt haben." Was ihn so irritierte: 37 Mal durften die Bamberger an die Freiwurflinie, Würzburg nur 15 Mal. Bauermann sah seine Mannschaft klar benachteiligt, sagte das aber nicht.

Die Leistung der Schiedsrichter sollte auch keine Ausrede sein, weil er wusste, dass sein Team trotzdem hätte gewinnen können. "Wir hatten drei offensive Aktionen am Ende", bedauerte Bauermann und zählte sie auf, "zwei Korbleger und ein offener Dreier". Das ernüchternde Resultat: null Punkte. Vor allem Robin Benzing ärgerte sich beim Stand von 67:68 über seinen vergebenen Distanzwurf neun Sekunden vor Schluss. "Den muss ich machen", fand der aktuell erfolgreichste Werfer der BBL mit 18,8 Punkten im Schnitt. Am Ende reichten seine 18 Zähler nur zu der Erkenntnis, dass das Spiel "keinen Verlierer verdient hat", wie Bauermann hervorhob.

Unentschieden sind im Basketball aber nicht vorgesehen, so dass die Bamberger am Ende siegten und den siebten Tabellenplatz (28:20 Punkte) festigten, der zur Playoff-Teilnahme berechtigt. Würzburg liegt mit zwei Punkten zurück auf Platz zehn, die Tabelle führt der FC Bayern nach seinem 20. Sieg in Serie souverän an (48:2).

Das Duell der Ober- gegen die Unterfranken war schon ein Vorgeschmack auf die anstehende Meisterrunde, die die Bamberger nach der bisher so missratenen Saison unbedingt erreichen wollen. Luca Banchi, Bambergs neuer Cheftrainer, nannte die Begegnung im Hinblick auf die Playoffs ein "perfektes Bild". Er könne nun besser abschätzen, erklärte der Italiener, wie seine Spieler unter Druck reagieren. Den ersten Stresstest haben sie immerhin bestanden, weitere werden folgen. Nach dem dritten Pflichtspielsieg mit Banchi hat sich die Situation in Bamberg entspannt, aber ernst ist sie nach wie vor. Es war ein Sieg des Willens, der offenbarte, dass Banchi die Spieler so motivieren kann, dass sie alles aus sich herausholen und sich auch von Widerständen nicht irritieren lassen. Gegen Würzburg lagen die Bamberger fast die ganze Spielzeit zurück, phasenweise mit zehn Punkten (24:34), erst in der Schlussphase waren sie wieder im Spiel. "Am Ende kommt es darauf an, dass die Spieler einfach spielen, ruhig bleiben und sich gegenseitig helfen", sagte Banchi. In der kurzen Zeit bis zum Saisonende muss er mehr Psychologe als Basketballlehrer sein. Er muss dafür sorgen, dass sich seine Schlüsselspieler wohlfühlen, ernst genommen werden und Freude am Spiel haben.

Gegen aufmüpfige Würzburger war Augustine Rubit, 28, die entscheidende Figur, seine Mitspieler passten die Bälle zu ihm unterm Korb, weil sie wussten, dass er das Richtige mit ihnen anstellen würde. 22 Punkte sammelte der US-Amerikaner am Ende, 17 Freiwürfe waren dabei. Rubit profitiert im besonderen Maße vom Trainerwechsel, der feinfüllige Center konnte mit der ruppigen Art von Andrea Trinchieri nichts anfangen, er fürchtete sich sogar vor ihm, wie Bamberger Verantwortliche berichten. Rubit selbst wollte sich nicht dazu äußern. "Unsere harte Arbeit und die richtigen Worte des neuen Trainers zahlen sich jetzt aus", sagte Rubit diplomatisch.

Dirk Bauermann konnte sich nachher zumindest damit trösten, dass seine Mannschaft "eine großartige Leistung zeigte", wie er formulierte. Er freue sich, dass sein Team im Vergleich zum Vorjahr "auf einem neuen Niveau angekommen ist". Würzburg spielt attraktiven und variablen Teambasketball. Diese Entwicklung soll in die Playoffs führen.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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