Basketball:Erfolg des Selbstlosen

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"Er denkt immer an seine Mitspieler": Malcolm Delaney (in rot) hat sich in Krasnodar zu einem der besten Basketball-Akteure Europas entwickelt. (Foto: Maxim Romanov/dpa)

Malcolm Delaney, einst Spielmacher beim FC Bayern, ist mit seinem neuen Klub aus Krasnodar überraschend ins Euroleague-Finalturnier vorgerückt.

Von Joachim Mölter, Berlin/München

Je nachdem, auf welchem Standpunkt man steht, ist es entweder schon wieder oder gerade erst zwei Jahre her, dass der Amerikaner Malcolm Delaney in der Berliner Arena am Ostbahnhof stand und allerlei Trophäen in die Hände gedrückt bekam: Die für den wertvollsten Spieler der Saison in der Basketball-Bundesliga (BBL) war ihm schon vorher überreicht worden, an diesem Juniabend des Jahres 2014 nahm er nun auch die für den besten Spieler der Finalserie um die deutsche Meisterschaft in Empfang. Und weil der FC Bayern München, für den er damals spielte, den Titel mit 3:1 Siegen über Alba Berlin gewonnen hatte, hielt er die Meister-Trophäe ebenfalls hoch.

Nun kommt der 27-Jährige in die Berliner Halle zurück, um noch höhere Weihen zu erlangen: Mit Lokomotiv Kuban Krasnodar spielt er im Final Four der Euroleague, dem Pendant zur Champions League im Fußball. An diesem Freitag trifft er mit seinem Team in einem russischen Halbfinale auf den zweimaligen Champion ZSKA Moskau (18 Uhr); drei Stunden später ermitteln dann Fenerbahce Istanbul und der spanische Klub Laboral Kutxa Vitoria den zweiten Teilnehmer des Finales, das am Sonntag (20 Uhr) ausgetragen wird.

Dass der Eisenbahner-Klub aus der südrussischen Stadt Krasnodar die Endrunde erreicht hat, hat er im Wesentlichen seinem 1,91 Meter großen Spielmacher Delaney zu verdanken. Der hat sich zu einem der besten und effektivsten Akteure in Europa entwickelt. "Er denkt immer an seine Mitspieler", sagt sein Trainer Georgios Bartzokas, "er geht nie mit einem eigensinnigen, selbstsüchtigen Ansatz in die Spiele." Übertroffen wurde Delaney in dieser Saison allenfalls vom Franzosen Nando de Colo, der nach einigen Jahren in der nordamerikanischen Profiliga NBA nun bei ZSKA Moskau angestellt ist. Das direkte Aufeinandertreffen der beiden Guards ist sicher das interessanteste individuelle Duell dieses Wochenendes. Was die Klubs angeht, sind die Rollen klarer verteilt: ZSKA Moskau ist Favorit.

Seit Einführung der Euroleague im Jahr 2000 hat kein anderer Klub häufiger das Final Four erreicht (zwölfmal) und nur einer einmal öfter das Finale: der dreimalige Gewinner Maccabi Tel Aviv (sechsmal). Für Krasnodar ist es die erste Endrunden-Teilnahme. "Wir werden versuchen, unseren Mangel an Erfahrung auszugleichen mit dem Enthusiasmus, dass wir überhaupt dabei sind", sagt Trainer Bartzokas. So wie die Euroleague konzipiert ist, ist ja schon das ein bemerkenswerter Erfolg.

Die privat organisierte Liga reserviert jedes Jahr elf Plätze für ihre maßgeblichen Anteilseigner, die sogenannten A-Lizenz-Klubs. Die übrigen Teilnehmer qualifizieren sich über ihre nationalen Ligen und erhalten eine B-Lizenz oder werden mittels einer Wildcard eingeladen, der C-Lizenz. Für die A-Lizenzler ergibt sich dadurch ein Wettbewerbsvorteil: Dank ihrer festen Startplätze können sie frühzeitig die besten Spieler locken und verpflichten, die naturgemäß auf dem höchsten Niveau mitmachen möchten. Dieser Vorteil schlägt sich Jahr für Jahr im Final Four nieder: Vor Krasnodar hatte es nur einmal ein Team aus dem Kreis der jährlich wechselnden B- und C-Lizenz-Klubs unter die letzten Vier geschafft - Partizan Belgrad im Jahr 2010.

Krasnodar könnte die Euroleague nun in die Bredouille bringen, sollte es das Turnier auch noch gewinnen. Denn die Euroleague soll zur kommenden Saison reformiert und auf 16 Klubs reduziert werden - die elf A-Lizenzler, Vertreter aus Frankreich, Deutschland, den länderübergreifenden Ligen VTB (Nordosteuropa) und ABA (Balkan) sowie dem Sieger des zweitrangigen Eurocups; aktuell ist das Galatasaray Istanbul. Für einen Titelverteidiger ist in dem Konzept kein Platz vorgesehen.

Malcolm Delaney muss sich deswegen aber keine Sorgen machen. So wie er in dieser Saison gespielt hat, wird er lukrative Angebote von europäischen Spitzenklubs bekommen und weiter auf höchstem Niveau agieren. Selbst wenn er am Sonntag in Berlin keine Trophäe in Händen halten sollte.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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