Basketball:Böse Blicke, unschöne Worte

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Durchsetzungsfähig: Dennis Schröder (links) lässt sich von Bojan Bogdanovic nicht aufhalten. (Foto: Jason Getz/Reuters)

Dennis Schröder führt seine Atlanta Hawks zum ersten Playoff-Erfolg in der nordamerikanischen Profiliga NBA über Washington. Nebenbei setzt Schröder sein Privatduell mit Spielmacher John Wall fort.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles/Atlanta

Da war sie also, die grandiose Leistung, auf die sie bei den Atlanta Hawks so lange gewartet haben. Spielmacher Dennis Schröder, den sie vor dieser Saison der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA zum Anführer ausgerufen haben, hat die Hawks am Samstag mit 27 Punkten und neun Vorlagen zu einem 116:98-Sieg über die Washington Wizards geführt, womit sie in der Best-of-seven-Serie auf 1:2 verkürzten. Zudem hat Schröder bewiesen, dass er seine Hände und Füße ebenso elegant bewegen kann wie seinen Unterkiefer.

Schröder liefert sich in der ersten Playoff-Runde ja eine Art Privatduell mit Washingtons Spielmacher John Wall, das nicht immer nur auf dem Parkett stattfindet. Vor zwei Jahren hatte Schröder nach einem Sieg über die Wizards ein Foto veröffentlicht, auf dem er den traurig dreinblickenden Wall scheinbar auslacht. "Das habe ich damals gesehen und bis heute nicht vergessen", sagte Wall in der vergangenen Woche. Beim Duell am Mittwoch sprang er über Schröder hinweg, stopfte den Ball von oben in den Korb und bestrafte ihn danach mit einem bitterbösen Blick: "Ich habe ihm gesagt, dass er gefälligst auf dem Boden bleiben soll, wenn ich abhebe. Es war auch ein schönes Schimpfwort dabei."

Solche Aussagen freilich schüchtern einen Typen wie Schröder nicht ein, sie spornen ihn eher an. Der junge Mann ist in den Skaterparks von Braunschweig aufgewachsen, da gehören Wortduelle und gepflegte Beleidigungen dazu wie Kickflip und Lipslide. "Ich muss gegen einen der besten Spielmacher der Liga verteidigen, der das komplette Spiel über unglaubliche Dinge anstellt und mich dann zutextet", sagt Schröder: "Ich weiß, dass unser Trainer es nicht mag, wenn ich darauf reagiere. Er will, dass ich weniger rede und mehr spiele - aber das ist nicht so einfach für mich."

Atlantas Trainer Mike Budenholzer hat Schröder in dieser Spielzeit immer wieder wegen lascher Spielweise sowie kleinerer Disziplinlosigkeiten kritisiert und auch bestraft. Schröder war etwa nach der All-Star-Spiel-Pause verspätet aus Deutschland zurückgekehrt und deshalb für eine Partie suspendiert worden. Im März hatte er sich während des Spiels mit seinem Mitspieler Dwight Howard gezankt und so einen leichten Korb des Gegners ermöglicht - Budenholzer setzte ihn für den Rest der Partie auf die Ersatzbank. Es gab einige Experten, die hielten es für keine schlaue Idee der Hawks, den Vertrag mit Schröder vorzeitig um vier Jahre zu verlängern und das Gehalt auf durchschnittlich 17,5 Millionen Dollar pro Saison anzuheben.

Wer so viel verdient, der soll nicht nur ordentlich spielen, sondern auch anführen - genau darauf haben sie in Atlanta lange gewartet, vor allem in der Playoff-Runde. Am Samstag orchestrierte Schröder die Offensive der Hawks, vor allem aber verteidigte er gegen Wall so konzentriert, dass der die Partie nicht wie sonst üblich entscheidend prägen konnte. "Ich gebe in jedem Spiel mein Bestes, diesen Typen zu verteidigen", sagte Schröder danach: "Wir haben ihn heute im Griff gehabt, das ist das Verdienst aller Spieler." So spricht kein Müllredner, so spricht ein Anführer.

Es wird noch mindestens zwei Spiele geben in dieser intensiv geführten Serie, die nächste Partie findet bereits am Montag statt. Die Fehde zwischen Schröder und Wall ist übrigens nicht die einzige; Wizards-Flügelspieler Markieff Morris nannte seinen Gegenspieler Paul Millsap am Samstag "eine Heulsuse". Als Schröder auf der Pressekonferenz darauf angesprochen wurde, lachte er nur, stand auf und verließ den Raum. Er hat gelernt, dass es manchmal besser ist, weniger zu reden und mehr zu spielen.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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