Basketball:Altes Kribbeln, tiefes Team und viel Warterei

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Drei bayerische Basketball-Teams starten in die Playoffs. Während Bamberg Erinnerungen an früher ausblendet und Bayreuth endlich wieder dabei ist, staunt der FC Bayern über sich selbst.

Von Joachim Mölter und Matthias Schmid

An diesem Freitag beginnen die Playoffs in der Basketball-Bundesliga. Mit dabei sind in Brose Bamberg, dem FC Bayern München und Medi Bayreuth drei bayerische Teams, die in der Hauptrunde hinter Ratiopharm Ulm die Plätze zwei, drei und vier belegten. Und die mit erstaunlichen Zahlen aufwarten können - ein Überblick.

25 Begegnungen

An das letzte Playoff-Duell gegen Bonn vor fünf Jahren erinnert sich in Bamberg keiner gerne. Die Oberfranken starteten als Erster in die K.o.-Runde - und verloren das erste Heimspiel prompt 74:75. Ein ähnliches Resultat ist am Samstag (15 Uhr) kaum zu erwarten. Die beiden Mannschaften haben sich sportlich voneinander entfernt. Während Brose Bamberg seit 2005 acht Meisterschaften errang, haben es die Bonner vor acht Jahren zuletzt in die Finalserie geschafft. In der Meisterrunde sind die Bamberger jedoch keinem Kontrahenten häufiger begegnet als Bonn - 25 Mal bisher. "In dem Spiel steckt schon noch Pfeffer drin", sagt Bambergs Geschäftsführer Rolf Bayer, "aber es gibt längst kribbelndere Duelle." Vor allem das gegen den FC Bayern. Bereits im Halbfinale könnten sich die großen bayerischen Klubs begegnen, die ein Ziel eint: der Gewinn der Meisterschaft. "Darauf freuen wir uns", sagt Beyer, vergisst aber nicht zu erwähnen, "dass wir Bonn nicht unterschätzen dürfen".

Es wäre aber sehr überraschend, wenn der Titelverteidiger in Runde eins an Bonn mit dem früheren Bamberger Ryan Thompson scheitern würde. Von den Strapazen der Euroleague-Saison hat sich die Mannschaft von Trainer Andrea Trinchieri erholt. Zehn Tage hatten die Spieler vor dem letzten Doppelspieltag Zeit, sich für die Playoffs zu präparieren. "Die Pause war dringend notwendig", sagt Beyer, "der Biss ist bei allen wieder zurück." Trinchieri versammelte seine Profis sieben Tage lang in der Trainingshalle in Strullendorf zu einem kurzen Camp. Er feilte an Kondition und taktischen Finessen. "Sie haben einige Dinge einstudiert, auf die ich selbst gespannt bin", sagt Beyer. Spielmacher Niko Zisis spielt dabei eine große Rolle, der 33-Jährige plagt sich allerdings mit einer Bänderdehnung herum. Ob er im ersten Spiel gegen Bonn mitwirken kann, ist ungewiss. Doch auch ohne den Europameister von 2005 sollte Bamberg sein Heimspiel gewinnen. In der vergangenen Saison verloren die Franken keine Playoff-Partie, sie demütigten ihre Gegner mit 23,4 Punkten Differenz im Schnitt. So leicht wird es diesmal sicher nicht. Vor fünf Jahren übrigens setzte sich Bamberg nach der Auftaktniederlage gegen Bonn noch 3:1 durch.

22,4 Vorlagen

Basketball hat viel mit Statistiken zu tun, da werden Wurf- und Trefferquoten ermittelt, von nah und von fern; es werden defensive und offensive Rebounds aufgedröselt, Ballverluste mit Ballgewinnen verrechnet und alle Zahlenkolonnen dann zu einem Effektivitätswert gefiltert. Aleksandar Djordjevic kennt das natürlich alles, der 49-Jährige ist lange genug im Geschäft, aber er mag es nicht unbedingt. "Das ist nicht das Wichtigste", findet der Coach des FC Bayern München. Denn Statistiken können ja auch trügen. Die Münchner liegen zum Beispiel in den meisten Teamwertungen vorne, aber nicht in der Tabelle, die letztlich zählt. Dort sind sie Dritter geworden - und das obwohl sie sogar ein Spiel weniger verloren haben als in der Hauptrunde ihres Meisterjahres 2013/14. Im Grunde gibt es nur "eine Kategorie, die ich mag", gibt Djordjevic zu - die Assists, die Vorlagen und Pässe, die direkt zu einem Korberfolg führen. In dieser Hinsicht sind die Münchner die klare Nummer eins der Liga, im Schnitt kommen sie auf 22,4 Assists pro Partie, 2,4 Vorlagen mehr als das zweitbeste Team. Das ist Alba Berlin, der Gegner zum Playoff-Auftakt am Samstag (20.30 Uhr). Die hohe Zahl der Vorlagen bedeute, "dass wir zusammen spielen", erklärt Djordjevic, "dass wir gern den Ball abgeben, dass jeder bereit ist, mit jedem zu spielen". Kurzum: dass ein guter Teamgeist herrscht. Das ist etwas, das man nicht in Zahlen fassen kann. "Intangibles", nennt Geschäftsführer Marko Pesic diese Dinge, die "statistisch nicht erfassbar sind". Aber wenn er sich die Statistiken seiner Mannschaft so anschaut, leitet er durchaus den Teamgeist daraus ab. "Es gibt keinen, der zehn Punkte im Schnitt macht", hat er festgestellt, "aber acht Spieler, die im Neuner-Bereich liegen. So etwas habe ich noch nie gesehen, das ist Wahnsinn." Es zeichnet die Münchner ja generell aus in dieser Saison, "dass wir ein tiefes Team haben, sehr ausgeglichen sind", wie Flügelspieler Maxi Kleber es formuliert. Und weil keiner so wirklich herausragt aus dem Ensemble, ist der FC Bayern für jeden Gegner unberechenbar. Da helfen alle Statistiken nichts.

21 Jahre

Augenzeugen berichten von einer 300 Meter langen Schlange - so viele Menschen standen in dieser Woche in Bayreuth vor einem Sportgeschäft an, um an eine Karte für das nächste Spiel in der Oberfrankenhalle zu kommen. Die gleichen Augenzeugen bestätigen auch, dass sie sich nicht an einen ähnlichen Andrang vor einem Basketballspiel erinnern können. Die erste von maximal fünf Viertelfinalpartien an diesem Freitag (18.30 Uhr) gegen EWE Oldenburg ist ein historisches Ereignis, das sich die Fans von Medi Bayreuth nicht entgehen lassen wollen. 21 Jahre mussten sie in der Stadt warten, bis sie wieder ein Playoff-Spiel in eigener Halle miterleben dürfen. Philipp Galewski, der Geschäftsführer des Klubs, war neun Jahre alt, als Bayreuth zuletzt in der K.o.-Runde vertreten war. "Es kommen extrem viele Leute auf mich zu, die mich auf die alten Zeiten ansprechen", sagt der 30-Jährige. Viel lieber noch als mit der erfolgreichen Vergangenheit - Bayreuth gewann 1989 Pokal und Meisterschaft - beschäftigt sich Galewski allerdings mit der Gegenwart. In der will er den Verein so aufstellen, dass die Playoffs für keine Ausnahme bleiben. "Es dürfte für uns trotzdem schwer werden, in der nächsten Saison wieder so zu performen", sagt Galewski: "Wir spielen eine perfekte Saison." Cheftrainer Raoul Korner hat es geschafft, mit jungen Spielern und einem überfallartigen Basketball ein Team zu formen, das die Hauptrunde überraschend als Vierter beendet hat. Vor allem der Sieg am vorletzten Spieltag gegen den FC Bayern hat Euphorie entfacht. "Da hat auch der Letzte begriffen, dass für uns vieles möglich ist", sagt Galewski. Sogar die Meisterschaft, wie Spielmacher Trey Lewis glaubt. Dass neben dem Amerikaner womöglich auch der Trainer den Klub bald verlassen könnte, daran denkt Galewski nicht: "Er kann sich und den Standort noch wunderbar weiterentwickeln." Erst einmal zählt jedoch die Gegenwart. Die Serie gegen Oldenburg mit dessen Veteran Rickey Paulding verspricht, lange zu werden. "Wir hätten lieber gegen jemand anderen gespielt", sagt Galewski. Den Fans ist nach 21 Jahren dagegen jeder Gegner recht.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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