Basketball:Allein gegen fünf

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17 Punkte in der Verlängerung: Golden States Regisseur Curry. (Foto: Steve Dipaola/dpa)

Golden States Spielmacher Stephen Curry gelingt in den Playoffs der NBA eine historische Leistung.

Von Jonas Beckenkamp

Drei gegen drei, eins gegen eins - Basketball wird auf den Freiplätzen dieser Welt gerne einmal in abgewandelter Form gespielt. Es muss nicht immer Fünf-gegen-Fünf sein, wie es das Regelbuch vorschreibt. Dass sich jemand zumutet, es allein mit fünf langen Kerlen aufzunehmen, kommt aber eher selten vor. Es sei denn, man heißt Stephen Curry.

Im vierten Spiel der Playoff-Serie zwischen den Golden State Warriors und den Portland Trail Blazers ist dieser Moment nun gekommen, als Currys Warriors beim Stand von 111:111 in die Verlängerung mussten. Fünf Minuten Extra-Basketball also, und genug Zeit für Curry, den derzeit besten Basketballer der Welt, um eigenverantwortlich 17 Punkte zu erwirtschaften. Eine solch erstaunliche Ausbeute gab es noch nie während einer Zugabe eines Ausscheidungsspiels in der NBA.

Curry spielte in dieser fünf Minuten währenden Sequenz wieder einmal so gut, dass sie sich in Amerika fragen: Is this real? Kann es das geben, dass einer so dominiert? Die derzeit mehrheitsfähige Antwort lautet: ja. Auch wenn Portlands Teambesitzer und Microsoft-Mitbegründer Paul Allen nach der 125:132-Niederlage seiner Mannschaft fassungslos aufs Spielfeld starrte, sekundenlang.

Die Warriors, die während der Hauptrunde mit 73 Siegen die Rekordmarke von Michael Jordans mythenbeladenen Chicago Bulls (72) gelöscht hatten, führen nun in der Serie 3:1. Die beste Nachricht lautet freilich: Curry ist nach seiner zweiwöchigen Pause zurück. Der 28-Jährige traf Dreipunktewürfe, die er ungefähr vom Parkplatz der Arena absetzte, und war auch sonst nicht zu stoppen. Sein Trainer Steve Kerr, der einst an der Seite von Jordan bei den Bulls so manche Heldentat miterleben durfte, sagte: "Ich habe mich nur noch zu meinem Assistenten umgedreht und gesagt: 'Glaubst du das, was hier abgeht'?"

Die Vergleiche mit dem Basketball-Säulenheiligen Jordan machen in der NBA seit einiger Zeit die Runde. Curry ist jedoch anders als "His Airness". Curry tanzt, wo Jordan flog. Curry grinst und schäkert, wo Jordan seine Gegner mit Trash Talk, dem branchenüblichen Verbalpressing, zermürbte. Curry ist ein Freigeist, Jordan war ein Besessener. "Stephs Spiel unterscheidet sich von Jordans", erklärte Kerr, "aber sie ähneln sich darin, unmögliche Würfe zu treffen. Diese Dinger, bei denen dem Publikum die Kinnlade runterfällt." So wie Mr. Allen.

Dabei kamen Currys 40 Punkte diesmal überraschend zustande. Nach einer Innenbandverletzung im rechten Knie blieb er zu Beginn erst einmal auf der Bank. Die Warriors wollten ihn dosiert einsetzen, sie brauchen ihn noch für die fest eingeplanten Finalspiele. Dann spielte Curry trotzdem 37 Minuten. Er verfehlte seine ersten zehn Dreier, aber schließlich traf er, und wie. Zusätzlich gelangen ihm neun Rebounds und acht Vorlagen.

"Es fühlt sich einfach noch intensiver an, weil es die Playoffs sind und alles eine Stufe bedeutsamer ist", sagte Curry später. Es ist diese Eigenschaft, mit der er dann doch wieder an Jordan erinnert, mit dieser Lust auf den großen Wurf im großen Moment. "Als es drauf ankam", sagte Curry, "da machte es eben Klick bei mir."

Bei Stephen Curry, Sohn des früheren NBA-Profis Dell Curry, klickt es schon seit einer Weile. Die Videos seiner Höhepunkte, vor allem die Dreier aus großer Entfernung, werden auf den gängigen Internet-Plattformen ausgestellt und bewundert. Manche behaupten gar, er revolutioniere mit seinem Ballgefühl die Sportart. In der vergangenen Saison wählten ihn die Experten zum MVP, dem wertvollsten Spieler der Liga. Auch in der aktuellen Saison darf sich Curry über diese Auszeichnung freuen, wie die Liga am Dienstag bekanntgab: Er ist erneut zum Klassenbesten der NBA gewählt worden.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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