Basketball:Abschied per SMS

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Die Verantwortlichen des Basketball-Bundesligisten Bayreuth grübeln über Jason Brickmans Beweggründe, den Klub so überhastet zu verlassen. Die Mannschaft tritt ohne den Spielmacher gegen Trier an - und gewinnt 96:82.

Von Christoph Leischwitz

Jeder in der Oberfrankenhalle konnte Jason Brickman in Aktion sehen, allerdings nicht mehr auf dem Parkett. Der US-Amerikaner zierte nämlich die Titelseite der Hallenzeitung, die sie beim Basketball-Bundesligisten medi Bayreuth selbstverständlich über Ostern nicht mal eben neu drucken konnten. So ist die aktuelle Ausgabe ein Indiz dafür, wie überrascht alle im Verein vom plötzlichen Weggang Brickmans waren.

Am Freitagmorgen hatte der 23-jährige Spielmacher eine SMS an seinen Trainer Michael Koch geschrieben, und der war vom Inhalt sehr überrascht. Sinngemäß hieß es darin, Brickman halte dem Druck nicht mehr stand, er bat daher um eine sofortige Vertragsauflösung. "Weder die Mannschaft noch die Trainer können die Beweggründe für diesen drastischen Schritt zu diesem Zeitpunkt nachvollziehen", meinte Bayreuths Geschäftsführer Philipp Galewski. Mannschaft wie Vereinsführung waren sich schnell einig, dass es aber auch keinen Sinn machen würde, Brickman zum Bleiben zu überreden - er hatte ja offensichtlich keine Lust mehr, mit ihnen zu spielen.

So zog Brickman gerade einmal zehn Wochen die Fäden im Bayreuther Spiel gezogen, oder besser: er hatte es versucht. In seinem ersten Spiel Ende Januar war noch alles gut gegangen, die Fans hatten ihn schon gefeiert, weil er nur einen Tag nach seiner Ankunft in Deutschland elf Punkte zu einem 101:96-Sieg gegen Bonn beigesteuert hatte. Doch dann folgten acht Niederlagen in Serie, und Brickman konnte die hohen Erwartungen nicht mehr erfüllen. Aus seiner College-Zeit in New York war ihm der Ruf des Teamspielers vorausgeeilt. Mit 1009 Assists ist er nur einer von vier Spielern in der höchsten College-Division, die in dieser Kategorie die Tausender-Marke knacken konnten. Doch in Bayreuth kam er im Schnitt nur auf 7,5 Punkte und 4,8 Assists. Das war deutlich mehr als bei Dynamo Moskau, seiner ersten Profi-Station, dort war er Anfang Dezember wegen schlechter Leistungen aus dem Kader geflogen. Diesmal war er es, der offensichtlich keine Lust mehr hatte, den Vertrag in vereinbarter Länge zu erfüllen.

Nach dem Sieg gegen Trier ist ein Abstieg eher unwahrscheinlich

Zufällig hatte sich vergangene Woche jener Spieler wieder ausreichend von seiner Hüftverletzung erholt, für den Brickman als Ersatz gekommen war: Bryan Bailey. Am Montag steuerte er neun Punkte und sechs Assists bei, und was noch viel wichtiger war: Die Mannschaft hatte am Ende sogar wieder einmal gewonnen, mit 96:82. Gegen den Tabellenletzten Trier gelang im zweiten Viertel ein vorentscheidender 20:0-Lauf. Gleich zu Beginn erspielten sich die Bayreuther durch fast breaks eine deutliche Führung, es war wieder so etwas wie Selbstvertrauen zu erkennen im Offensivspiel. Am besten zu sehen war das am Small Forward Lukas Palyza, der sieben seiner acht Würfe in der ersten Halbzeit verwandelte, beim achten holte er sich immerhin noch selbst den Rebound. "Das war viel Druck in den letzten Wochen, die Mannschaft hat nicht immer ihr wahres Gesicht gezeigt. Dann noch der Abgang von Brickman, das war für uns nicht einfach", sagte Trainer Koch. Mit dem Sieg gegen Bonn dürfte Bayreuth jetzt genug Polster haben, um den Verbleib in der Liga zu sichern.

Während der Niederlagenserie und dem Weggang Brickmans hat allerdings auch die Außenwirkung des Vereins gelitten. Die verbleibenden vier Spiele sollen nun dazu dienen, Werbung in eigener Sache zu machen - für den Verein wie für die Spieler. Außer dem Center Phillipp Heyden und Palyza steht für die kommende Saison noch niemand aus dem aktuellen Kader unter Vertrag. Trainer Koch wird aus den Leistungen der kommenden Wochen auch versuchen herauszulesen, wer noch länger in Bayreuth bleiben möchte.

David Brembly, 22, wird sich allerdings nicht mehr zeigen können: Für den Flügelspieler ist die Saison wegen einer Sprunggelenksverletzung beendet.

© SZ vom 08.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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