Adler Mannheim:Ein Sieg für die Hoffnung

Lesezeit: 3 min

Schon wieder ein Rückstand: Iserlohn geht durch Nick Petersen (l.) 1:0 gegen Mannheim in Führung. Die Adler gewinnen dennoch mit 2:1. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Nach einer epischen Pleitenserie gewinnt der deutsche Meister mal wieder ein paar Spiele. Doch ob der Aufschwung eine Trendwende in einer schwachen Saison bedeutet, ist fraglich.

Von Tobias Schächter, Mannheim

Am Ende, nachdem alles gut ausgegangen war, lief Freitagnacht in der Mannheimer Arena "Rockin all over the world" von Status Quo. Vielleicht passt kaum ein Sound besser zu der Sehnsucht nach guten, alten Zeiten, als der Klassiker in der Interpretation der uralten britischen Gitarrenrocker. Zwar ist beim amtierenden Deutschen Eishockeymeister Adler Mannheim nicht alles gut nach dem 2:1 (0:0, 0:1, 1:1, 1:0)-Sieg nach Verlängerung gegen die Roosters aus Iserlohn. Aber der hart erkämpfte Erfolg gibt der Mannschaft und den Fans Hoffnung auf bessere Tage.

Das Erfolgserlebnis haben die Adler dringend gebraucht, eine Niederlage hätte den Absturz auf Rang zehn bedeutet. Die ersten sechs Teams sind automatisch für die im März beginnenden Playoffs qualifiziert, die vier Mannschaften zwischen Rang sieben und zehn spielen die beiden fehlenden Viertelfinalteilnehmer der Endrunde aus. Mannheim ist bei noch 17 ausstehenden Hauptrundenspielen nun Siebter mit 54 Punkten, der Rangelfte Ingolstadt liegt aber nur fünf Zähler dahinter. Der Sieg im ersten Heimspiel 2016 in der ausverkauften Arena - 13.600 Zuschauer zeugen von der Eishockeyverrücktheit der Mannheimer - hatte also große Bedeutung. Das sah man auch dem Mannheimer Sportmanager Teal Fowler an, der einen riesigen Seufzer der Erleichterung aus seinen Backen blies, bevor er sagte: "Die Jungs haben sehr gut zusammengespielt und hart füreinander gekämpft - so müssen wir weitermachen."

Die Mannheimer steigerten sich kontinuierlich von Drittel zu Drittel, ließen sich auch durch den Rückstand kurz vor der Schlusssirene des zweiten Abschnitts nicht unterkriegen und schafften nach dem Ausgleich von Brent Raedeke auch noch den Siegtreffer durch einen verwandelten Penalty von Kai Hospelt in der vierten Minute der Nachspielzeit. Der Iserlohner Verteidiger Ryan Button hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, als das eigene Tor zu verschieben, Hospelt behielt beim Penalty die Nerven. "Wir haben nach dem Rückstand nicht den Kopf in den Sand gesteckt, das war entscheidend", erklärte Hospelt. Aber bedeutet dieser Erfolg gegen den Tabellenzweiten tatsächlich die Wende für den Titelverteidiger?

Die Siege gegen Krefeld und Iserlohn schenken Chefcoach Ireland Zeit

Die Verantwortlichen in Mannheim müssen bislang eine seltsame Saison moderieren. Im Dezember hatte es in der Liga zuletzt eine epische Serie von acht Pleiten hintereinander gesetzt. Und auch beim prestigeträchtigen Spengler Cup in Davos gab es trotz mitunter ansprechender Leistungen nur Niederlagen. Im Herbst hingegen gelang nach schlechtem Saisonstart eine Reihe von 13 Erfolgen in 14 Partien. Der Auswärtssieg beim Tabellenletzten in Krefeld und nun der Erfolg gegen Iserlohn (dazwischen gab es eine Niederlage in Nürnberg), schenken Chefcoach Greg Ireland zu Beginn des neuen Kalenderjahres Zeit.

Der 50 Jahre alte Kandier übernahm spät das Amt, nachdem Meistertrainer Geoff Ward erst Mitte Juni nach nur einem Jahr seine Rückkehr nach Nordamerika bekanntgegeben hatte und als Assistenzcoach bei den New Jersey Devils angeheuert war. Die Trennung von der Familie setzte dem Erfolgstrainer zu, sein Abschied traf die Adler hart und zum falschen Zeitpunkt. Auch auf Wards Empfehlung hin wurde Ireland verpflichtet, ein kommunikativer Trainer, der bis dahin aber vor allem im Nachwuchsbereich gearbeitet hatte. Ob er der richtige ist, um diese Meistermannschaft wieder in die Spur zu bringen, muss Ireland im neuen Jahr beweisen. "Wir müssen konstant in der Leistung bleiben, dann kommen die Resultate", glaubt er: "Wir befinden uns in einem Prozess."

Die Verantwortlichen bieten eine banale Erklärung für die Krise an: Verletzungspech

Bei der Suche nach Gründen für die Misere stellten die Fans viele Fragen: Ob die Spieler nach der Meisterschaft ein bisschen die Spannung verloren hätten beispielsweise, oder ob der ehemalige Talente-Coach Ireland die Autorität für die gestandenen Cracks in der Mannheimer Kabine habe. Fakt ist: Die Adler leiden seit Saisonbeginn unter dem Ausfall vieler Leistungsträger. Auch gegen Iserlohn fehlten unter anderem verletzungsbedingt Nikolai und Marcel Goc, Jamie Tardif, Brandon Yip und Denis Reul. Nach dem Aufzählen dieser Namen sagte Teammanager Fowler Freitagnacht schulterzuckend: "Das ist nominell eine erste Reihe." Die Hoffnung auf mehr Konstanz ist sehr stark mit der Rückkehr der Verletzten verbunden, im nächsten Heimspiel am Sonntag in einer Woche gegen die Eisbären aus Berlin könnten einige zurückkehren. Nach einem schwierigen Start in die Saison hoffen die Adler, in der entscheidenden Phase alle wichtigen Spieler fit auf dem Eis zu haben.

Zum Spieler des Pleite-Monats Dezember wurde übrigens Routinier Christoph Ullmann gewählt, er bekam dafür einen Wasserturm, das Wahrzeichen Mannheims, aus Schokolade überreicht. Ullmann hätte sicher nichts dagegen, wenn im Januar statt Schokolade für ihn noch mehr Punkte für das Team herausspringen würden - am besten schon diesen Sonntag in Wolfsburg.

© SZ vom 10.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: