Mein Deutschland:Wunder der Technik

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Die Costa Concordia liegt seit Juli 2014 im Hafen von Genua, Italien. Die Abbauarbeiten werden voraussichtlich zwei Jahre dauern. Das italienische Kreuzfahrtschiff lief am 13. Januar 2012 auf ein Riff vor der Insel Giglio und kenterte. Dabei sind 32 Menschen ums Leben gekommen. (Foto: dpa)

Die letzte Fahrt der Costa Concordia.

Nun ist die Costa Concordia endlich im Hafen von Genua angekommen, und die tragische Saga vom vielleicht berühmtesten Wrack neben der Titanic endet mit einem Wunder. Einem technischen Wunder.

Ganz Italien hat die letzte, problemlose Fahrt des Riesen verfolgt, der vor zweieinhalb Jahren tragischerweise zum Grab für 32 Menschen wurde, unter ihnen zwölf Deutsche. Selten wurde ein Schiff in einem solchen Ausmaß zum Symbol eines ganzen Landes wie die Costa Concordia , wozu manche deutschen Medien beigetragen haben.

Der Schiffbruch erfolgte am 13. Januar 2012, nur wenige Wochen nachdem sich Italien in letzter Minute mit einem schnellen Regierungswechsel und Notmaßnahmen vor der Staatspleite gerettet hatte. Das Land war am Boden, so wie die Costa Concordia vor der toskanischen Insel Giglio auf Grund gelaufen und dann umgekippt war. 566 Deutsche waren unter den insgesamt 4229 Passagieren, und die deutschen Medien verfolgten freilich das Desaster, das für Italien genauso wie der unrühmliche Abgang von Silvio Berlusconi zur Blamage wurde. Vor allem, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Kapitän Schettino das Schiff verlassen hatte, ohne alle Passagiere in Sicherheit zu bringen.

Einen deutschen Kommentar können die Italiener wohl nicht vergessen: den des Spiegel -Autors Jan Fleischhauer: "Hat es irgendjemanden überrascht, dass der Unglückskapitän der Costa Concordia Italiener ist? Kann man sich vorstellen, dass ein solches Manöver inklusive sich anschließender Fahrerflucht auch einem deutschen oder, sagen wir lieber, britischen Schiffsführer unterlaufen wäre?"

Dieser Kommentar ist ein Zeichen dafür, dass das Desaster die ärgsten negativen Italiener-Klischees in Deutschland bestätigte. Umso mehr - ohne freilich die Toten und Verletzten zu vergessen - wurde die erfolgreiche Fahrt des Wracks nach Genua gefeiert, die zum großen Teil italienischen Ingenieuren zusammen mit dem südafrikanischen Experten Nicholas Sloane zu verdanken ist. Das technische Wunder ist diesmal als positives Symbol für ein Land zu werten, das eben nicht nur aus Berlusconis und Schettinos besteht. Bleibt zu hoffen, dass auch Deutschland dieses Symbol der Hoffnung wahrnimmt.

Giovannni Maria Del Re ist Europa-Korrespondent der italienischen Tageszeitung Avvenire. Er lebt in Brüssel.

© SZ vom 09./10.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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