Die besten Blogs:"Übertriebene Reaktion"

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Der Film ist abscheulich, aber noch aberscheulicher ist es, deswegen Menschen zu töten.

Ausgewählt von Karin El Minawi

Nur langsam kommt die islamische Welt wieder zur Ruhe, obwohl die Wut über den im Internet veröffentlichten Mohammed-Schmähfilm weiter anhält. In dem aus den USA stammenden Film wird der Prophet als Kinderschänder, Schürzenjäger und Homosexueller dargestellt. Das hat vergangene Woche in vielen islamischen Ländern zu blutigen Krawallen geführt.

Muslime demonstrieren am 23.September 2012 in Hannover mit einem Transparent mit der Aufschrift "Respekt für alle Religionen" gegen das Mohammed-Video. (Foto: dapd)

Im Netz ist die Stimmung ebenfalls aufgebracht. Doch die Wut beschränkt sich nicht nur auf den anti-islamischen Film, sondern auch auf die gewalttätige Reaktion der islamischen Welt: "Was mich provoziert, ist nicht der bemitleidenswerte Film, der ignoriert gehört, sondern die übertriebene Reaktion der Muslime. Botschaften zu stürmen, die Flagge der al-Qaida zu hissen und zu schreien, dass wir alle Osama bin Laden sind, was ich übrigens nicht bin, zeigt unsere Dummheit und beleidigt unseren Islam", schreibt der ägyptische Blogger Malek Adly in seinem Blog malekadly-dejavu.blogspot.com. Er weist zudem darauf hin, dass nur durch die gewaltsame Reaktion der islamischen Welt der Film Aufmerksamkeit erlangt hat. "Vor den Protesten hatten sich nur 425 Personen diesen Film angeschaut. Nach den Krawallen waren es über eine Million", schreibt er.

Der Jordanier Osama el Romoh teilt diese Meinung: "Dieser Film wäre nie so berühmt geworden, hätten nicht wir ihm dazu verholfen und damit den Test der Dummheit bestanden. Denn obwohl der Film und die Regie lausig sind, den Schauspielern und der Synchronisation grundlegende Elemente der Filmproduktion fehlen, haben wir ihn auf alle sozialen Netzwerke gestellt und ihm so zu Ruhm verholfen", schreibt er in seinem Blog romoh.me.

Mahmoud Al Yousif aus Bahrain distanziert sich nicht nur von dem Schmähfilm, sondern auch von den aggressiven Reaktionen: "Dass in Libyen wegen eines dummen Films Botschaften angegriffen und die Angestellten getötet werden, ist eine abscheuliche und unmenschliche Tat, die dem Islam unrecht tut. Gott und seine Propheten brauchen keine Hilfe" , schreibt er auf mahmood.tv. Er fordert außerdem, dass die Demonstranten ihre Gewalt, ihre schändliche Haltung und ihr kriminelles Verhalten aus dem Leben der Menschen fernhalten.

Ein Kommentator stimmt dem zu: "In der Lage zu sein, über eine harmlose Beleidigung zu lachen, ist ein Zeichen der Reife und des Vertrauens. Zwei Eigenschaften, die dem Araber leider fehlen, wie die jüngsten Ereignisse beweisen", schreibt Bahrainiguy. Er ist der Meinung, dass der Film abscheulich und widerlich sei, es aber noch viel schlimmer sei, unschuldige Menschen dafür zu töten. "Früher habe ich wütend meine muslimische und arabische Kultur gegen die Vorwürfe des Hasses und des Terrorismus verteidigt, doch es wird immer schwieriger, den Rest der Welt, der in uns einen Haufen wütender, gewalttätiger Menschen sieht, deswegen zur Rechenschaft zu ziehen."

Der Syrer Ibrahim al Assil fragt in seinem Blog madina-blog.net, wer von diesem Film profitiert. Er schreibt: "Der Film versucht, den Islam zu schmähen. Doch wer den Islam wirklich schmäht, sind die, welche die Botschaften angegriffen haben. Denn so haben sie die These, welche der Film versucht zu festigen, bewiesen."

© SZ vom 24.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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