25. März 2009:Jugendschutz? Herstellerschutz!

Lesezeit: 4 min

SZ-Leser über mangelnden Jugendschutz bei Computerspielen, Strafmilderung für Heiratsschwindler, das Festpielhaus in Bonn und Darwin.

"Waffen, die keiner kontrollieren kann", 20. März

Ein junger Zocker bei der Computerspiel-Bundesliga in München. (Foto: Foto: ddp)

"' Waffen, die keiner kontrollieren kann' hieß es am 20. März zum Thema Computerspiele. Tatsache ist, dass die Hersteller sich in Deutschland selbst über die Spielebewertungskommission USK kontrollieren. Pikanterweise ist der Geschäftsführer der USK zugleich Geschäftsführer des Verbandes der Spielehersteller. Vergibt die USK das Prädikat 'Für über 18-Jährige', schützt sie das Spiel damit vor einer Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Es darf dann frei beworben und in den Verkaufsräumen präsentiert werden.

Bei besonders heiklen Spielen bekommen die Hersteller von Testern Tipps, welche anstößigen Blut-und- Fleisch-Effekte sie aus den Originalfassungen herausschneiden müssen, damit sie auch an Jugendliche verkauft werden dürfen. Damit kann dann sogar ein Spiel wie Quake 4, das in der Originalfassung indiziert ist und nicht beworben werden darf, an Jugendliche ab 16 verkauft werden - obwohl die Spielidee mitsamt Gemetzel sich nicht geändert hat. Der Brei ist nur grün statt rot. Das Ergebnis: Dieses Spiel wird vielen Jugendlichen (samt jüngeren Geschwistern) bekannt und schafft erst recht den Anreiz, sich die unzensierten Originale zu besorgen. So wird 'Jugendschutz' zu Herstellerschutz."

Wolf-Rüdiger Marunde, Trebel

Keine Milde für Heiratsschwindler

"Ich schätze Herrn Holzhaider als einen sehr kompetenten Journalisten. Im Erpressungsfall Klatten ( 'Urteil mit Augenmaß', 10. März) bin ich aber völlig anderer Meinung als er. Wenn er schreibt, das Vorgaukeln von Liebe, um dafür Vorteile anderer Art zu erlangen, sei zwar eine Gemeinheit, aber kein Straftatbestand, dann ist das zumindest missverständlich.

Sind die 'Vorteile anderer Art' Vermögensvorteile, dann ist das selbstverständlich ein Straftatbestand, nämlich Betrug, und sogar ein sehr übler Betrug. Und wenn ein Mann einer Frau nicht nur Liebe vorgaukelt, sondern ihr vortäuscht, er wolle sie heiraten, obwohl es ihm in Wirklichkeit nur um einen Vermögensvorteil geht, dann nennt man diesen Mann Heiratsschwindler. Und Heiratsschwindler sind Kriminelle.

Die Strafe von sechs Jahren Haft ist auch nicht angemessen, es handelt sich nicht um ein Urteil mit Augenmaß. Ich war fast 30 Jahre lang Strafrichter. Wegen meiner relativ milden Urteile hatte ich bei der Polizei den Spitznamen 'Papa Gnädig'. Aber ich hätte den Angeklagten zu der vom Staatsanwalt beantragten Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Denn in diesem Fall sind keinerlei mildernde Umstände zu erkennen.

Insbesondere halte ich es für absurd, in diesem Fall das Geständnis des Angeklagte als strafmildernden Umstand zu werten. Denn er wäre mit Sicherheit auch ohne sein Geständnis verurteilt worden. Strafmilderung darf aber einem Angeklagten nicht als Belohnung dafür gewährt werden, dass er dem Gericht Arbeit oder (erwachsenen) Zeugen die Aussage erspart hat.

Ein Geständnis kann sich nur dann strafmildernd auswirken, wenn man daraus schließen kann, dass der Angeklagte eingesehen hat, dass er sich falsch verhalten hat und deshalb die Rückfallgefahr geringer ist. Und dieser Schluss ist nur möglich, wenn dem Angeklagten ohne sein Geständnis die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Der Staatsanwalt hat das Geständnis zu Recht als Zweckgeständnis bezeichnet. Ein solches Geständnis rechtfertigt keine Strafmilderung."

Wolfgang Pfeifer, Waldfeucht

Ein zweischneidiges Geschenk

"So sehr die Initiative von drei Großunternehmen zum Bau eines Festspielhauses in Bonn ( 'Eine Wohltat für Beethoven', 9. März) zu begrüßen ist, so genau sollte man hinterfragen dürfen, welche Bedingungen mit diesem 'Geschenk' von 75 Millionen Euro verbunden sind.

Wie realistisch ist die Bausumme? Wie können mit 'nur 1500 Plätzen' wirklich effizient Spitzenorchester bezahlt werden? Gibt es in Zukunft aufgrund unserer alternden Bevölkerung überhaupt genügend Interessenten und Bedarf für so viele große Klassik-Konzerte, in Bonn und sonstwo? Was ist mit den Unterhaltskosten? Wer kommt für die Einnahmeausfälle der Beethovenhalle auf, wenn sie abgerissen wird?

Auch stellen sich Fragen nach der Tradition, vor allem, weil keiner der nun prämierten Entwürfe den Erhalt der Beethovenhalle vorsieht. Trotzdem ist wohl allgemein anerkannt, dass die Beethovenhalle ein sehr gutes Beispiel bundes- (hauptstädtischer) Nachkriegsarchitektur ist, das nicht nur in der Vergangenheit sehr viel zur Identitätsstiftung Bonns und seiner Bürger beigetragen hat, sondern aufgrund ihres Multifunktionscharakters auch bis heute viele Veranstaltungen als 'großes Wohnzimmer der Stadt und ihrer Bürger' ermöglicht. Sicher ist die Akustik für klassische Spitzenleistungen nicht optimal - nur das ist sie bis auf den vielzitierten Wiener Musikverein fast nirgendwo.

Die Stadt sollte daher im Rahmen eines schlüssigen Gesamthallenkonzepts überlegen, wie die Beethovenhalle durch geeignete interne Umbaumaßnahmen so aufgewertet werden kann, dass sie auch in Zukunft sowohl als Tagungsstätte wie auch für Ball, Karneval, Festveranstaltungen und dennoch auch für Konzerte oder Musikproben gerne genutzt wird. Den Großunternehmen könnte man ein anderes attraktives Grundstück überlassen, auf dem das Festspielhaus - am besten in (privater) Eigenregie - errichtet werden kann."

Dr. Thomas Arnoldt, München

Kampf um Begriffe

"Jens Bisky hat völlig recht, wenn er vom 'Unrechtsstaat' DDR als Kampfbegriff spricht ('Die Diktatur, die eine sein wollte', 4. März). In Thüringen tobt schon längst der Wahlkampf. Eine gelähmte CDU lechzt nach jeder vermeintlichen Schwäche der Gegner SPD und Linke.

Da kommt eine sinnentstellende Überschrift in einer kleinen Regionalzeitung gerade Recht, um sie aufzublähen und dem gefährlichsten politischen Gegner um die Ohren zu hauen. Deren linker Spitzenkandidat ist nämlich aus dem Westen und kann ja nach derzeit herrschender CDU-Philosophie (Wahlspruch: Hauptsache Thüringen) gar nicht mitreden.

In Anzeigenblättern wird diese subtile Untergrabung politischer Positionen mit Heimattümelei durch die CDU-Fraktion zehntausendfach monatlich verbreitet. Der Kultusminister empört sich besonders stark und erdreistet sich, dem Westimport thüringische Schülerhilfen zur DDR anzubieten. Ob er diese auch seinem Parteikollegen Lothar de Maiziere anbieten wird? Dieser hat in der Märkischen Oderzeitung gesagt: 'Die DDR war ein Staat, der auf Unrecht gründete. Aber ich würde ihn nicht als Unrechtsstaat bezeichnen.'

Der Thüringer SPD-Vorsitzende empörte sich übrigens gemeinsam mit den CDU-Granden. Das wird ihm wohl als Anbiederung ausgelegt werden, wenn er sich nicht von de Maiziere distanziert."

Andreas Stötzer, Jena

Baschirs Freunde

"Am 9. März berichten Sie über die Demonstration für den Diktator Baschir im Sudan 'Baschir lässt sich feiern'. Leider berichten Sie nicht, dass am gleichen Tag auch woanders für Baschir gejubelt wurde: in Gaza, organisiert von der Hamas. Diese Nachricht hätte unsere hiesigen Hamas-Verharmloser nachdenklich machen können. Gerade die Palästinenser bejubeln den Verantwortlichen für den tatsächlichen Völkermord in Darfur."

Ernst Eichengrün, Königswinter

Und Darwin hatte doch recht

"Die SZ schreibt immer von der Darwinschen Evolutionstheorie, so auch im Artikel 'Eine Kreation provoziert' (13.März).

Der Begriff 'Theorie' besagt jedoch, dass ein Sachverhalt nur als Gedankengebäude existiert. So will der Verfasser die 'Evolutionstheorie' sicher nicht verstanden wissen; er wird wie alle unvoreingenommenen und informierten Menschen überzeugt sein, dass Darwins Erkenntnisse die Entwicklung des Lebens treffend beschreiben.

Wenn über eine Theorie geschrieben wird, ist dies Wasser auf die Mühlen der Ignoranten und religiös Verblendeten, die ihre Augen beharrlich vor Tatsachen verschließen. Ich plädiere dafür, konsequent von 'Evolutionslehre' zu sprechen. Auch dieser Begriff lässt Interpretations-Hintertüren offen, wird aber der Bedeutung von Darwins Erkenntnissen eher gerecht als die 'Theorie'."

Dr. Klaus-Dieter Schröter, Neusäß

© SZ vom 25.03.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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