Schweiz:Und oben die Sterne

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Im höchstgelegenen Hotel Europas kommen Astronomen und Bergbegeisterte auf ihre Kosten.

Von Karoline Meta Beisel

Höhenbedingter Schlafmangel hat auch etwas Gutes: Wer sowieso nicht schläft, kann vom Bett aus kontrollieren, ob endlich die Sterne zu sehen sind.

Bei der Anreise am späten Nachmittag war man fast stolz, als einziger Fahrgast nach Pistenschluss noch in die Zermatter Gornergratbahn einzusteigen. Kurz nach der Abfahrt fühlt es sich allerdings so an, als habe man sich aus Versehen selbst in die Cloud hochgeladen: Nebel, so dicht, dass man Himmel und Skipiste nicht mehr unterscheiden kann. Oben an der Bergstation auf 3089 Meter ist die Sicht zwar minimal besser. Dafür schneit es, sodass sich die groben Mauern des Kulmhotels im Dämmerlicht nur gerade noch so ausmachen lassen. Dahinter nichts als weißes Rauschen. Das fühlt sich seltsam an, aber auch aufregend. Als wäre man im Science-Fiction-Film auf einem fernen Planeten gelandet, oder auf einer Forschungsstation im Nichts. Kein Wunder, dass manche der Angestellten das Hotel bei Nebel und Sturm am liebsten mögen.

Gewissermaßen stimmt das mit der Forschungsbasis sogar. Wenn man Bergsteigerunterkünfte nicht mitrechnet, ist das "3100 Kulmhotel" auf dem Gornergrat das höchstgelegene Hotel Europas. So nah kommt man den Sternen sonst nirgends, jedenfalls nicht, ohne ordentlich klettern zu müssen. Noch dazu ist die Luft hier oben klar, und die nächsten Lichtquellen sind weit. Diese Umstände ziehen nicht nur Hobby-Astronomen, sondern auch Profis an. Auf den Türmen des mehr als hundert Jahre alten Hotels wurden in den Sechzigerjahren Observatorien errichtet; das auf dem Südturm nutzen Forscher der Uni Bern bis heute. Für Laien bietet das Hotel besondere Veranstaltungen an, von Mitte Januar an etwa einmal pro Woche ein Abendessen mit anschließendem Besuch der Sternwarte.

Wenn man Bergsteigerunterkünfte nicht mitrechnet, ist das „3100 Kulmhotel“ auf dem Gornergrat das höchstgelegene Hotel Europas. (Foto: PR)

Die Lage hat aber auch Nachteile: "Schlechter Schlaf und Kopfschmerzen gehören bei uns zum Standardprogramm", sagt Thomas Marbach. Ein ungewöhnliches Bekenntnis für einen Hoteldirektor. Aber 3100 Meter sind nun mal eine Höhe, die sich bemerkbar macht, jedenfalls in den ersten Nächten. Darum gibt es hier oben auch keine Sauna und keinen Whirlpool, wie es in den Hotels unten in Zermatt Standard ist. Für den Kreislauf wäre das zu anstrengend. Überhaupt kommt niemand allein wegen der Unterkunft her. Auch wenn die schlichten, modern eingerichteten Zimmer - jedes ist nach einem der umliegenden Berge benannt - gemütlich sind und das Restaurant, in dem allen Gästen am Abend vier Gänge serviert werden, eine gute Küche hat. "Das Hotel lebt von der Welt da draußen", sagt Marbach.

So geht der Blick in der Nacht immer wieder zum Fenster hinaus. Alle Zimmer hier oben haben eine fantastische Aussicht, entweder auf das Matterhorn oder auf das Monte-Rosa-Massiv. Der beste Platz zum Sternegucken ist die breite Fensterbank über der bollernden Heizung. Und dann, kurz vor Mitternacht, verziehen sich die Wolken. Erst hebt sich die schneebedeckte Ostwand des Matterhorns von der Dunkelheit ab. Dann sieht man auch die Sterne. Den Großen Wagen. Orion, hell, wie noch nie. Und alle anderen auch.

Modern und aus Holz: Jedes Zimmer des Kulmhotels ist einem umliegenden Berg gewidmet. (Foto: PR)

DZ mit HP ab ca. 300 Euro, gornergrat-kulm.ch, einfache Bahnfahrt ab Zermatt ca. 32 Euro

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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