Schweiz:Brückentage

Lesezeit: 1 min

Im Wallis wurde die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt eröffnet. Sie ist weniger Verbindung als eine touristische Attraktion.

(Foto: Valentin Flauraud/AP)

Brücken haben viele Funktionen; sie dienen als Bindeglied zwischen Staaten, überspannen Flüsse und Täler, avancieren zu Wahrzeichen. Gerade in den Bergen entwickeln sie sich auch immer mehr zu touristischen Attraktionen. So wurde im Wallis vor wenigen Tagen oberhalb der kleinen Ortschaft Randa, auf halben Weg zwischen Zermatt und Grächen am Europaweg gelegen, die mit 494 Metern längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt eröffnet - zumindest jene mit dem längten frei hängenden Teilstück. Wanderer können sich nun auf einem 65 Zentimeter schmalen und bis zu 85 Meter hohen Trittgitter-Steg über den Talboden schwindeln. Die Brücke löst als Rekordhalter die erst im Mai dieses Jahres eröffnete Seilbrücke an der Rappbodetalsperre im Harz ab. Die schwebt nämlich nur erbärmliche 458 Metern frei, verläuft dafür immerhin unweit der höchsten Staumauer Deutschlands und kostete drei Millionen Euro. Dagegen war der neue Guinness-Kandidat in der Schweiz für 750 000 Schweizer Franken geradezu ein Schnäppchen. Weil der lokale Unternehmer Charles Kuonen alleine 100 000 Franken beisteuerte, trägt das Bauwerk seinen Namen.

Auch das ist eine Eigenschaft von neuen Brücken. Sie sollen nicht mehr nur die längsten, höchsten, frei hängendsten oder im Falle der Adrenalinwelt Alpen die mit der größten Herzinfarkt-Gefährdung sein, sondern am besten auch Namen tragen, die mehr Geld einspielen als Golden Gate, Rialto oder gar Wittelsbacher. Zwischen Gstaad und Les Diablerets in der Schweiz wurde vor einigen Jahren beispielsweise der Peak Walk by Tissot eröffnet. Der verbindet laut den dort Gewinn schürfenden Bergbahnbetreibern als "erste und einzige Hängebrücke der Welt zwei Berggipfel", die allerdings nicht viel mehr sind als gut vermarktete Felsriegel.

(Foto: Valentin Flauraud/AP)

Wie wunderbar altmodisch läuft es da noch in den Ötztaler Alpen, aus denen kürzlich die Mitteilung versandt wurde: "Keine weitere Touristenattraktion, sondern eine Notwendigkeit stellt die Hängebrücke über die Schlucht des Gurgler Ferners dar." Der bisherige Übergang am Talboden sei für Wanderer wegen Steinschlaggefahr nicht mehr sicher gewesen, zudem hat Hochwasser die bislang vorhandene Brücke mehrmals zerstört. Das Nachfolgemodell heißt einfach nur "Piccard-Brücke", benannt nach dem Ballonflieger Auguste Piccard. Der legte im Mai 1931 am Gurgler Gletscher jenseits aller Brücken eine Notlandung hin.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: