Reise-Onlinebuchungen:Die Tricks der Online-Reiseportale

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Die großen Buchungsportale kämpfen um die Macht in der Hotelbranche weltweit. Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: dimitrov)
  • Immer mehr Deutsche buchen im Internet ihren Urlaub - viele auf Portalen, die mit besonders günstigen Preisen werben.
  • Verbraucherschützer bemängeln die schlechte Vergleichbarkeit und unlauteren Verkaufsmethoden der Online-Anbieter.

Von Jochen Temsch

Der Weihnachtsurlaub ist nur ein paar Mausklicks entfernt, sogar jetzt noch, so kurz vor den Feiertagen. Zum Beispiel in Schladming in der Steiermark: Anreise an Heiligabend, Abreise am 27. Dezember, ein Doppelzimmer im Vier-Sterne-Hotel für insgesamt 1374 Euro. Bequemer geht es nicht. Bei den Buchungsportalen im Internet kann man jederzeit zuschlagen, auch spätabends auf dem Sofa, aus einer spontanen Weinlaune heraus.

Das Internet scheint die Angebote gut vergleichbar zu machen. Laut dem Verband Internet Reisevertrieb (VIR) gibt es in Deutschland täglich etwa 60 Milliarden buchbare Pauschalarrangements. Aus diesem chaotisch bunten Basar namens Reisemarkt machen die Portale, so das Versprechen, passende Vorschläge, auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Trefferlisten und die besten Preise für ein Zimmer. Kein Wunder, dass diese Buchungsform immer beliebter wird.

Laut Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) wurden im Jahr 2005 erst elf Prozent aller Reisen online gebucht, im Jahr 2014 waren es bereits 35 Prozent. Die Forscher erwarten, dass schon vor dem Jahr 2020 die Mehrheit aller Urlaubsbuchungen über das Internet läuft. Entsprechend umkämpft ist der Markt, entsprechend ausgeklügelt sind die Methoden.

Portale im Visier des Kartellamts

Was zunächst einmal kundenfreundlich klingt, kann sich schnell gegen den Kunden wenden. So hat das Bundeskartellamt den Bestpreisklauseln den Kampf erklärt. Die Behörde untersagte etwa dem Buchungsportal HRS, seinen teilnehmenden Hotels vorzuschreiben, ihre Zimmer nirgendwo - weder bei anderen Buchungsportalen noch an der eigenen Rezeption - billiger anzubieten.

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Die Wettbewerbshüter untersagen dem Buchungsportal seine Preispolitik: Diese verbietet es Hoteliers, Zimmer woanders billiger anzubieten.

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Auch andere Plattformen wie booking.com oder Expedia sind wegen der Bestpreispraxis nun im Visier der Wettbewerbshüter. Denn, so paradox es erscheinen mag: "Bestpreisklauseln von Hotelbuchungsportalen machen Urlaub teurer", wie der Online-Experte Miika Blinn vom Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) sagt, "sie verhindern den Wettbewerb und sorgen für hohe Zimmerpreise." (siehe Infokasten)

Obwohl HRS keine Bestpreisgarantie mehr abgeben darf, wirbt das Portal mit den günstigsten Angeboten. Entdeckt ein Reisender irgendwo anders das Zimmer preiswerter, will HRS die Differenz erstatten. Allerdings muss das günstigere Zimmer die gleichen Konditionen beinhalten. Dazu zählen die Zimmerkategorie, die Reisedaten, Verpflegung, Zahlungs- und Stornierungsbedingungen - Punkte, mit denen Hoteliers selbst die Vergleichbarkeit ihrer Preise erschweren. Ob nun seitlicher Meerblick oder Park(platz)blick, kostenfreies Wlan, eine Flasche Sekt auf dem Zimmer und Rosenblüten auf den Kissen beim "Romantikarrangement" - es ist mühsam für die Reisenden herauszufinden, wofür man wie viel Geld hinblättert. Die Angebote lassen sich kaum vergleichen.

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Im Internet kommen noch optimierte, sprich bezahlte Trefferlisten dazu. So rutschen Hotels in den Empfehlungen der Portale weiter nach oben und werden von den Kunden häufiger ausgewählt. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen von booking.com kann man es nachlesen: Hotels, die pünktlich und in einer gewissen Höhe Kommission bezahlen, werden entsprechend platziert, auch wenn dies "definitiv nicht die entscheidenden" Kriterien seien. Verbraucherschützer Miika Blinn sagt dazu: "Man muss sich schon fragen, wie neutral und objektiv die Informationen der Buchungsportale sind."

Wer tatsächlich sparen will, muss sich konzentriert informieren

Für den Urlauber bedeutet dies: Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als spätabends auf dem Sofa das Weinglas wegzustellen und sich konzentriert zu informieren. Wer tatsächlich die besten Angebote finden will, muss zwangsläufig auf mehreren Buchungsportalen, Bewertungsportalen und direkt beim Hotel nachschauen - vielleicht sogar einfach hoffnungslos altmodisch mal zum Telefonhörer greifen und mit den Leuten reden.

Dass man sich bei Online-Buchungen viel Zeit erspart, ist übrigens ein Märchen. Wenn es um mehr geht als nur um einen Flug oder nur ein Zimmer, wie etwa bei Geschäftsreisen, dann machen die Deutschen eine Wissenschaft aus der Planung. Laut FUR verbringt ein digital buchender Urlauber im Schnitt neun Stunden mit der Informationssuche und geht dabei auf 13 Websites. Ein Besuch im Reisebüro um die Ecke würde nicht so lange dauern.

Und auch im Preisvergleich schneiden Online-Buchungsportale nicht besser ab. So fand die Stiftung Warentest Anfang dieses Jahres entgegen der allgemeinen Vermutung heraus, dass die Preise von klassischen Pauschalreisen überall gleich sind, egal ob sie im Internet oder im Reisebüro verkauft werden, weil die Preise von den Reiseveranstaltern gemacht werden.

Lob dem Reisebüro

Die Tester lobten die persönliche Beratung in Reisebüros und kamen zu dem Urteil, dass Urlauber im Internet ein höheres Risiko hätten, "dass man ein angebliches Schnäppchen bucht und bezahlt, das es gar nicht gibt". Abgesehen von Steuern und Gebühren würden dem Urlauber selbst von scheinbar seriösen Anbietern Posten untergejubelt, die er nicht wollte: Versicherungen zum Beispiel.

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Ein anderer Trick zielt auf die Psychologie. Mit Hinweisen wie "nur noch zwei Zimmer verfügbar" oder "fünf andere schauen sich gerade das Zimmer an" drängt man den Interessenten zu raschen Vertragsabschlüssen.

Illegal, aber technisch möglich wäre es sogar, Usern teurerer Geräte wie etwa einem Apple-Notebook hochpreisigere Angebote zu machen als jemandem, der am Billig-Computer sitzt. Dann wäre man doch wieder auf dem Basar. Auch hier schaut sich der Teppichhändler den Kunden genau an, bevor er ihm ein Angebot macht. Designerkleidung und eine teure Uhr machen da einen Rabatt nicht wahrscheinlicher.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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