Österreich:Geht alles glatt

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Norbert Jank, 70-jähriger Eismeister am Weissensee in Kärnten, sorgt mehr als zehn Stunden täglich dafür, dass den ganzen Winter über Eissport möglich ist. Den Klimawandel kann aber selbst er nicht beeinflussen.

Interview von Hans Gasser

Seit 30 Jahren ist Norbert Jank Eismeister der Gemeinde Weissensee in Kärnten. Der 70-Jährige arbeitet im Winter immer noch täglich zehn Stunden auf dem Eis des Weissensees, um Schnee zu räumen und Bahnen für Eisläufer, Hockeyspieler, Eisstockschützen und Wanderer zu präparieren. Seit 29 Jahren kommen Tausende Holländer zur Elfstädtetour, einem traditionellen Volkslauf auf Schlittschuhen. Aber der auf 930 Meter liegende und zuverlässig zufrierende See ist auch vorher und nachher für Wintersportler benutzbar. Wo und wie genau, entscheidet Jank, der hier alle Gefahren kennt.

SZ: Rein eismäßig, war es bisher ein guter Winter?

Norbert Jank: Ja. Diesen Winter haben wir ein Bombeneis! Bis vor Kurzem hatten wir fast keinen Schnee und über 50 Zentimeter reines gefrorenes Seewasser, also sogenanntes Spiegeleis. Da kann man auch mit den schweren Maschinen drauffahren und es hervorragend präparieren. Solche Verhältnisse hatten wir das letzte Mal vor mehr als zehn Jahren. Für die Elfstädtetour, zu der jedes Jahr Ende Januar 4500 holländische Eisläufer an den Weissensee kommen, konnten wir heuer erstmals seit 2009 wieder eine 25 Kilometer lange Bahn über den ganzen See hinweg präparieren. 30 Hektar präparierte Fläche, das gibt es nirgends sonst.

Merken Sie etwas vom Klimawandel?

Der Weissensee friert immer zu, der Westteil meist Ende November, der Ostteil circa einen Monat später. Aber ich mache seit 1977 Aufzeichnungen zur Eisstärke und zur Zahl der Tage, an denen man Eislaufen kann. Früher hatten wir öfters 100 Tage und mehr, heute sind es eher so 70 bis 80. 2015 waren es nur 30 Tage, 2016 immerhin 63. Auch die Eisstärke hat abgenommen. Der Klimawandel macht sich also schon deutlich bemerkbar.

Welche Arten von Eis gibt es?

Es gibt das reine gefrorene Wasser - solange es nicht schneit, nennt sich das Spiegeleis. Und wenn es schneit, drückt der Schnee aufs Eis und es entstehen kleine Brüche. Manchmal müssen wir auch Löcher reinhacken. Wasser strömt dann an die Oberfläche und es entsteht Schneematsch, der in kalten Nächten gefriert. Auch der kann sehr gutes Eis zum Eislaufen bilden. Diese zwei Arten gibt es.

Woher kommt Ihre Begeisterung fürs Eis?

Schon vor 50 Jahren habe ich Pferdeschlittenfahrten auf dem Eis angeboten, da wurde bei uns gerade der erste Sessellift gebaut. Mich fasziniert, dass Tausende Leute auf dem Eis ganz verschiedenen Betätigungen nachgehen können: Eislaufen und Eishockey, Eisschnelllauf und Eisstockschießen oder Wandern. Ich bin drei Monate im Winter jeden Tag auf dem Eis. Zehn bis 16 Stunden täglich.

Ist das Eis nach dem Volkslauf von mehreren Tausend Teilnehmern noch gut?

Das Eis leidet natürlich unter dieser Belastung. Die Kufen schneiden Furchen hinein. Aber wir hatten Glück. Nach dem Rennen kam etwas Föhnwind auf, das Eis schmolz leicht und die Risse füllten sich wieder. So haben wir wieder recht gute Bedingungen. Wo es uneben oder noch Schneematsch ist, fahre ich mit dem Hobel drüber und mache die Bahnen glatt.

Wie kamen die Holländer an den Weissensee?

1987 wurde hier ein Teil des James-Bond-Films "Der Hauch des Todes" gedreht. Das hat bekannt gemacht, dass wir hier ein Bombeneis haben. Ein Jahr später kamen die Holländer, die wegen zu warmer Temperaturen ihre traditionelle Elfstädtetour im eigenen Land nicht mehr machen konnten. Seitdem kommen sie jedes Jahr, über zwei Wochen im Januar verteilt.

Apropos Hauch des Todes, wie oft sind Sie selbst schon eingebrochen?

Ich habe drei Autos, ein Quad und zwei Großfahrzeuge versenkt. Das ist nicht so schlimm. Die Autos brechen nicht so schnell durch. Da kann man noch seine Sachen zusammensuchen und entweder seitlich oder hinten aussteigen. Gefährlicher ist es mit dem Großfahrzeug, das 2,5 Tonnen wiegt. Wenn ich sehe, das Eis bricht, muss ich sofort rausspringen. Das einzige Mal bin ich mit dem Quad im Wasser gelandet. Aber wir fischen alles wieder raus. Die Autos müssen wir dann verschrotten, aber wir fahren ohnehin nur mit alten, nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassenen Ford Fiestas. Die sind schön leicht und eignen sich besonders gut zum Schneeräumen auf dem Eis.

An Ruhestand denken Sie bisher nicht?

Nein, nicht solange ich keine Fehler mache im Erkennen und Einschätzen der Gefahren. Ich habe ja die Verantwortung für die vielen Tausend Wintersportler. Mein Sohn Bernhard wird mein Nachfolger. Der ist schon seit seiner Kindheit mit auf dem Eis. Aber zurzeit treffe ich noch die Entscheidungen. Das kann man nicht theoretisch lernen, das muss man über Jahre hinweg erleben.

Passiert viel, wenn so viele Leute auf dem Eis zusammenkommen?

Das Übliche. Die Leute fallen auf den Hinterkopf oder brechen sich die Hand, solche Sachen. Aber zum Glück nichts Schlimmeres.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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