Mitten in Absurdistan:Bikini-Pose an der Bushaltestelle

Poppige Farben in Uganda, chillende Hunde in München, Salz-Verbot in Buenos Aires und ratlose Scheibenputzerinnen in Berlin: SZ-Autoren berichten Kurioses aus aller Welt.

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Mitten in ... Mineo Das Auffanglager von Mineo in Ostsizilien liegt inmitten von Wiesen und Zitrusplantagen, der nächste Ort ist zehn Kilometer entfernt. 2000 Flüchtlinge, die nur mit ihren Kleidern am Leib die Überfahrt von Afrika nach Lampedusa geschafft haben, sind hier hergebracht worden. Nun heißt es warten: auf Papiere, auf Hilfsdienste, auf Anwälte, die bei Härtefällen beraten, oder darauf, dass endlich ein Busservice in den Ort eingerichtet wird. Einige Flüchtlinge vertreiben sich die Zeit vor dem Camp; auf dem Parkplatz bei den Journalisten, die ihnen Zigaretten zustecken. Plötzlich hält ein mit bunten Plakaten beklebter Kleinlaster; ein Mann steigt aus, lacht fröhlich und öffnet eine Luke: Gelato für ein Euro aufwärts. Er wird heute nichts verkaufen. "Italien kann so peinlich sein", stöhnt ein Dokumentarfilmer aus Padua, "es fehlt an allem, und wer kommt? Der Eisverkäufer!" Marten Rolff, SZ vom 30.4./1.5.2011

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(Foto: DPA)

Mitten in ... Helsinki Der Vater der drei kleinen Uhus, die Helsinki derzeit so begeistern, ist schon länger ein Star. Bubi heißt der Raubvogel. Er nistet seit ein paar Jahren auf einem Einkaufszentrum in der Innenstadt. 2007 flatterte Bubi einmal während eines EM-Qualifikationsspiels auf den Rasen des Fußballstadions - Finnland gewann 2:0. Daraufhin wurde Bubi zum "Stadtbürger des Jahres" gekürt. Jetzt hat er also Küken bekommen. Die lernen gerade fliegen, und dabei stürzen die Uhus immer mal wieder in der Einkaufsmeile von Helsinki ab. Rettungskräfte müssen sie dann ins Nest zurück bringen. Die Videos solcher Aktionen sind wahre Renner im Internet. Besonders beliebt ist der Film, auf dem ein Feuerwehrmann eines der Vögelchen von der Leuchtreklame einer Hähnchenbraterei rettet - das war nun wirklich ein gewagter Landeplatz. Gunnar Herrmann, SZ vom 30.4./1.5.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... Cuenca Meerschweinchen haben es nicht leicht in Ecuador. Man hat sie nicht lieb, sondern züchtet sie zu einem einzigen Zweck: aufspießen, grillen und verzehren. Neuerdings geht der Missbrauch toter Meerschweinchen noch weiter: In den Bäuchen von zehn gebratenen Nagern, die per Paketpost von der Universitätsstadt Cuenca nach New York verschickt werden sollten, fand die Drogenpolizei bei einer Routinekontrolle anderthalb Kilo Kokain und Heroin - in flüssiger Form in Kondomen verstaut. Eine scheinbar unauffällige Methode, denn es ist in Ecuador üblich, Emigranten ihre Lieblingsspeisen ins Ausland zu schicken. Leider ist es auch üblich, viel Phantasie in den Transport von Drogen zu investieren: Weil Verstecke wie Kaffeesäcke, menschliche Mägen und Mini-U-Boote bald ausgereizt sind, muss nun das Cuy als Drogenkurier herhalten; eine Schweinerei mehr. Antje Weber, SZ vom 30.4./1.5.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... Bangkok Am Pool eines Businesshotels sitzt eine junge Frau aus Deutschland im Bikini und blättert in einem Magazin. Auf der anderen Beckenseite steht eine Gruppe junger Männer aus Pakistan in Anzughosen, karierten Oberhemden und mit Konferenzunterlagen eines großen Chemiekonzerns unterm Arm. Die Männer nähern sich der Frau, einer tritt mit einer Kamera auf sie zu, fragt: "Foto?" Die Frau springt hilfsbereit auf und möchte Pakistaner vor Palmen knipsen, doch der junge Mann stellt sich neben sie, gibt die Kamera seinem Kollegen, klick, schon ist das ungleiche Paar abgelichtet. Die Bikiniträgerin lässt es resigniert zu. Sie hat Verständnis für die Männer. Schließlich stand sie zuletzt mit der gleichen Faszination neben einem thailändischen Elefanten und schickte das gemeinsame Bild per MMS nach Deutschland: "Sieh mal, was es hier alles gibt." Judith Liere, SZ vom 16./17.4.2011

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(Foto: oh)

Mitten in ... Spanien Der Beitrag der Baleareninsel Menorca zur politischen Debatte Spaniens war zuletzt überschaubar. Bis eine Frau namens Soledad Sánchez, 29, von sich reden machte - aus Anlass des Bürgermeisterwahlkampfs im Örtchen Ciutadella. "Junge Leute scheren sich nicht um Programme", gab Sánchez zu Protokoll, aus Erklärungsnot. Diese war entstanden, weil sich die Spitzenkandidatin der winzigen "Demokratischen Partei" für ein Wahlplakat mit entblößtem Oberkörper hatte abbilden lassen - und das Foto (das Original ist unzensiert) mit einem griffigen Wahlkampfmotto verzieren ließ: "Zwei große Argumente". Die Mitbewerber der Republikanischen Linken sorgten für ein Verbot, "wegen sexistischen Missbrauchs eines Frauenkörpers für unangemessene Zwecke". Sánchez ist empört: "Ich mache mit meinen Brüsten, was ich will." Javier Cáceres, SZ vom 16./17.4.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... New York Dass man nicht ewig Mittelpunkt des Universums sein kann, hatte man in New York schon widerwillig akzeptiert. Aber den einen oder anderen Trumpf besaß die Stadt ja noch. Umso härter ist es, wie die Post nun mit New Yorks Wahrzeichen umgesprungen ist. Für eine Briefmarke, die den Kopf der Freiheitsstatue zeigt, schickte man nicht etwa einen Fotografen auf Liberty Island. Nein, man suchte sich schnell ein Agenturbild. Dumm nur, dass es in Las Vegas gemacht wurde, vor dem Kasino "New York-New York", wo eine Billigreplik von Lady Liberty über die Spieler wacht. Dabei hätte schon der tiefblaue Wüstenhimmel auffallen müssen, erst recht aber die schwarz bemalten Flecken, die die Fenster des Originals darstellen sollen. Die Post steht hinter ihrem Denkmalsfrevel: "Das Foto hätten wir auch gewählt, wenn wir gewusst hätten, woher es stammt." Jörg Häntzschel, SZ vom 16./17.4.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... Van Die Fähre legt ab, die Party geht los: Auf dem Van-See im türkischen Grenzgebiet kurz vor Iran dreht der bordeigene Kioskbetreiber die Arab-Beats auf, die Menge - fast ausschließlich Iraner auf dem Rückweg in ihre Heimat - johlt und tanzt. Die Hemden der älteren Frauen rutschen nach oben, die Ausschnitte der Jüngeren nach unten. Der schwule Iraner hat seinen Spaß. Während drinnen die Hüften kreisen, rezitieren einige Alte draußen auf Deck Volksreime. Sie sagen, es sei eine Stimmung "wie früher": vor Ahmadinedschad, vor dem Regime der Revolutionswächter. Dann ist das Ufer von Van erreicht, im Zug geht es weiter. Teheran ist noch 1000 Kilometer entfernt, doch die Grenze nah. Der Gesang verstummt, die Frauen binden sich Tücher um den Kopf. Haare zu, Party tot. "Willkommen in Iran", grummelt der Grenzbeamte. Frederik Obermaier, SZ vom 16./17.4.2011

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(Foto: oh)

Mitten in ... London Man könnte sagen, dass englische Prinzen wie englische Kathedralen sind: Hat man eine(n) gesehen, hat man alle gesehen. Aber das stimmt schon deshalb nicht, weil es weniger Prinzen gibt als Kirchen, und nur zwei im heiratsfähigen Alter sind. Einer schließt bald den Bund fürs Leben, weshalb sein Antlitz auf allen möglichen bedruckbaren Oberflächen prangt. Man kann natürlich der Meinung sein, dass nicht William, sondern Harry der rechte Mann sei für die süße Kate. Aber dafür ist es jetzt zu spät. Deshalb bleibt es rätselhaft, weshalb die chinesische Firma Guangdong den Kopf des rothaarigen jüngeren Prinzen auf die Souvenirtasse zur Royal Wedding ("Die märchenhaft romantische Vereinigung aller Jahrhunderte") applizierte. Es sei denn, man dächte schon an eine Sotheby-Auktion im Jahr 2050: Fehlfarben und Druckfehler steigen immer im Wert. Wolfgang Koydl, SZ vom 11.4.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... Koh Rong Samloen So könnte es aussehen, das Paradies: der Strand weiß, das Wasser türkis, die Bucht geformt wie ein Herz. Die Insel Koh Rong Samloen vor Kambodscha ist ein sehr abgelegener Ort fast ohne Touristen, nur vier kleine Bungalows stehen unter Palmen. Allein ein paar Einheimische scheinen hier zu sein, aus Bambusholz haben sie eine Bar gezimmert. Sogar eine Speisekarte gibt es, "Asian Food" steht darauf. Bei Frühlingsrollen und Meeresfrüchten aber bleibt es nicht, im Angebot sind außerdem: Bratwurst mit Sauerkraut und Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat. Die Kambodschaner lächeln. In dem Moment kommt ein Mann um die Ecke, schütteres graues Haar, das Unterhemd spannt am Bauch. Der Besitzer der Bungalows ist Deutscher, er stammt aus Dingolfing bei München. "Servus Burschen", sind seine ersten Worte, "mögt's a Bier?" Florian Fuchs, SZ vom 11.4.2011

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(Foto: Stephan Rumpf)

Mitten in ... München Der Lastwagenfahrer hat auf der Straße gehalten, so, dass niemand mehr durchkommt. Dann steigt er aus und steuert mit einem wandteppichgroßen Stadtplan auf die Passantin zu. "Schlachthof!", sagt er. Die Passantin nickt. Sie zeigt die Straße entlang und sagt: "Sie fahren über die Isar und ..." - "Isar?" - "Der Fluss." - "Fluss??" - "Die Isar ist der Fluss." Der Fahrer wedelt mit dem wandteppichgroßen Plan. "Schlachthof!!", beharrt er. Die Passantin sagt: "Ja, Sie fahren über die Isar und ..." Der Lastwagenfahrer ruft: "Schlachthof!!!" - "Sie fahren über die Isar und ..." - "Schlachthof!!!!" Die beiden sehen einander an. "Sie fahren über die Isar, den Fluss", setzt die Passantin noch einmal sehr geduldig an. Der Lastwagenfahrer lässt sie einfach stehen. Frauen, so sagt sein Kopfschütteln: schwer von Begriff und keine Ahnung. Christian Zaschke, SZ vom 12.4.2011

Mitten in ... Budapest Zwei Touristengruppen begegnen einander auf der Kettenbrücke über die Donau. Hier, wo der große Strom die Stadt teilt, ist der Blick auf Budapest besonders beeindruckend. Eines der Trüppchen kommt aus der Slowakei. Sein Anführer weist mit großer Geste auf die Paläste der Budaer Burg und die Prachtbauten des Pester Ufers. "Wie in Wien die Ziegelböhmen die Ringstraße gebaut haben", trompetet er, "so haben wir Slowaken hier all diese Pracht mit eigenen Händen errichtet, als wir noch Ungarn untertan waren. Und niemand hat es uns gedankt!" Die zweite Gruppe, durchwegs Ungarn, ist verwundert und entzückt über das Pathos des Redners - und applaudiert. Sie haben kein Wort verstanden, halten den Furor der Schimpfenden für Begeisterung für ihre Hauptstadt. So fördert, was ganz anders gemeint ist, am Ende die Völkerverständigung. Michael Frank, SZ vom 11.4.2011

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(Foto: AP)

Mitten in ... Buenos Aires Reisender, willst du Buenos Aires verlassen, dann brauchst du Geduld. Vor allem am Stadtflughafen Aeroparque. Die Flugzeiten sind dort bloß Richtwerte, besonders bei der Staatslinie Aerolineas Argentinas. Nach einem weiteren Tag voller gestrichener und absurd verspäteter Flüge kam es kürzlich wieder zu meutereiähnlichen Zuständen, ehe eine Frau mit schwarzem Kopftuch und Sonnenbrille ans Mikrofon eines Schalters trat und sang: "Girls just wanna have fun." Es war tatsächlich Cyndi Lauper, die Erfinderin des Liedes. Auch sie steckte fest. Da waren die Gestrandeten gleich gut gelaunt und tanzten und sangen mit. Mitsingen ist eine argentinische Spezialität, weshalb viele Bands gerne live am Rio de la Plata aufnehmen. Derzeit ist U2 zu Gast. Hoffentlich geht alles klar, wenn die Iren am Sonntag abreisen. Sonst: Sunday, bloody sunday! Peter Burghardt, SZ vom 2./3.4.2011

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(Foto: ddp)

Mitten in ... Budapest Auf eine Gulaschsuppe in die Markthalle mitten in Budapest. In dem pittoresken Konsumpalast am Fuße der Touristenmeile, wo sich Würste, Paprika und saures Kraut in allen Variationen zu Bergen türmen, gibt es auch vielerlei Köstlichkeiten zum sofortigen Verspeisen. Zwei spätblonde, wuchtige Damen betreiben ihren Imbissstand oben auf der Galerie. Beide sind unentwegt aufgefordert, Fotos zu machen: Touristen beim Pörkölt, Touristen vor folkloristischem Plunder, der hier verkauft wird, Touristen vor den imposanten Eisenverstrebungen der Halle. "Wir kennen alle Kameras auf der ganzen Welt; und alle Handys, die knipsen können", sagt die eine. Manchen müsse man ihr Gerät erst einmal richtig erklären, besonders den Weißabgleich älterer Modelle. Wer also seinen Fotoapparat richtig kennenlernen will, geht in Budapest am besten auf eine Gulaschsuppe. Michael Frank, SZ vom 2./3.4.2011

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(Foto: AP)

Mitten in ... Costa Mesa Neulich war ich in der South Coast Plaza von Costa Mesa verabredet, einem Vorort im Süden von Los Angeles. Das Einkaufszentrum ist ein Schrein des Kommerzes: plätschernde Wasserfälle, künstliche Himmel, auf denen Schweinwerfer weiße Sterne kreisen lassen, mehr als 250 Läden mit edelsten Marken, von Armani bis Prada. Die Geschäfte gehen gut, Krise hin, Krise her: 1,5 Milliarden Dollar Einnahmen pro Jahr. Das macht South Coast Plaza zur umsatzstärksten Mall der USA. Steuern zahlen die Luxusboutiquen aber nicht reichlich: Die Stadt Costa Mesa ist pleite und will fast die Hälfte ihrer 450 Angestellten feuern. Einer von ihnen kam mit dem Verlust der Arbeitsstelle nicht klar. Der 29-jährige Huy Pham stürzte sich vom Dach des Rathauses. Er ist tot. An Steuererhöhungen für die Nobelläden in der South Coast Plaza hat in Costa Mesa niemand gedacht. Reymer Klüver, SZ vom 2./3.4.2011

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(Foto: lkn)

Mitten in ... Garching Am Forschungsreaktor in Garching hatten sie diese Woche Gäste aus Japan. Darum läuft an einem sonnigen Vormittag eine Frau mit einem Geigerzähler die Stationen der Besucher ab. An der Pförtnerloge legt sie ihn auf den Tisch und schiebt ihn hin und her, als sei er ein Bügeleisen. Stets zeigt die Anzeige um die 15 Zählimpulse pro Sekunde. "Die stammen aus den Bodenplatten aus Granit, das ist normal", sagt die Frau. Jede Sekunde sind in dem Gestein also so viele Atome zerfallen, dass 15 geladene Teilchen eine Fläche von der Größe eines DIN-A5-Blattes durchdringen. "Wenn hier etwas von den Japanern wäre, müssten die Werte mindestens doppelt so hoch sein", sagt die Frau. Dann setzt sie die Schutzkappe auf ihr Instrument und zieht weiter. Im Ausweisbüro haben sich die Gäste aus Fernost bestimmt länger aufgehalten. Christopher Schrader, SZ vom 2./3.4.2011

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Mitten in ... Hamburg Eigentlich hatte Kiki sich immer für eine Frau mit Erfahrung gehalten. Sie betreut die Toiletten in einem schicken Hamburger Hotel. Wenn zwei Frauen zusammen aufs Klo gehen, dann weiß sie: Die reden über Gucci oder Männer. Und wenn zwei Männer zusammen aufs Klo gehen, dann hat sich Kiki bisher ihren Teil gedacht. Aber da habe sie falsch gedacht, sagt sie. Gerade waren wieder zwei da. Kaschmirmantel und so. Anwälte, Kiki erkennt so was. Die also rein in die Kabine, wurschteln rum, und wieder raus. Kiki ist dann selbst rein - Hygiene-Check. Sie hat sich noch über die Scheuersandlinien auf der Brille gewundert und rübergewischt. Da kamen die Männer schon wieder, nun zu dritt. Rein in die Kabine und wieder raus. "Hast du saubergemacht?" "Klar", hat Kiki geantwortet. "Mensch Mutti, sag uns doch Bescheid, bevor du Koks für 300 Euro im Klo runterspülst." Marten Rolff, SZ vom 26./27.3.2011

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(Foto: iStock)

Mitten in ... Wien Es ist ein permanentes Hupen und Schimpfen vor der Würstelbude hinter der Staatsoper. Fußgänger beklagen sich über Autofahrer, Autofahrer beklagen sich über Fußgänger, ein Busfahrer lässt Touristen aussteigen, ein Fahrradbote prallt fast mit einem Lieferwagen zusammen, weil der einem Fiaker ausweichen muss. Ja, herrscht denn nur noch Hektik in dieser Welt? Kann man nicht mal in Ruhe einen Käsekrainer essen? Dann, plötzlich, ist die Zauberflöten-Schulvorstellung aus, die Oper öffnet ihre Türen und Tausende fröhliche Schüler quellen aus dem Gebäude, fluten Bürgersteige und Verkehrswege. Kreuz und quer rennen sie unter den verzweifelten Blicken ihrer Lehrer über die Straße, lachen, scherzen, schreien. Niemand schimpft mehr, niemand hupt, alles steht still. In diesem Meer des Glücks wird der eigene Wahnsinn erst richtig deutlich. Martin Zips, SZ vom 26./27.3.2011

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(Foto: dpa)

Mitten in ... Berlin Noch eine halbe Stunde bis Abflug und an der Sicherheitsschleuse eine lange Schlange. Eine Gruppe dunkelblauer Anzüge ist auf wichtiger Mission. Zielsicher marschiert sie an den Wartenden vorbei. "Hey!" Unmissverständlich meldet ein grauer Anzug Widerspruch an. Fünf Meter vor dem Anführer der Blauen baut er sich auf. Konzentriert, ohne eine Miene zu verziehen, blicken die beiden Kontrahenten sich tief in die Augen. Die Umstehenden verstummen, ihre Bewegungen gefrieren. Gebannt beobachten sie das Duell. Zehn Sekunden dauert es, zwanzig Sekunden, keiner regt sich. In der Ferne bellt ein Hund, aber vielleicht bildet man sich das nur ein. Dreißig Sekunden. Kaum merklich zuckt ein Muskel in der Stirn des Blauen. Keine Sicherheitsleute zu sehen. Da schlägt er die Augen nieder. Die blauen Anzüge reihen sich ganz hinten ein. Malte Conradi, SZ vom 26./27.3.2011

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