Frankreich:Klare Kante

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In Frankreichs Jura-Naturpark sind die Winter hart. Kein Wunder, dass von hier ein bedeutender Polarforscher kommt - und nun ein neues Polarzentrum eröffnet.

Von Birgit Lutz

Der Reisebus schlingert, bremst und landet in der Leitplanke. Ihm folgen ein weiterer Bus und mehrere Autos. Die eisgepanzerte Straße von Les Rousses nach Prémanon auf dem Hochplateau des Naturparks Haut-Jura verschwindet in Schneewehen. Wenn man sich bisher fragte, warum in dieser eigentlich sehr liebreizenden Gegend ein Polarzentrum errichtet wird, so hat man schon bei der Anreise eine Antwort, denn von lieblich bis polar ist es in diesen Tagen in Les Rousses, kaum eine Autostunde von Genf entfernt, nicht weit.

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(Foto: L'Espace des Mondes Polaires)

Auf dünner werdendem Eis: Der polaren Tierwelt ist ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet.

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(Foto: L'Espace des Mondes Polaires)

Die Architekten Gilles Reichardt und Gilles Ferreux haben das Polarzentrum in Anlehnung an polare Forschungsstationen so geplant, dass es wenig Emissionen verursacht.

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(Foto: L'Espace des Mondes Polaires)

Eine klassische Eisbahn ist schon geöffnet. Besucher können ihre Kreise ziehen, während an die Wände Filme aus eisigen Regionen projiziert werden.

In dieser Gegend ist der große französische Polarforscher Paul-Emile Victor aufgewachsen. 1907 geboren, träumte er schon als Kind davon, unter den Inuit zu leben. Er schaffte dies dank viel Hartnäckigkeit und weil der Polarforscher Jean-Baptiste Charcot ihn auf seine letzte Reise nach Ostgrönland mitnahm. Victor blieb ein Jahr in Ammassalik, später durchquerte er das grönländische Inlandeis und überwinterte in einem Dorf mit 15 Einwohnern. Dabei sollte es nicht bleiben. Victor wurde zum Gründer der modernen französischen Polarforschung, weswegen heute auch das Französische Polarinstitut IPEV in Brest nach ihm benannt ist.

Ihm zu Ehren gab es in Prémanon schon lange ein Museum, in einem Holzgebäude. Das neue Zentrum "L'Espace des Mondes Polaires" macht nun einen großen Schritt weiter. Es geht dort nicht mehr nur um Victor, sondern ums große polare Ganze. Eiskantig ragt das Zentrum in dem kleinen Ort auf - das Gebäude soll aussehen, als sei es eben erst aus einem gewaltigen Gletscher gebrochen. Die Architekten Gilles Reichardt und Gilles Ferreux, beide aus dem Jura, haben es zudem in Anlehnung an polare Forschungsstationen so geplant, dass es wenig Emissionen verursacht, was auch gut zu Les Rousses passt, der als erster der französischen Skiorte ein grünes Gütesiegel bekommen hat und sich zu Recht "natürliches Bergdorf" nennt. Die an französischen Wintersportzielen verbreiteten riesigen Hotelbauten gibt es hier nicht, es ist alles überaus sympathisch klein geblieben, von den Skigebieten bis zu den Herbergen. Die charmanten Holzhäuser sind keine neuen, auf Almchic getrimmten Touristenbehausungen, die Häuser sind tatsächlich alt, und es leben tatsächlich noch Menschen darin.

Projizierte Filme erwecken den Eindruck, die Besucher liefen über ewiges Eis

Das Polarzentrum sticht hier optisch ziemlich heraus. Im Inneren ist es noch eine Baustelle, doch es lässt sich jetzt schon erahnen, dass man viel Zeit in der Schau wird verbringen können. Die permanente Ausstellung auf 650 Quadratmetern ist gestaltet wie ein auseinandergebrochener Eisberg, enorme weiße Themenblöcke sind wie große Eisschollen in dem gänzlich weißen Raum verteilt. Sie reichen von Flora und Fauna über die Erklärung von Meereis und Gletschern bis hin zu der Bevölkerung der Polarregionen. Temporäre Ausstellungen, ein Programm für Schulen, Veranstaltungen wie die "Woche des polaren Buchs" sollen das Zentrum künftig zusätzlich beleben, genauso wie eine klassische Eisbahn, die derzeit schon geöffnet ist. Besucher können auch ohne Museumseintritt Schlittschuhe ausleihen und ihre Kreise ziehen, während an die Wände Filme aus eisigen Regionen projiziert werden - damit der Eindruck entsteht, selbst über das ewige Eis zu laufen, wie einst Polarforscher Paul-Emil Victor. Ihm hätte das hier sicher gefallen.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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