Die Sundarbans:Heimat des bengalischen Tigers

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In den unwirtlichen Sümpfen am Golf von Bengalen lebt die größte Tigerpopulation der Welt. Von einem Schiff aus können Touristen die Raubkatzen beobachten.

Von oben sieht Bangladesch aus wie ein etwas trüber Spiegel, über den ein Netz gezogen wurde: Immer wieder stehen kleine Dämme zwischen den Reisfeldern. Die Sundarbans im Delta von Ganges und Brahmaputra ist der den größten zusammenhängenden Mangrovenwald der Erde.

Das 10.000 Quadratkilometer große Gebiet an der Grenze zu Indien ist der letzte zusammenhängende große Lebensraum des bengalischen Tigers. Nach dem Flug von der Hauptstadt Dhaka nach Jessore reisen die Touristen per Minibus weiter.

Bangladesch ist der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Erde: Auf einem Gebiet von der doppelten Größe Bayerns leben rund 140 Millionen Menschen. Es ist, als fahre der Bus durch eine einzige Ortschaft.

Lehmhütten und Backsteinhäuser reihen sich aneinander. Aus manchen blitzt bläulich gleißend Licht von Schweißgeräten, nebenan praktizieren Ärzte hinter weißen Vorhängen. Davor, dahinter und eigentlich überall wuseln Menschen - und das kann nur die Hälfte sein, denn zu sehen sind fast nur Männer.

Auf dem Boot wird es ruhiger. Ein paar Fischerdörfer noch, dann ist nur noch Wald zu sehen. Die "ML Bonbibi" wurde eigens für Touren in die Sundarbans gebaut. Zwölf Gäste haben auf dem Schiff Platz. Insgesamt rund 10.000 Besucher kommen pro Jahr auf die bengalische Seite der Sundarbans, schätzt Elisabeth Fahrni Mansur.

Schwieriges Tigerzählen

Die 31-Jährige aus der Schweiz arbeitet als "Nature Guide" in den Sundarbans. Dieser Name setzt sich zusammen aus "Sundori" (schön) und "bon" (Wald).

Auf der bengalischen Seite des Deltas leben etwas mehr als 300 Tiger, auf der indischen Seite sind es nochmal so viele. Tiger zählen ist aber gar nicht so einfach, erzählt Fahrni: "Man kann Fußabdrücke sammeln - doch die sind je nach Untergrund von unterschiedlicher Qualität, so dass es zu Verwechslungen kommen kann."

Es bringe mehr, Kamerafallen aufzustellen: Anhand des Fellmusters sind die Tiere dann zu identifizieren. Diese Technik ist jedoch teuer und aufwändig.

Mit einem kleinen Ruderboot treiben die Touristen frühmorgens durch die Seitenarme des Flusses, mucksmäuschenstill, um bloß kein scheues Tier zu vertreiben. Ab und zu ruft ein Vogel, sonst herrscht geradezu heilige Stille. Rehe, Wildschweine und viele verschiedene Vögel sind zu sehen - und tatsächlich einige Fußabdrücke von Tigern.

Auf dem Rückweg nach Khulna schaut Elisabeth Fahrni nach Delfinen. Die zeigen sich viel öfter als Tiger. Fahrni und der Kapitän notieren jedes Tier für ein Forschungsprojekt. "Diese Tiere sind wichtige Indikatoren für den Salzgehalt in den Flüssen. Ihre saisonale Verteilung gibt Auskunft über den Status des Ökosystems", sagt sie.

Überfischung droht

Doch die Natur ist auch hier bedroht: Die Gefahr sind die Netze, mit denen die Fischer Crevettenlarven aus dem Wasser fischen, um sie an Shrimpfarmen zu verkaufen. Nach Textilien sind Shrimps inzwischen das zweitwichtigste Ausfuhrprodukt Bangladeschs.

Mit jeder Larve werden etwa 1600 andere Kleintiere aus dem Wasser geholt, sagt Fahrni - damit fehlt anderen Tieren das Futter, und der Fischbestand sinkt. "Die Leute sind sich bewusst, dass sie ihre eigene Lebensgrundlage zerstören. Aber sie haben keine anderen Einkommensquellen".

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