Wolfgang Schäuble:Die Kehrseite korrekter Abgasmessungen

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Das Finanzministerium löst ungewollt eine Diskussion über eine - zumindest gefühlte - Erhöhung der Kfz-Steuer aus.

Von Cerstin Gammelin

Deutschland und Umweltschutz, das ist seit jeher ein großes Ja, aber. Wohlwollend werden ehrgeizige Klimabeschlüsse begrüßt, aber konkrete Auswirkungen im Alltag sollten sie möglichst nicht haben. Besonders nicht, wenn es um das gefühlte Grundrecht geht, preiswert Auto zu fahren. Und selbstverständlich gleich gar nicht im Wahlkampf.

Die Zwänge sind bekannt. Umso größer dürfte jetzt der Ärger im Bundesfinanzministerium sein, recht ungeschickt eine Diskussion über höhere Kfz-Steuern ausgelöst zu haben. Anlass ist das Gesetz zur Neuberechnung der Kfz-Steuer, das unter anderem vorsieht, auch in Deutschland mittels einer weltweit harmonisierten Testprozedur die tatsächlichen Abgasemissionen leichter Kraftfahrzeuge zu ermitteln. Zur Erinnerung: Bisher hatten diverse Autohersteller, allen voran Volkswagen, die Abgasmessungen im Labor manipuliert oder zu niedrige Werte angegeben. Damit wurde klar, dass die Fahrzeuge deutlich umweltschädlicher waren als behauptet. Was zwangsläufig zu der Forderung führte, die tatsächlichen Abgaswerte zu ermitteln.

In Rekordzeit wurde auf EU-Ebene eine entsprechende Verordnung verabschiedet. Von Mai an müsste sie auch in Deutschland gelten. Wird sie aber nicht. Weil das CDU-geführte Finanzministerium verhindern will, dass ausgerechnet im Wahljahr gefühlt die Kfz-Steuer steigt. Schließlich hat die Union jegliche Steuererhöhungen ausgeschlossen. Und den Umfaller will die CDU nicht geben.

Denn die Kehrseite der korrekten Messungen ist, dass der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) nachweislich höher ist als von den Herstellern angegeben. Und weil der CO2-Ausstoß in die Berechnung der Kfz-Steuer fließt, dürfte diese bei der Zulassung neuer Fahrzeuge höher ausfallen - ohne dass der Steuersatz steigt. Die Fahrzeuge rutschen schlicht ein, zwei Klassen höher. Schäuble hatte schon eine Tabelle mit Mehreinnahmen vorgelegt. Diese ist wieder verschwunden. Weil, wie das Ministerium versichert, die Messwerte doch noch nicht absehbar sind.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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