Wirtschaft:Europäischer Stahlkonzern entsteht, 4000 Jobs fallen weg

Lesezeit: 2 min

Thyssen-Krupp und der indische Konzern Tata Steel wollen ihre Tochterfirmen fusionieren. Das Management verspricht, 48 000 Stellen zu sichern.

Von Caspar Busse und Benedikt Müller, Essen/München

Das deutsche Traditionsunternehmen Thyssen-Krupp und der indische Tata-Konzern wollen trotz großer Widerstände ihre Stahlproduktion zusammenlegen. Sie planen ein europäisches Gemeinschaftsunternehmen mit etwa 15 Milliarden Euro Umsatz und 48 000 Mitarbeitern und haben dazu eine Grundsatzvereinbarung geschlossen, teilten beide Unternehmen mit. Bis Anfang 2018 sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Das neue Unternehmen, das Thyssen-Krupp Tata Steel heißen und nach Arcelor-Mittal die Nummer zwei in Europa sein soll, könnte dann Ende kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen. Der Sitz soll in den Niederlanden sein, an einem neutralen Ort.

Die Entscheidung sei eine Flucht nach vorne, sagte Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger: "Wir wollen vermeiden, dass sich die Stahlmannschaft zu Tode restrukturiert." Die europäische Stahlbranche leidet seit Langem unter Überkapazitäten, unter Billigimporten vor allem aus China und unter hohen Umweltauflagen. Seit zwei Jahren verhandeln deshalb Thyssen-Krupp und Tata miteinander. Insgesamt sollen nun zunächst 4000 Stellen wegfallen, etwa 2000 in der Verwaltung, weitere 2000 in der Stahlherstellung. Je die Hälfte entfalle auf Tata und auf Thyssen-Krupp. "Dies ist natürlich keine schöne Zahl", sagt Hiesinger. Wenn Thyssen-Krupp seine Stahltochter alleine weiterbetreibe, wären die Risiken für die Beschäftigten aber höher, warnte er. Dann könne das Stahlgeschäft nur mit immer neuen Sparrunden am Leben gehalten werden.

Die Beschäftigten und die Gewerkschaft IG Metall wehren sich gegen die Pläne und fordern Garantien für die deutschen Jobs. Am Freitag wollen sie in Bochum demonstrieren. Die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ist noch nicht sicher. "Einen Zusammenschluss um jeden Preis darf es nicht geben", sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Von den mehr als 300 000 Menschen, die in der europäischen Stahlbranche arbeiten, sind gut 80 000 in Deutschland beschäftigt, davon 25 000 bei Thyssen-Krupp.

Dem Vernehmen nach hat Konzernchef Hiesinger in den vergangenen Tagen und Wochen bereits bei Aktionären, Politikern und Arbeitnehmervertretern um Zustimmung für seine Pläne geworben. Die Krupp-Stiftung, mit 23 Prozent Großaktionär, unterstützt ihn. Die IG Metall fürchtet vor allem um die Mitbestimmung. Unklar ist auch, wie lange der Essener Konzern den 50-Prozent-Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen halten wird. Der Thyssen-Krupp-Aufsichtsrat, der zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist, diskutiert am Samstag erstmals die Pläne.

Für Thyssen-Krupp ist der Schritt radikal, denn das ehemalige Kerngeschäft wird so ausgegliedert. Thyssen und Krupp, selbst 1999 durch eine Fusion entstanden, sind einst mit dem Stahlgeschäft weltweit groß geworden. Künftig will sich der Konzern auf rentablere Bereiche wie Anlagen- und Aufzugbau, Autozulieferungen und Dienstleistungen konzentrieren.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: