Wirtschaft:EU verhängt Rekordstrafe gegen Lastwagen-Kartell

Lesezeit: 1 min

Vier große europäische Hersteller müssen zusammen fast drei Milliarden Euro zahlen. Die Münchner VW-Tochter MAN bleibt straffrei - sie profitiert von einer Kronzeugenregelung.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Wegen Preisabsprachen hat die EU-Kommission gegen die vier großen europäischen Lastwagen-Hersteller Daimler, Iveco, Volvo/Renault und DAF eine Rekord-Kartellstrafe in Höhe von 2,93 Milliarden Euro ausgesprochen. Allein Daimler muss eine Milliarde zahlen, während die Münchner VW-Tochter MAN, die das Kartell aufgedeckt hat, straffrei blieb. Das Verfahren gegen einen weiteren Beteiligten, die schwedische VW-Tochter Scania, ist noch nicht abgeschlossen.

Von 1997 bis 2011 sollen die Unternehmen regelmäßig ihre Werkspreise abgesprochen haben, sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Außerdem hätten sie sich auf einen Zeitplan zur Einführung abgasärmerer Motoren verständigt sowie auf die Kosten, die sie dafür an die Verbraucher weiterreichten. Mit der Strafe habe man ein "Ausrufezeichen" setzen wollen, so Vestager. "Unsere Botschaft ist klar: Kartelle haben in Europa keinen Platz." Durch die langjährigen Absprachen sei ein hoher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Die Betroffenen produzieren etwa 90 Prozent der 30 Millionen mittelschweren und schweren Lastwagen auf europäischen Straßen. Die Höhe der Strafen errechnet die Kommission aus dem weltweiten Umsatz der Unternehmen, der Dauer des Kartells und der Größe des betroffenen Marktes; eines der Unternehmen stieß erst vier Jahre nach der Gründung zu dem Kartell. Die Geldbuße ist doppelt so hoch wie eine 2012 verhängte EU-Kartellstrafe gegen Hersteller von Bildröhren für Fernseher und Computerbildschirme.

Strafmindernd wirkte sich für alle Hersteller aus, dass sie mit der Kommission kooperierten. Davon profitierte vor allem MAN, das laut Vestager einer Strafe von 1,2 Milliarden Euro entging. Volvo muss 40 Prozent weniger zahlen, Daimler 30 und Iveco zehn Prozent, weil sie bei den Ermittlungen halfen. Um weitere zehn Prozent wurde die Strafe gesenkt, weil die Unternehmen ihr Fehlverhalten eingeräumt und einem Vergleich zugestimmt hatten. Allerdings sind noch Schadenersatzklagen vor nationalen Gerichten möglich.

"Daimler bedauert diese Vorfälle und hat schon vor längerer Zeit die Konsequenzen daraus gezogen", betonte das Stuttgarter Unternehmen. Interne Kontrollen seien gestärkt worden, zudem würden Mitarbeiter "verstärkt regelmäßig und umfassend" zu Kartell- und Wettbewerbsfragen geschult. Zur Begleichung des Bußgelds hat das Unternehmen Rückstellungen gebildet. Das Geld fließt in den Haushalt der EU, sodass die Mitgliedstaaten weniger einzahlen müssen. MAN bestätigte, dass es die Kommission über das Kartell "in Kenntnis gesetzt hatte". Unlautere Geschäftspraktiken sowie gesetzes- oder regelwidriges Verhalten würden in der Firma nicht geduldet.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: