Wikileaks:Datenschutz? Kinderkram

Ein grobes Foul am CIA-Chef.

Von Tanjev Schultz

Wenn ein Geheimdienst im Privatleben der Bürger herumschnüffelt, ist es ein Skandal. Und wenn Wikileaks das macht? Die Enthüllungsplattform hat Mails aus dem privaten Postfach des CIA-Chefs John Brennan erlangt und veröffentlicht. Einige Informationen daraus sind von öffentlichem Interesse. Aber warum muss die ganze Welt erfahren, wer Brennans Freunde sind und welche Sozialversicherungsnummer seine Frau hat?

Im Kampf gegen die Machenschaften der US-Sicherheitsbehörden hat sich Wikileaks Verdienste erworben, nicht zuletzt durch Hilfe für den Whistleblower Edward Snowden. Die undifferenzierte Veröffentlichung der Brennan-Mails ist jedoch mehr als anrüchig. Das Prinzip totaler Transparenz widerspricht dem Datenschutz; der notwendige Widerstand gegen die Machtfülle der Geheimdienste kann keine Rechtfertigung dafür sein, ungefiltert alles aufzudecken, was man in die Finger bekommt.

Der CIA-Chef ist eine öffentliche Person und bestimmt kein Kind von Traurigkeit. Doch auch er und seine Familie haben ein Recht auf Privatsphäre. Wer nicht damit einverstanden ist, wie die Geheimdienste die globalen Kommunikationsströme anzapfen, muss wenigstens selbst sensibel mit Informationen umgehen. Wikileaks sollte sich nicht gebärden wie ein Geheimdienst, der Datenschutz für Kinderkram hält.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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