Weltstrafgericht:Kulturschänder legt Geständnis ab

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Vor dem Internationalen Strafgerichtshof gibt der Islamist zu, in Timbuktu Denkmäler zerstört zu haben. Die Anklage bezeichnet die Taten als "einen feigen Angriff auf Würde und Identität ganzer Völker".

Von Ronen Steinke, München

Zum ersten Mal hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Prozess wegen der Zerstörung von Weltkulturerbe eröffnet. Dabei hat der Angeklagte gleich zum Auftakt ein Geständnis abgelegt. Der 40-jährige malische Islamist Ahmad al-Faqi al-Mahdi gehörte der bewaffneten Gruppe an, die 2012 in die historische Stadt Timbuktu im Norden Malis einfiel. Die Anklage wirft ihm vor, die Zerstörung von neun historischen Mausoleen sowie der "heiligen Tür" der Sidi-Yahia-Moschee befohlen zu haben. Am Montag sagte al-Mahdi: "Ich bereue, was ich getan habe." Alle Anklagepunkte des Gerichts seien korrekt.

Es war das erste Mal, dass ein Angeklagter am Weltstrafgericht das Vorgeworfene gestanden hat. Gleichzeitig allerdings bemühte der malische Islamist sich, den Grund für seine zerstörerische Tat zu erklären. Schon zuvor hatte er mitgeteilt, er habe in Timbuktu nur die "Abdeckungen" der Mausoleen zerstört, um sie zu "befreien" und eine größere "Reinheit" herzustellen, weil er - wie ein großer Teil der Bevölkerung seines Landes Mali - glaube, dass die dort begrabenen islamischen Heiligen nicht angebetet werden sollten wie Gott. Die Stadt Timbuktu war im 15. und 16. Jahrhundert ein Zentrum islamischer Bildung. Der Kult um die dort begrabenen Gelehrten, die als Heilige verehrt werden, wird von streng sunnitischen Muslimen allerdings kritisiert.

"Letztlich geht es um zwei Weltsichten, die sich entgegenstehen", so hatte der Verteidiger al-Mahdis in Den Haag, Jean-Louis Gilissen, schon vorab erklärt - und damit den internationalen Anklägern die Frage entgegengehalten, wer sich anmaßen wolle zu entscheiden, wessen religiöse Sichtweise die richtige ist. "Es ist mein Glaube", so erklärte al-Mahdi am Montag, "dass man auf Gräbern nichts bauen sollte, und dass Grabsteine nicht mehr als ein Zoll über die Erde hinausragen sollten." Auf Videoaufnahmen, die im Gericht gezeigt und per Livestream weltweit übertragen wurden, sah man den Angeklagten, wie er 2012 auf historische Lehmbauten einhackte. "Wenn ein Grab höher ist als andere, muss es zu Boden gebracht werden", ruft er in einem Video.

Die Chefanklägerin des Haager Gerichtshofs, die Gambierin Fatou Bensouda, betonte die Schwere der Tat. Der Angeklagte habe ganz bewusst "leichte Ziele mit religiösem und historischem Charakter" ausgewählt, so der Vorwurf. Ein Ziel der Verwüstungen sei gewesen, die Menschen in der Region zu schockieren. Die Chefanklägerin nannte die Verwüstungen "einen feigen Angriff auf Würde und Identität ganzer Völker". Die Tat ist als ein spezieller Unterfall von Kriegsverbrechen angeklagt. Möglich ist eine Strafe von bis zu dreißig Jahren Haft.

Allerdings hat die Anklagebehörde in Den Haag bereits signalisiert, dass man infolge des Geständnisses von al-Mahdi für eine niedrigere Strafe zwischen neun und elf Jahren plädieren werde. Wie aus dem Gerichtshof verlautete, könnte der Prozess bereits in dieser Woche zum Abschluss kommen.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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