Noch vor Bekanntgabe der Endergebnisse der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung in Tunesien hat die gemäßigt islamistische Partei Ennahda Koalitionsgespräche aufgenommen. "Wir werden keine Partei, unabhängige Persönlichkeit oder soziale Bewegung ausschließen", sagte der Wahlkampfmanager von En-Nahda, Abdel Hamid Dschelassi. Seine Partei habe bereits ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet, das im November umgesetzt werden und sich den "drängenden Bedürfnissen des tunesischen Volkes" widmen soll.
Von den bisher ausgezählten 82 Sitzen in der Versammlung gehen 37 an die En-Nahda, wie die Wahlkommission mitteilte. Vorläufig zweitstärkste Kraft mit bisher 13 Sitzen war die Partei Kongress für die Republik des Menschenrechtsaktivisten Moncef Marzouki. Marzouki hatte in der Vergangenheit eine Koalition mit der En-Nahda nicht ausgeschlossen.
Proteste wegen angeblicher Wahlfälschung
Insgesamt sind für die neu gewählte Verfassungsgebende Versammlung 217 Sitze zu vergeben. Sie soll die Übergangsregierung bestimmen, eine Verfassung aufsetzen und den Weg zu regulären Wahlen ebnen.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Wahl vom Sonntag zog sich allerdings weiter hin. Vertreter der Wahlkommission machten das aufwändige Zählverfahren für die Verzögerung verantwortlich. "Der Mechanismus für die Stimmenzählung benötigt sehr viel Aufwand und Zeit, weil alle Stimmzettel eines Bezirks aus Sicherheitsgründen an einen Platz gebracht werden", sagte der Generalsekretär der Wahlkommission, Boubaker Bethabet.
Vor dem Konferenzsaal in Tunis, wo am Dienstagnachmittag Ergebnisse veröffentlicht wurden, protestierten etwa 200 Demonstranten gegen angeblichen Stimmenkauf durch die bei der Wahl erfolgreichen Parteien. Die Wahlkommission und internationale Wahlbeobachter haben hingegen nach eigenen Angaben keine Hinweise auf Wahlbetrug.