Wählergruppen:Wenn Riesen erwachen

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(Foto: N/A)

Sie wählen traditionell meist die Demokraten, in der Vergangenheit aber gingen viele Latinos nicht zur Wahl. Doch diesmal sind viele wütend auf Donald Trump. Das könnte am Dienstag den Ausschlag geben.

Von Sacha Batthyany

In einer Serie stellt die SZ vor der Wahl sechs verschiedene Wählergruppen vor: Weiße, Schwarze, Latinos, Asiaten, Frauen, Männer. Hier die letzte Folge:

Statistiker nennen die Gruppe der Latinos "den schlafenden Riesen". Zwar wird ihr Einfluss auf den Ausgang der Wahlen in den USA immer größer, und doch war es bislang schwierig, sie zu motivieren, überhaupt an Wahlen teilzunehmen. Als Barack Obama vor vier Jahren gegen Mitt Romney antrat, blieben 52 Prozent aller US-Bürger mit lateinamerikanischen Wurzeln zu Hause.

Das könnte sich diesmal ändern: Denn viele Latinos sind wütend, wütend auf Donald Trump. Als Mörder und Vergewaltiger hat der republikanische Kandidat sie beschimpft, hat mit der Mauer Wahlkampf gemacht, die er an der Grenze zu Mexiko errichten lassen will, vom Nachbarland bezahlt. In Rekordzahl haben sie bereits vorab ihre Stimmen abgegeben - für die Demokratin Hillary Clinton.

Obama gewann 70 Prozent der Latinos. Clinton könnte noch mehr schaffen

Die Latinos sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe Amerikas und stellen zwölf Prozent der registrierten Wähler. Insgesamt sind das 27,3 Millionen Menschen — vier Millionen mehr als im Jahr 2012. Damals gewann Barack Obama 70 Prozent aller Latinostimmen, und in diesem Jahr deutet alles darauf hin, dass Clinton das Resultat sogar übertreffen könnte.

"Viele Latinos sind jung und wählen zum ersten Mal. Sie kommen zwar aus unterschiedlichen Ländern und unterschiedlichen sozialen Milieus, und doch fühlen sich die meisten den Demokraten näher", sagt Mark Hugo Lopez vom Pew-Meinungsforschungszentrum, weil sich viele einen fürsorglicheren Staat wünschten und die Demokraten die entsprechenden Themen besetzt hätten: Erleichterungen bei der Einwanderung, höhere Mindestlöhne, eine bessere soziale Absicherung.

Donald Trump auf der anderen Seite, hat alles dafür getan, sich bei Latinos unbeliebt zu machen. Nicht nur, dass er im Vorwahlkampf Mexikaner summarisch schlechtmachte. Er kritisierte auch einen Richter für seine "mexikanischen Wurzeln" und sprach sogar noch in der letzten Fernsehdebatte Ende Oktober abschätzig von "bad hombres". Je nach Umfrage lehnen ihn 60 bis 70 Prozent der Latinos ab, das sind historische Negativwerte für einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten. "Sich mit dem schlafenden Riesen anzulegen", sagt der Statistiker Lopez, "war keine gute Idee."

Hillary Clinton wiederum genießt bei Latinos hohe Popularität. Sie gewann die Vorwahlen gegen Bernie Sanders in Staaten mit hoher Hispanic-Population - wobei sie wohl auch von ihrem Namen profitierte. Vor allem ältere Latinos verbinden mit der Amtszeit ihres Mannes Bill Jahre des wirtschaftlichen Aufschwungs. Clinton hat mit Tim Kaine zudem einen Vizepräsidenten ernannt, der fließend Spanisch spricht und gute Beziehungen zu Amerikanern mit lateinamerikanischen Wurzeln pflegt.

Mehr als die Hälfte aller Latinos lebt in Texas, Kalifornien und New York, Bundesstaaten, in denen ohnehin klare Mehrheiten erwartet werden. In Florida (22 Prozent Latinos) und Nevada (17 Prozent) allerdings könnte ihre Stimme den Ausschlag geben.

© SZ vom 08.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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