Volkswagen:30 000 VW-Mitarbeiter im Zwangsurlaub

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Bei VW steht die Produktion teilweise still. (Foto: dpa)

Der Autokonzern muss wegen des Lieferstreiks die Produktion der Modelle Golf und Passat stoppen. Bei neuen Verhandlungen zeichnet sich ein Ende des Konflikts ab: "Kurz vor der Ziellinie."

Von Michael Bauchmüller, Thomas Fromm und Klaus Ott, München

Der Produktionsstopp in mehreren VW-Werken wegen des Lieferstreiks zweier Autofirmen trifft inzwischen fast 30 000 Beschäftigte. Modelle wie Golf und Passat laufen nicht mehr vom Band. Sie gehören zu den wichtigsten Fahrzeugen von Volkswagen. Allein im VW-Stammwerk in Wolfsburg müssen 10 000 Mitarbeiter diese Woche Zwangsurlaub machen. In Emden haben seit vergangener Woche 7500 Beschäftigte nichts mehr zu tun.

Den Schaden für Volkswagen in diesem höchst ungewöhnlichen Konflikt schätzen Autoexperten und Bank-Analysten auf weit mehr als 100 Millionen Euro. Die beiden Firmen der Zuliefergruppe Prevent, die VW derzeit nicht mit Getriebeteilen und Sitzbezügen versorgen, schlossen vor einer neuen Verhandlungsrunde mit VW am Montag Schadenersatzzahlungen an den Autokonzern aber kategorisch aus. Falls VW eine Entschädigung für den Produktionsstopp verlange, wollten die Prevent-Firmen ihre Lieferstreiks fortsetzen.

Montagnacht sah es dann nach einer Einigung aus. "Wir sind kurz vor der Ziellinie", hieß es kurz vor Mitternacht aus Verhandlungskreisen. Ein Detail sei aber noch zu klären. Die beiden Zulieferer hatten für Verträge, die der Autokonzern einseitig gekündigt habe, 58 Millionen Euro von Volkswagen gefordert. Weil VW sich weigerte zu zahlen, begannen die beiden sächsischen Prevent-Firmen mit dem Lieferstreik. Damit hatte Volkswagen nicht gerechnet. Zulieferer scheuen meist davor zurück, sich mit den Autokonzernen anzulegen. Zu groß ist die Furcht, Aufträge zu verlieren. Für die aus Bosnien-Herzegowina stammende Familie Hastor, der die Prevent-Gruppe gehört, gilt das aber nicht.

"Die Hastors lassen sich so etwas nicht gefallen", heißt es aus ihrem Umfeld. VW habe Prevent nicht ernst genommen und dafür die Quittung bekommen. Bei Volkswagen wiederum wurde in den vergangenen Tagen das Verhalten des Zulieferers als "sittenwidrig" bezeichnet. Am Montag betonten beide Seiten aber, ernsthaft an einer Lösung zu arbeiten. VW ist vor allem auf Getriebeteile der Prevent-Firma ES Automobilguss aus Sachsen angewiesen.

Einen anderen Zulieferer aufzubauen, würde nach Einschätzung von Prevent-Kreisen viele Monate dauern. Das könne sich VW gar nicht leisten. Parallel zu den Verhandlungen hatte VW versucht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, von Gerichtsvollziehern die Teile abholen zu lassen. Die Prevent-Firmen wehrten sich gegen dieses Vorgehen von Volkswagen. Im Falle einer Einigung würde VW wieder beliefert werden und könnte die Produktion nach und nach wieder aufnehmen.

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Streit verursacht auch, ob VW Anspruch auf Kurzarbeitergeld des Staates hat. "Kurzarbeit ist keine Streikkasse für Unternehmen, die sich im Wirtschaftskampf befinden und eingegangene Verträge mutwillig nicht einhalten", rügt der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl Schiewerling. "Zwei streiten sich, und die Folgen tragen Dritte." VW hat für Emden Kurzarbeitergeld beantragt. Die SPD findet das richtig. Der Konflikt dürfe nicht auf Kosten der Beschäftigten ausgetragen werden, sagt die SPD-Politikerin Katja Mast.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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