Vier Tage vor Olympia-Beginn:Anschlag schürt Terror-Angst

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Zwei Angreifer haben in der chinesischen Provinz Xinjiang mit Sprengsätzen und Messern 16 Polizisten getötet. Die Staatsmedien verdächtigen muslimische Separatisten.

Von Henrik Bork, Peking

Vier Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking sind bei einem Anschlag in Westchina 16 Polizisten getötet worden. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, "Aufständische" hätten am Montag eine Grenzpolizeiwache nahe Kashgar in der Provinz Xinjiang attackiert.

Polizisten patrolieren nach dem Anschlag am Flughafen von Urumqi, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Xinjiang. (Foto: Foto: AFP)

Xinjiang ist die Heimat der Uiguren, einer muslimischen Minderheit, die sich von Peking unterdrückt fühlt. China hatte "uigurische Terroristen" mehrfach als "größte Bedrohung" für die Olympischen Spiele bezeichnet.

Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei den Tätern um zwei 28 und 33 Jahre alte Uiguren, meldete Xinhua. Die Angreifer seien mit einem Mülllaster in eine Gruppe von Polizisten gerast, die neben der Wache joggten. Dann seien sie von dem Laster gesprungen, hätten Sprengsätze geworfen und die Polizisten mit Messern attackiert. 14 Polizisten seien sofort tot gewesen, zwei weitere auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben; 16 wurden verletzt. Die Polizei nahm die Angreifer nach eigenen Angaben fest.

Der Anschlag, obwohl er sich 4800 Kilometer von Peking entfernt ereignete, hat Angst vor Terror während der Olympischen Spiele geweckt, die am 8. August beginnen. Kashgar ist eine Oasenstadt im äußersten Westen Chinas. Dort gibt es große Unzufriedenheit über die scharfe Kontrolle, die Peking über Moscheen und muslimische Geistliche ausübt. Viele Uiguren, Angehörige eines Turk-Volkes, fühlen sich gegenüber zugewanderten ethnischen Chinesen diskriminiert, die inzwischen etwa die Hälfte der 19 Millionen Einwohner Xinjiangs stellen.

Der Xinhua-Bericht legte nahe, es könne sich um eine Attacke der "Islamischen Bewegung für Ostturkestan" handeln. Die Gruppe habe laut Geheimdienstinformationen Anschläge "zwischen dem 1. und 8. August, kurz vor den Olympischen Spielen in Peking geplant", schreibt Xinhua. Zusammen mit tibetischen Unabhängigkeitskämpfern und der Sekte Falun Gong seien sie das "größte Sicherheitsproblem" während der Spiele.

China beschuldigt uigurische Separatisten, die für ein unabhängiges Ostturkestan kämpfen, seit Jahren systematisch des Terrorismus. Vergangenes Jahr will Peking ein "terroristisches Trainingscamp mit Verbindungen zu al-Qaida" ausgehoben und dabei 18 Menschen getötet haben. Zwischen 1990 und 2001 seien 162 Menschen durch uigurische "Terroranschläge" getötet worden, behauptet die kommunistische Führung.

Sicherheitsvorkehrungen verstärkt

Man sei sich momentan "noch nicht sicher", was den Anschlag in Xinjiang betreffe, zitierte Xinhua Sun Weide, Sprecher des chinesischen Olympia-Vorbereitungskomitees Bocog. "Wir haben die Sicherheitsvorkehrungen in allen olympischen Anlagen und im Olympischen Dorf verstärkt. Wir sind gut darauf vorbereitet, mit jeder Art von Bedrohung fertigzuwerden", sagte Sun laut Xinhua.

Menschenrechtler und Exil-Uiguren bezweifeln die häufigen Terroranschuldigungen gegen die Uiguren und werfen Peking vor, damit seine brutale Unterdrückung der Volksgruppe rechtfertigen zu wollen. Während der Vorbereitung der Olympischen Spiele hat China mehrmals neue Vorwürfe gegen "uigurische Terroristen" erhoben.

So will Peking nach eigenen Angaben im März einen Brandanschlag von Uiguren auf ein Passagierflugzeug vereitelt haben, das in Urumqi gestartet war, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang. Im April will man eine "terroristische Bande" verhaftet haben, die angeblich plante, "Journalisten, Besucher und Athleten während der Pekinger Olympischen Spiele zu kidnappen", wie ein Sprecher des chinesischen Polizeiministeriums damals sagte.

© SZ vom 05.08.2008/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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