Vergabeverfahren:Im Bewerbungs-Dschungel

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In Deutschland gibt es unterschiedliche Vergabeverfahren. Nicht immer ist nur die Abiturnote relevant.

Von Paul Munzinger

Wer sich den Einstieg ins Studentenleben möglichst einfach machen will, der sollte zum Beispiel nach Cottbus gehen. Zum soeben angelaufenen Wintersemester waren alle Studiengänge an der dortigen Technischen Universität zulassungsfrei, so hieß es auf der Homepage. So ganz stimmt das zwar nicht, im Studiengang Soziale Arbeit und im Master Biotechnologie gibt es einen Numerus clausus, also eine begrenzte Platzanzahl. Doch davon abgesehen hält die allgemeine Hochschulreife in Cottbus, was sie verspricht: Wer ein Abitur hat, kann sich in Physik, Maschinenbau oder BWL einschreiben. Der Platz ist ihm sicher.

An den meisten Hochschulen in Deutschland ist das anders. Mehr als 10 000 Studiengänge für Erstsemester wurden im Herbst bundesweit angeboten, auf einen Platz kommen im Schnitt fünf Bewerber. Etwa 40 Prozent der Studiengänge sind daher zulassungsbeschränkt, der Weg zum Studium führt hier über ein Auswahlverfahren. Die Quote ist seit Jahren relativ stabil, doch je nach Bundesland unterscheidet sie sich zum Teil erheblich. Nach einer Studie des Centrums für Hochschulforschung (CHE) gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nur für ein Fünftel der Studiengänge einen NC, in Hamburg dagegen sind es drei von vier.

Ein zentrales Verfahren mit bundesweit einheitlichen Regeln findet nur in vier Fächern statt: in Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie. Koordiniert wird es von der Stiftung für Hochschulzulassung. Ansonsten entscheiden die Unis, wie viele und welche Studenten sie aufnehmen. Besonders beliebt sind Plätze in Rechts-, Wirtschafts-, Gesellschafts- und Sozialwissenschaften.

Die Bewerber stehen einem wahren Dschungel unterschiedlicher Vergabeverfahren gegenüber. Nicht immer ist dabei allein die Abiturnote ausschlaggebend. Für die große Mehrheit der Studiengänge an der TU München etwa gilt: Bewerber müssen ein Eignungsfeststellungsverfahren durchlaufen. Dafür gibt es ein Punktesystem, das sich aus der Abiturnote und den Noten aus den Fächern zusammensetzt, die für das Studium relevant sind.

Damit ein Studienanwärter nicht zehn Bewerbungen an zehn Universitäten verschicken muss, bemüht sich die Stiftung für Hochschulzulassung seit 2012, Ordnung ins Chaos zu bringen. Das sogenannte Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) soll auch die örtlich zulassungsbeschränkten Fächer koordinieren. Doch Jahr für Jahr bleiben trotz Bewerberbooms Tausende Studienplätze unbesetzt. Einer der Gründe: Noch immer machen längst nicht alle Hochschulen beim DoSV mit. Bis zum Wintersemester 2018/19 sollten alle vertreten sein, doch der Termin wurde jüngst auf unbestimmte Zeit verschoben. Für ein Land, das sich als Bildungsrepublik bezeichne, sei das "kein Lorbeerblatt", heißt es aus dem Deutschen Studentenwerk.

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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