Vereitelter Anschlag:Lebenslange Haft für Abdulmutallab gefordert

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Gegen den mutmaßlichen Detroit-Attentäter ist Anklage erhoben worden. Derweil legt das Pentagon erschreckende Zahlen über rückfällige Guantanamo-Häftlinge vor.

Der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab ist jetzt offiziell wegen des versuchten Anschlags auf eine US-Passagiermaschine kurz vor der Landung in Detroit angeklagt worden.

Gegen Umar Farouk Abdulmutallab wird Anklage in sechs Punkten erhoben. (Foto: Foto: dpa)

Eine Grand Jury (Anklagekammer) entschied, dass sich der 23-Jährige in sechs Punkten vor Gericht verantworten soll, darunter versuchter Mord in 289 Fällen und versuchte Nutzung einer Massenvernichtungswaffe. Von Terrorismus ist in der siebenseitigen Anklageschrift gegen Umar Farouk Abdulmutallab nicht die Rede. Der Angeklagte sitzt derzeit in einem Bundesgefängnis in Milan im US-Staat Michigan in Untersuchungshaft. Ihm droht lebenslange Haft.

Sprengstoff in der Unterhose

Abdulmutallab hatte am ersten Weihnachtstag versucht, auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit eine Delta/Northwest-Maschine mit Sprengstoff in die Luft zu jagen, den er in seiner Unterwäsche an Bord geschmuggelt hatte. Der Anschlag war nur gescheitert, weil der von dem Attentäter gezündete Sprengsatz nicht funktionierte und Mitreisende Abdulmutallab überwältigten.

Die Anklage gegen Abdulmutallab wurde bei einem Bundesgericht in Detroit eingereicht. Abdulmutallab wird darin außerdem wegen vorsätzlichen Versuchs der Zerstörung eines Flugzeuges und wegen der gezielten Platzierung von Sprengstoff an Bord angeklagt. Tatbestand sei "Besitz und die Verwendung von Sprengstoff zwecks Begehens einer Gewalttat". Der Angeklagte habe "eine versteckte Bombe bei sich getragen", als er an Bord des Fluges 253 gegangen sei. Diese enthielt unter anderem den hochexplosiven Sprengstoff PETN. "Die Bombe sollte dem Angeklagten ermöglichen, sie zu einem Zeitpunkt seiner Wahl zu zünden und so eine Explosion zu verursachen", heißt es in der Anklageschrift.

Der Prozesstermin steht noch nicht fest. Zunächst stehen eine Reihe von gerichtlichen Anhörungen an, die erste davon voraussichtlich an diesem Freitag.

Debatte über Sicherheit

US-Justizminister Eric Holder sagte, die Ermittlungen gingen in schnellem Tempo voran. Sie seien global, dauerten an und hätten bereits wertvolle geheimdienstliche Erkenntnisse erbracht. Holder kündigte zugleich an: "Jeder, der sich als verantwortlich für diese Attacke herausstellt, wird mit jedem unserer Regierung zur Verfügung stehenden Mittel, militärisch oder zivilrechtlich, zur Verantwortung gezogen."

Der verhinderte Anschlag löste nicht nur in den USA eine Debatte über die Sicherheit im Luftverkehr aus. Allerdings sind die US-Geheimdienste besonders in die Kritik geraten, weil Abdulmutallab ihnen bekannt war. Präsident Barack Obama warf den Sicherheitsbehörden deshalb Versagen vor und stellte das bisherige System der Terrorabwehr auf den Prüfstand.

Grenzbehörde war informiert

Die US-Grenzbehörden waren nach einem Zeitungsbericht darüber informiert, dass der mutmaßliche Extremist auf dem Weg nach Detroit war. Wie die Los Angeles Times in ihrer Online-Ausgabe berichtete, entdeckten Beamte den Namen Abdulmutallabs auf einer Liste des Zoll- und Grenzschutzes, nachdem er an Bord der Maschine gegangen war. Sie hätten den jungen Mann erwartet, um ihn nach seiner Landung zu verhören.

Die Zeit, um einen mutmaßlich gefährlichen Passagier vor dem Boarding zu enttarnen, sei beschränkt, betonte ein ranghoher Vertreter des Heimatschutz-Ministeriums gegenüber der Zeitung. Eine eingehende Überprüfung beginne erst, wenn die Flugdaten vorlägen, also wenige Stunden vor dem Start. Wenn die Geheimdiensterkenntnisse über Abdulmutallab früher vorgelegen hätten, wäre er möglicherweise noch vor dem Abflug verhört worden, sagte der Beamte weiter.

Rückfallquote steigt stetig

Im Jemen soll der verhinderte Attentäter eine Terrorausbildung von al-Qaida erhalten haben. Einer der wahrscheinlichen Drahtzieher des versuchten Weihnachtsattentats, Said Ali Shahri, ist zweiter Mann von al-Qaida im Jemen. Er kam 2007 aus Guantanamo frei. Mindestens zwei weitere Männer in Top-Positionen bei dem Terror-Ableger im Jemen saßen ebenfalls dort ein.

Die Rückfallquote der freigelassenen Terrorverdächtigen aus dem Gefangenenlager auf Kuba steige stetig, sagte US-Ministeriumssprecher Geoff Morrell mit Hinweis auf einen neuen bislang geheimen Bericht. Immer mehr ehemalige Guantanamo-Häftlinge schließen sich demnach nach ihrer Entlassung aus dem Lager wieder dem bewaffneten Kampf an, wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte. Zahlen nannte Morrell nicht.

In ersten Berichten wurde die Rückfallquote mit elf Prozent angegeben. Bis April 2009 stieg sie offiziellen Angaben zufolge auf 14 Prozent. Morrell führt den fortgesetzten Anstieg darauf zurück, dass inzwischen die meisten der in dem umstrittenen US-Gefangenenlager auf Kuba inhaftierten Terrorverdächtigen freigelassen und abgeschoben worden sind und jetzt verstärkt die problematischsten Fälle bearbeitet werden.

Präsident Barack Obama hat nach Beratungen mit den Chefs der Geheimdienste seine Absicht bekräftigt, das Lager Guantanamo zu schließen. Der ursprüngliche Zeitplan, der eine Schließung bis Ende dieses Monats vorsah, ist allerdings nicht mehr einzuhalten.

Republikaner fordern Einsatz im Jemen

Eine Gruppe ranghoher Republikaner forderte US-Präsident Barack Obama derweil auf, die Hilfe für das jemenitische Militär aufzustocken. Offenkundig sei die jemenitische Regierung nicht fähig, einen Beitrag zur Sicherheit der US-Nation leisten zu können, erklärten die fünf Mitglieder des Repräsentantenhauses in einem veröffentlichten Brief an Obama. Die Armee des Jemen müsse daher gestärkt werden. Die jüngsten Ereignisse hätten gezeigt, dass der Jemen "unsere Unterstützung in Sicherheitsfragen" brauche, hieß es weiter.

© dpa/DAPD/AFP/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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