Vereinigte Staaten:Ein Lob für Bush

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Die frühere Außenministerin Hillary Clinton dominiert die TV-Debatte der US-Demokraten.

Von Matthias Kolb, Washington

Plötzlich wird es vor der letzten TV-Debatte der Demokraten des Jahres noch mal spannend. Das Magazin Politico spricht vom "Bürgerkrieg" zwischen Ex-Außenministerin Hillary Clinton und ihrem Rivalen Bernie Sanders. Was ist passiert? Die Aufregung war vor allem entstanden, weil ein Sanders-Mitarbeiter nach einer Technik-Panne plötzlich Zugang zu den Wählerdaten der Clinton-Organisation hatte. Er sicherte einige Informationen - und wurde deswegen am Freitag gefeuert. Anschließend beschimpften sich das Clinton- und Sanders-Lager sowie die Parteifunktionäre des Democratic National Committee (DNC) gegenseitig.

Doch gleich zu Beginn der TV-Debatte in New Hampshire räumt der Senator aus Vermont das Thema vom Tisch. Der Mitarbeiter habe einen Fehler gemacht. Und: "Ich entschuldige mich bei Hillary und bei meinen Anhängern, denn diese Art von Wahlkampf wollen wir nicht führen."

Es hilft nichts: Die frühere Außenministerin geht als klare Favoritin ins Wahlkampfjahr

Sanders giftet noch ein wenig gegen die DNC-Funktionäre, denen oft vorgeworfen wird, alles zu tun, um Clinton die Kandidatur zu sichern - etwa indem es nur sechs TV-Debatten gibt (die Republikaner haben zwölf). Drei davon finden samstags statt. Gewiss: An einem Dienstag- oder Mittwochabend sind mehr US-Bürger bereit, sich einen politischen Schlagabtausch anzusehen als am letzten Wochenende vor Weihnachten. Doch das ändert nichts an der Ausgangslage: Clinton geht als große Favoritin ins Wahlkampfjahr 2016. Sie redet besser über außenpolitische Themen, ist gut vorbereitet und stellt allein deswegen eine Gefahr für die Republikaner und Donald Trump im Besonderen dar.

Es sei völlig falsch, Amerikas Muslime zu dämonisieren, wie Trump es tue, so Clinton. "Ich sage es offen: Ich rechne es George W. Bush hoch an, dass er nach 9/11 den Muslimen in diesem Land die Hand gereicht hat." Trump sei ein "Eiferer". Die 68-Jährige versichert, sie werde die USA vor Terror schützen und die IS-Miliz nicht nur "eindämmen, sondern zerstören". Schon in der vergangenen Debatte hatte sich Clinton von Obamas Aussagen distanziert und mehr Entschlossenheit gefordert. Dennoch will sie nicht wieder Tausende US-Soldaten nach Syrien oder in den Irak schickten - ebenso wie Sanders und O'Malley.

Deren Statements wirken einstudiert: Sanders nennt Clintons Strategie "übermäßig aggressiv" und will nur "muslimische Bodentruppen". Er fordert, dass der Kampf gegen den IS absolute Priorität haben müsse - und die Absetzung von Assad "zweitrangig" sei. Clinton kontert kühl: "Wir können diese beiden Dinge nicht voneinander trennen." Martin O'Malley, der frühere Gouverneur aus Maryland, macht keine schlechte Figur, trotzdem verharrt er momentan bei fünf Prozent. Der Konsens unter allen drei Demokraten ist recht groß: Sie wollen Hochschulbildung bezahlbarer machen, den Mindestlohn erhöhen und das Strafjustizsystem reformieren.

Clinton scheut nicht vor deutlichen Aussagen zurück: Es gebe in der US-Gesellschaft noch immer "systemischen Rassismus"- auch unter Polizisten. Sie fordert auch vehement strengere Waffengesetze. Hier hält sich Sanders auffallend zurück: In seinem Heimatstaat Vermont sind Waffen sehr populär.

Was wird von dieser TV-Debatte in Erinnerung bleiben? "Niemand hätte vor einem Jahr gedacht, dass der einzige Republikaner-Kandidat, über den die Demokraten reden, Donald Trump heißt - und gleichzeitig George W. Bush gelobt wird", bilanziert Starjournalist George Stephanopoulos.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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