Verbraucherschutz:Gutachten: Glyphosat erregt keinen Krebs

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Auch die Europäische Chemikalienagentur kommt zu dem Schluss, dass das Pflanzenschutzmittel das Erbgut nicht schädigt.

Von Hanno Charisius, München

Die europäische Chemikalienagentur Echa hat am Mittwoch das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat nicht als krebserregend eingestuft. Es gebe nach den Kriterien der Behörde in Helsinki außerdem keine belastbaren Hinweise darauf, dass Glyphosat das Erbgut verändere oder die Fortpflanzung des Menschen beeinträchtige, erklärten Echa-Mitarbeiter auf einer Pressekonferenz. Zu diesem Ergebnis war zuvor auch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa gekommen. Die Einschätzungen widersprechen einer Bewertung der internationalen Krebsforschungsagentur IARC. Deren Experten hatten das Herbizid vor zwei Jahren als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft und damit einen Streit unter Fachleuten ausgelöst.

Details des Echa-Gutachtens wurden zunächst nicht bekannt. Die Behörde schickt das Ergebnis in den kommenden Wochen erst an die EU-Kommission, die im Laufe des Jahres entscheiden muss, ob das Herbizid in Europa zugelassen wird. Die bestehende Genehmigung war im vergangenen Jahr um 18 Monate verlängert worden und läuft Ende 2017 aus.

Mehr als 5000 Tonnen des Wirkstoffs sprühten Bauern in Deutschland in den vergangenen Jahren im Kampf gegen Unkraut alljährlich auf die Felder. Je nach Schätzung werden 30 bis 40 Prozent der deutschen Ackerflächen damit behandelt. Glyphosat ist dabei immer nur ein Bestandteil der handelsfertigen Unkrautvernichtungsmittel. Zahlreiche weitere Chemikalien werden den Produkten zugesetzt, damit etwa der Hauptwirkstoff besser zum Tragen kommt. Lange Zeit hatte der Agrarkonzern Monsanto das Monopol auf die Herstellung des Wirkstoffs. Seit der Patentschutz abgelaufen ist, produzieren weltweit fast einhundert Unternehmen die Agrarchemikalie. Sie ist im Vergleich zu anderen Pestiziden sehr billig und wird deshalb von vielen Landwirten eingesetzt.

Wie die beiden Institutionen Echa und IARC zu so widersprüchlichen Ergebnissen kommen konnten, erklärte Echa-Mitarbeiter Ari Karjalainen unter anderem damit, dass seine Behörde auf einen umfangreicheren Studienfundus zurückgreifen konnte als die internationale Krebsforschungsagentur. Diese zieht nur solche Untersuchungen heran, die öffentlich zugänglich sind. Die europäischen Behörden schlossen hingegen auch die Zulassungsstudien der Glyphosat-Hersteller in ihre Bewertung ein. Ein weiterer Unterschied bestehe darin, dass sich die Echa auf Untersuchungen zum reinen Wirkstoff beschränke, die IARC hingegen auch Ergebnisse von Tests handelsüblicher Unkrautvernichtungsmittel berücksichtige. Schon länger besteht der Verdacht, dass Zusatzstoffe in Glyphosat-Präparaten gesundheitliche Probleme verursachen können.

Insbesondere die Nutzung von industrie-finanzierten Studien zur Beurteilung der Krebsgefahr wird von vielen Organisationen kritisiert. Die New York Times berichtete am Dienstag darüber, wie Monsanto in der Vergangenheit Wissenschaftler und Behörden in den USA beeinflusst habe.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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