USA:Neuer Job, neue Ansichten

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Als erste Amtshandlung säuberte Anthony Scaramucci sein Twitter-Profil von kritischen Äußerungen. Der neue Kommunikationschef im Weißen Haus hat mit US-Präsident Trump eines gemein: die Wendigkeit.

Von Sacha Batthyany, Washington

"Trump leistet einen phänomenalen Job", sagt Anthony Scaramucci, der neue Kommunikationschef im Weißen Haus auf seiner ersten Pressekonferenz im Beisein der neuen Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders. (Foto: Andrew Harnik/dpa)

Dass US-Präsident Donald Trump nach sechs Monaten sein Kommunikationsteam auswechselt, kommt wenig überraschend. Man wusste, wie wichtig dem Präsidenten die Außenwirkung ist, wie oft er im Weißen Haus zwischen Terminen durch die Fernsehnachrichten zappt und wie aufmerksam er die New York Times nach seinem Namen durchforstet. Und was er da täglich vorfand, kann Trump nicht gefallen haben.

Keine Woche verging ohne Durchstechereien an die Medien. Auch die Affäre um Trumps ältesten Sohn und dessen Treffen mit einer russischen Anwältin beruhte auf gleich fünf anonymen Quellen im Weißen Haus. Die Schlagzeilen über mögliche Kreml-Verstrickungen nahmen nie ab, dazu kommen Trumps Umfragewerte, die sich auch ein halbes Jahr nach Amtsantritt im Keller befinden.

Sein neuer Kommunikationschef, Anthony Scaramucci, den der Präsident am Freitag ernannte, soll dies nun alles richten. Er soll die Löcher stopfen und dafür sorgen, dass sich die "Wolke über dem Weißen Haus", wie Trump die Russland-Affäre nannte, endlich verzieht. Scaramucci hat, ähnlich wie Trump als Politiker, keinerlei Erfahrung mit diesem Job. Am Ende seiner ersten Pressekonferenz warf er den versammelten Journalisten im stickigen Presseraum im West Wing selbstbewusst ein Küsschen zu. Ob das die richtige Geste war, um das angespannte Verhältnis zwischen den Journalisten und dem Präsidenten zu entschärfen?

Trumps Vorstellung von den Medien zeigt sich exemplarisch an den falschen Time-Magazin-Titelseiten mit seinem Antlitz und den erfundenen Schlagzeilen, die er anfertigen und in seinen Golfklubs an die Wand hängen ließ. Es ist ein Detail, das Bände spricht. In den Augen des Präsidenten sind Journalisten nicht dazu da, kritische Fragen zu stellen, welche die amerikanische Bevölkerung interessieren könnten, sondern um seine Botschaften weiterzugeben und ihn, den Präsidenten, zu feiern. Und weil dies nicht eintraf, schien Trump zuweilen persönlich gekränkt zu sein. Er sprach von den Medien als "Staatsfeind" oder "Oppositionspartei". Auf Twitter attackierte er einzelne Journalisten - und nannte etwa die New York Times konsequent einen "Fake-News-Witz", nur um der Zeitung dann doch stundenlange Interviews zu gewähren.

Der politische Novize Scaramucci, 53, wird von seinen Freunden wegen seiner gut sitzenden Anzüge "Gucci-Scaramucci" genannt. Er passt besser zu diesem Präsidenten als sein Vorgänger Sean Spicer, der ein Mitglied des Washingtoner Politsumpfs ist, den Trump eigentlich trockenlegen wollte, und der die Stelle als Kommunikationschef interimistisch besetzte.

Frühere Twitter-Einträge, die Trump widersprechen, lässt Anthony Scaramucci löschen

Scaramucci ist auf Long Island in New York als Sohn eines Bauarbeiters geboren und hat sich hochgearbeitet. Er studierte in Harvard, war sieben Jahre bei Goldman Sachs, gründete verschiedene Investmentgesellschaften, schrieb Ratgeber darüber, "wie man Geld macht, ohne seine Seele zu verkaufen", und leitete eine Konferenz für superreiche Banker in Las Vegas. Scaramucci verkörpert vieles, was Trump gefällt: Reichtum, eine gewisse New Yorker Raubeinigkeit und Siegermentalität. Er war Mitglied in Trumps Übergangsteam und für verschiedene Posten im Gespräch. Laut amerikanischen Medien aber soll er sich nicht gut mit Trumps Stabschef Reince Priebus verstehen, was seinen Aufstieg etwas verlangsamte. "Wir sind wie Brüder, wir lieben und zanken uns", sagte Scaramucci. Zudem hat er zuletzt seinen Investmentfonds SkyBridge an ein chinesisches Konglomerat verkauft, das enge Verbindungen zur kommunistischen Partei haben soll und ihm den Vorwurf einbrachte, er stehe unter Interessenskonflikten.

"Trump leistet einen phänomenalen Job", sagte Scaramucci in der Nacht auf Samstag, das müsse "aggressiver" als bisher an die Öffentlichkeit getragen werden. Der neue Kommunikationschef betonte mehrmals, wie sehr er den Präsidenten liebt, und bekräftigte seine ungebrochene Loyalität zu einem Mann, der einen in der Geschichte der USA einzigartigen politischen Instinkt habe und der die Sorgen der "Menschen da draußen" früher erkannt habe als alle anderen.

Dass Scaramucci im Wahlkampf erst Jeb Bush unterstützte, dass er in der Vergangenheit Hillary Clinton lobte und ihr Geld spendete, all das spiele keine Rolle, so der ehemalige Investmentbanker. Es gehe nicht um Vergangenes, "sondern darum, was vor uns liegt". Auch den Opportunismus hat er mit Trump gemeinsam und die Eigenschaft, die Meinungen so oft zu ändern, wie es ihm eben passt. Frühere Twitter-Einträge, die zeigen, wie oft er von der Linie Trumps abweicht, etwa in Fragen des Klimawandels oder der Abtreibung, ließ er löschen, weil es "keine Bedeutung" habe. So simpel ist Kommunikation in Scaramuccis Augen. Einmal übers Smartphone wischen und schon ist alles Störende weg.

Für seine Worte auf Fox-News im Jahr 2015, Trump spalte das Land, spreche schlecht über Frauen und gebe "anti-amerikanische" Kommentare von sich, habe er sich beim Präsidenten entschuldigt, sagte Scaramucci in mehreren Interviews am Wochenende. "Wir haben einen ganz enge Bindung."

Zu Trumps neuer Sprecherin wurde Sarah Huckabee Sanders ernannt, die Spicer in den vergangenen Wochen immer öfter vertrat. Sanders ist die Tochter von Mike Huckabee, dem erzkonservativen ehemaligen Gouverneur von Arkansas, mit dem sie täglich telefoniere. Sie habe "Politik im Blut", sagte sie einstmals, vielleicht bringe sie deshalb "kaum einmal etwas aus der Ruhe".

Am Tag nach den Twitter-Attacken Donald Trumps auf eine Fernsehreporterin, in dem sich der Präsident über ihr Äußeres lustig machte, sagte Sanders emotionslos: "Das amerikanische Volk hat einen Kämpfer gewählt. Wird er angegriffen, schlägt er eben zurück." Von einer Reporterin auf "das Chaos im Weißen Haus" angesprochen, sagte die dreifache Mutter Sanders neulich: "Wenn Sie echtes Chaos sehen wollen, kommen sie einmal zu uns nach Hause."

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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