USA:Stimmung am Boden

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An den US-Flughäfen herrschen chaotische Zustände. Der Grund: Penible Sicherheitschecks. Flughäfen erwägen, die zuständige Behörde durch private Sicherheitsfirmen zu ersetzen.

Von Claus Hulverscheidt

Es ist noch Frühstückszeit, als der grässliche Lindwurm das Gebäude endgültig in seinen Besitz nimmt. Er schiebt sich durch Gänge, schlängelt sich vorbei an entvölkerten Geschäften, flügellahmen Gummibäumen und Männern in fleckfarbenen Tarnanzügen. Er windet sich in fünf langen Schleifen durch die Halle, bevor er sich an den Röntgenbrücken und Ganzkörperscannern in Tausende kleine Nervenbündel auflöst: Willkommen am New Yorker Flughafen LaGuardia!

Egal von welchem der großen US-Airports man derzeit eine Reise startet, ob von Los Angeles, Denver, Miami oder New York - das Bild an der Sicherheitskontrolle ist meist dasselbe: endlose Schlangen, gereizte Wartende, übellaunige Kontrolleure. Allein in Chicago verpassten wegen der Warterei zuletzt Tausende Reisende ihre Flüge, manche mussten gar am Flugsteig auf Feldbetten übernachten. Wenn in wenigen Wochen die Feriensaison losgeht und noch viel mehr Reisende aus dem In- und Ausland die Flughäfen bevölkern werden, droht das Chaos.

Verantwortlich für die Kontrollen ist die Transportsicherheitsbehörde TSA. Ihr zufolge ist das Passagieraufkommen an den Flughäfen seit 2011 um zwölf Prozent gestiegen, während die Zahl der Kontrolleure gleichzeitig um zwölf Prozent gesunken ist: Weil der Kongress das Budget der TSA dauernd kürzt - sagt die Behörde; weil die TSA falsch disponiert - sagt der republikanisch dominierte Kongress. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

Tatsache ist: Die Behörde steckt in einem Dilemma. Im vergangenen Jahr gab es einige verdeckte Tests, bei denen als Fluggäste getarnte Aufsichtsbeamte versuchten, Waffen und Sprengstoff durch die Kontrollen zu schmuggeln. Ergebnis: In 95 von 100 Fällen kamen sie durch. Die TSA schaffte daraufhin einige der Schnell-Checks, mit denen sie das Prozedere hatte beschleunigen wollen, wieder ab.

Um des Chaos Herr zu werden, hat der Kongress der Behörde mittlerweile 30 Millionen Dollar für neue Mitarbeiter und die Bezahlung von Überstunden zur Verfügung gestellt. Auch radikalere Lösungen stehen im Raum: Mehrere Airport-Betreiber, darunter jene in New York, Atlanta und Charlotte, erwägen, die TSA aus den Flughäfen zu werfen und stattdessen private Sicherheitsfirmen anzuheuern. Andere wollen die Behörde selbst privatisieren. Doch selbst wenn es dazu käme - ein Umbau würde Monate dauern und zunächst noch mehr Durcheinander auslösen. Zudem wären private Kontrolleure an dieselben Sicherheitsstandards gebunden wie ihre ehemaligen TSA-Kollegen. Heimatschutzminister Jeh Johnson hat bereits klargemacht: "Bei der Flugsicherheit wird es keine Kompromisse geben."

Rasche Abhilfe ist also nicht in Sicht. Experten raten Passagieren daher dazu, schon Wochen vor Reisebeginn bei den Behörden einen grundlegenden Sicherheitscheck zu absolvieren. Wer diesen besteht, muss sich am Flughafen nur noch einer Kurzkontrolle unterziehen. Auch Urlauber aus dem Ausland können am TSA-PreCheck-Verfahren teilnehmen; für alle, die nicht regelmäßig in die USA reisen, ist das aber zu aufwendig. Ihnen bleibt für den Rückflug nur eine Option: mindestens drei Stunden vor Abflug am Flughafen sein, anstellen - und Teil des Lindwurms werden.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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