USA:Gehacktes als Wahlkampf-Waffe

Lesezeit: 2 min

Erneut hat eine Cyber-Attacke einen Politiker von Clintons Demokraten getroffen. Den Verdacht, dass hinter solchen Angriffen russische Geheimdienste stecken, spricht nun sogar Washington aus.

Von Julian Hans, Moskau

Die Serie von Hacker-Angriffen, für die westliche Sicherheitsbehörden den russischen Staat verantwortlich machen, wird immer länger. Am Dienstag beschuldigte Hillary Clintons Wahlkampfmanager russische Geheimdienste, sein E-Mail-Konto geknackt zu haben. Die Bundespolizei FBI ermittle, sagte John Podesta US-Medien zufolge.

Die Plattform Wikileaks hatte am Freitag und Dienstag eine große Zahl von E-Mails ins Netz gestellt, bei denen es sich um die Korrespondenz Podestas handeln soll. Der Clinton-Vertraute selbst wollte nicht bestätigen, dass sie echt sind. Die US-Regierung aber wies in ungewohnter Deutlichkeit auf Moskau. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprachen das Ministerium für innere Sicherheit und der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper aus, was US-Medien bisher nur unter Verweis auf anonyme Quellen in den Sicherheitsbehörden berichtet hatten: Russland versuche mit einer Reihe von Hacker-Attacken und gezielt platzierten Veröffentlichungen der Daten, Einfluss auf die Wahlen im November zu nehmen.

Cozy Bear und Fancy Bear kommen aus dem Geheimen und verschaffen sich Zutritt

Nachdem 20 Staaten von Einbruchsversuchen in die IT ihrer Wahlsysteme berichtet hatten, ermahnte das FBI alle betroffenen Behörden, auf der Hut zu sein. Die US-Demokraten waren während des Wahlkampfes mehrmals Ziel aufwendiger Cyber-Angriffe. Mitte Juni wurde bekannt, dass Eindringlinge sich bereits vor einem Jahr Zugang zu Servern der Parteiführung verschafft, Daten gestohlen und manipuliert hatten. Laut dem Sicherheitsunternehmen CrowdStrike führen die Spuren zu zwei Gruppen, die mit russischen Diensten in Verbindung stehen: Mitte 2015 drangen Hacker einer als "Cozy Bear" (Kürzel APT 28) bekannten Gruppe in die Systeme ein. Der Angriff fiel allerdings erst auf, nachdem sich im April dieses Jahres eine zweite Gruppe mit Namen Fancy Bear (APT 29) zu-tritt verschaffte.

Hinter APT 29 soll den Sicherheitsexperten zufolge der russische Militärgeheimdienst GRU stecken, hinter APT 28 der Inlandsgeheimdienst FSB oder der Auslandsgeheimdienst SWR. Ende Juli, am Vorabend des Nominierungsparteitages der Demokraten, veröffentlichte WikiLeaks 20 000 Mails. Aus einigen ging hervor, dass die Parteiführung versucht hatte, dem Mitbewerber Bernie Sanders im Wettlauf mit Hillary Clinton Steine in den Weg zu legen. Parteichefin Debbie Wasserman Schultz trat zurück.

Betroffen waren außer den Demokraten der ehemalige US-Außenminister Colin Powell sowie der frühere Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove, aus dessen privatem E-Mail-Verkehr man herauslesen kann, dass er sich dafür einsetzte, die ukrainische Armee mit Panzerabwehrgeschützen auszurüsten, um den von Russland unterstützten Einheiten im Osten des Landes besser Widerstand leisten zu können. Nachdem die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada einen Ausschluss russischer Doping-Sünder bewirkt hatte, wurde auch sie Ziel eines Hacks von Fancy Bear.

Putin empfiehlt, sich gar nicht erst auf die Suche nach den Tätern zu machen

Als nach den Attacken im Sommer erste Vorwürfe an Moskau laut geworden waren, hatte Russlands Präsident Wladimir Putin erklärt, ihm sei von solchen Vorgängen nichts bekannt. Es gebe heutzutage "so viele Hacker", die sich so gut tarnten, dass nur schwer etwas nachzuweisen sei. "Auf jeden Fall beschäftigen wir uns auf staatlicher Ebene nicht mit so etwas", sagte er in einem Interview mit der Agentur Bloom-berg und empfahl, sich nicht lange mit der Suche nach den Tätern aufzuhalten und sich stattdessen "lieber dem zu zuwenden, was an die Öffentlichkeit gekommen ist".

Experten bezweifeln, dass es Hackern gelingen könnte, die Wahlen selbst zu manipulieren. Es könnte aber schon genügen, Zweifel an der Legitimität des demokratischen Prozesses in den Vereinigten Staaten zu säen, die als globale Verteidiger der Demokratie auftreten.

Bereits jetzt ist es gelungen, Russland zu einem der Hauptthemen des US-Wahlkampfes zu machen. Vorwürfe, Moskau versuche die Wahl zu beeinflussen, bezeichnete Außenminister Sergej Lawrow in einem am Dienstag ausgestrahlten Interview mit CNN als "lächerlich". Andererseits sei es "schmeichelhaft für eine Regio-nalmacht, wie uns Präsident Obama einmal bezeichnet hat, so viel Aufmerksamkeit zu kriegen".

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: