USA:Feind im eigenen Land

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US-Präsident Trump und der Bundesstaat Kalifornien streiten sich erbittert über den Umgang mit illegalen Einwanderern. Jetzt klagt Washington.

Von Hubert Wetzel, Washington

Donald Trump ist der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und Kalifornien ist einer der Bundesstaaten, die zu diesen Vereinigten Staaten gehören. Daraus könnte man folgern, dass Donald Trump auch der Präsident der Amerikaner ist, die in Kalifornien leben. Aber das wäre ein Trugschluss. Trump hielt sich bei seinem Besuch in Kalifornien am Dienstag zwar auf amerikanischem Staatsgebiet auf, zumindest rechtlich gesehen. Nach politischen Maßstäben hätte er aber genauso gut dem Mars eine Visite abstatten können. Dort ist das Umfeld für Besucher von der Erde nur unwesentlich feindlicher als jenes, das der Republikaner Trump an der Westküste vorfand.

Kalifornien ist nicht nur der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste US-Bundesstaat, sondern auch einer der demokratischsten. Die Zeiten, in denen dort Republikaner wie Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger Gouverneurswahlen gewonnen haben, sind lange vorbei. Bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 bekam Trump in Kalifornien nur dürftige 32 Prozent der Stimmen, die Demokratin Hillary Clinton siegte mit 62 Prozent, Schlechter als Trump hat in dem Bundesstaat seit fast einem Jahrhundert kein Kandidat mehr abgeschnitten.

Seitdem hat sich Kalifornien zum Hort des Widerstands gegen Trump entwickelt. Vor allem im Umgang mit illegalen Einwanderern ist der Bundesstaat sehr viel liberaler als die US-Bundesregierung unter Trump. In Kalifornien haben fast vier von zehn Einwohnern lateinamerikanische Wurzeln, Schätzungen zufolge haben bis zu sieben Prozent der Menschen, die dort leben, keine gültige Aufenthaltserlaubnis.

Dennoch können die Illegalen kalifornische Führerscheine beantragen, der Staat gewährt ihnen Zugang zu Sozialleistungen, ihre Kinder können zur Schule gehen und bezahlen - wenn sie danach eine staatliche Universität besuchen - niedrigere Studiengebühren als Studenten aus anderen Bundesstaaten. Was die bundesstaatliche Rechtsordnung angeht, unterscheidet Kalifornien de facto nicht mehr zwischen legalen und illegalen Einwanderern. Insofern war es etwas bizarr, dass Trump unter anderem deshalb nach Kalifornien reiste, um dort Modelle für seine geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko zu besichtigen.

Kaliforniens bewusst freundliche Haltung gegenüber Illegalen empört die Trump-Regierung zutiefst. Sie wirft Kalifornien vor, Bundesrecht zu missachten und zu brechen. Besonders wütend ist man in Washington über die sogenannten "Sanctuary Laws", die es in vielen kalifornischen Städten gibt. Damit sind Gesetze gemeint, die es den lokalen Polizeikräften verbieten, mit den Einwanderungsbehörden der Bundesregierung zusammenzuarbeiten. Auf diese Weise unterläuft Kalifornien das Ziel von Trump, mehr illegale Einwanderer aufzugreifen und abzuschieben. Denn dabei sind die Bundesbehörden auf die Kooperation der kommunalen Polizei- und Sheriff-Departments angewiesen. Diese müssen die Illegalen identifizieren, festnehmen und in Haft halten, bis sie dann an Bundespolizisten übergeben und abgeschoben werden können.

Ohne die Zuarbeit der lokalen Polizei hat die US-Regierung Probleme, ihren harten Kurs in der Einwanderungspolitik umzusetzen. Das US-Justizministerium in Washington hat deswegen den Staat Kalifornien verklagt, um die Kooperation zu erzwingen. Der demokratische Gouverneur von Kalifornien, Jerry Brown, nannte das eine "Kriegserklärung".

Doch der Konflikt mit Trump kommt manchem ganz gelegen. Etliche demokratische kalifornische Politiker - darunter Eric Garcetti, der Bürgermeister der Metropole von Los Angeles, dem Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur nachgesagt werden -, haben ihren Widerstand gegen Trumps Einwanderungspolitik inzwischen zu so etwas wie ihrem Markenzeichen gemacht. Sie wissen: Die meisten Illegalen haben legale Verwandte, die wählen dürfen.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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