USA:Entschlossene Favoritin

Lesezeit: 2 min

Hillary Clinton fordert im TV-Duell der Demokraten mehr Anstrengungen im Anti-Terror-Kampf.

Von Matthias Kolb, Washington

Die Anschlagserie in Paris befeuert die politischen Diskussionen im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Vor allem die Republikaner wollen nun rund um die Uhr über nationale Sicherheit und den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reden. Doch auch die Demokraten widmen sich ausführlich dem Thema: Ihre zweite TV-Debatte der Präsidentschaftsbewerber beginnt mit einer Schweigeminute für die Opfer, anschließend dreht sich 30 Minuten lang alles um den Kampf gegen den Terror und insbesondere den IS.

Für Hillary Clinton ist das Chance und Risiko zugleich: Einerseits kann sie ausführlich über ein Thema sprechen, über das ihre Herausforderer - Senator Bernie Sanders und Ex-Gouverneur Martin O'Malley - eher wenig wissen. Andererseits hat sie als Außenministerin genau jene Politik von Barack Obama mitgeprägt, die nun von den Republikanern kritisiert wird.

In der TV-Debatte musste sie deswegen zu einer Formulierung des Präsidenten auf Abstand gehen. Ausgerechnet wenige Stunden vor den Anschlägen in Paris hatte er gesagt, dass der IS "momentan nicht an Stärke" gewinne. Sein Team habe eine Strategie entwickelt, um die Terrormiliz "einzudämmen", sagte Obama. Clinton sagte nun deutlich: "Der IS kann nicht eingedämmt werden - er muss besiegt werden." Die USA müssten ihre Anstrengungen im Anti-Terror-Kampf intensivieren, forderte sie.

Die erwartbare Kritik ihres Rivalen Bernie Sanders: Clinton habe als Senatorin 2003 dem Irak-Krieg zugestimmt, der zur Destabilisierung der Region geführt habe. Die wiederum bezeichnete das Votum erneut als "Fehler" und spielte ansonsten ihre langjährige Erfahrung aus. Die TV-Debatte wird wohl wenig daran ändern, dass Clinton knapp drei Monate vor den ersten Vorwahlen in Erhebungen weit vorn liegt.

Der Umfragekönig der Republikaner, Donald Trump, sorgte mit der Aussage für Schlagzeilen, die strengen Waffengesetze in Frankreich seien für die hohe Zahl an Toten verantwortlich. Er sei überzeugt, dass die Situation im Bataclan-Club "ganz, ganz anders" verlaufen wäre, wenn einige Besucher bewaffnet gewesen wären, sagte der Milliardär bei einer Veranstaltung in Texas. Neben Trump sprachen sich auch die anderen konservativen Kandidaten für ein stärkeres Engagement des US-Militärs im Kampf gegen die IS-Miliz aus. Jeb Bush verlangte von Obama, dass Amerika endlich "die globale Führungsrolle" übernehme und anerkenne, dass der Kampf gegen Extremisten der "Krieg unserer Zeit" sei. "Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln", forderte Ted Cruz. Der populäre Ex-Gehirnchirurg Ben Carson brachte gar den Einsatz von US-Bodentruppen ins Spiel, um die Miliz "auszulöschen". Alle Republikaner warfen dem Präsidenten vor, im Kampf gegen den IS versagt zu haben.

Die Republikaner machen Obamas Truppenabzug für den Aufstieg des IS verantwortlich

In einer Umfrage von Anfang November waren 54 Prozent der Amerikaner dafür, US-Soldaten zurück in den Irak und nach Syrien zu schicken, um die Dschihadisten zu bekämpfen. Zwei Drittel sind überzeugt, dass die USA und ihre Alliierten derzeit den Kampf gegen die IS-Miliz verlieren. Die Republikaner machen Obamas Truppenabzug aus dem Irak für den Aufstieg des IS verantwortlich, während die Demokraten den von George W. Bush angeordneten Einmarsch in den Irak als Hauptursache nennen.

Vor dem Abflug zum G-20-Gipfel in der Türkei kam Präsident Obama erneut mit dem Nationalen Sicherheitsrat zusammen. Die Geheimdienste gehen momentan von keinerlei "spezifischer oder glaubwürdiger" Terror-Bedrohung für die USA aus, teilte das Weiße Haus mit. Außerdem gebe es keine Informationen, die dem Urteil Frankreichs widersprächen, dass die IS-Terrormiliz hinter der Anschlagserie steckt.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: