USA:Die Rassisten sind begeistert

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In Washington feiern Rechtsradikale den Wahlsieg von Donald Trump, Hitlergruß inklusive. Der zukünftige Präsident hat es allerdings nicht eilig, sich von ihnen zu distanzieren.

Von Sacha Batthyany, Washington

Mitten in Washington DC, keine zehn Minuten vom Weißen Haus entfernt, haben sich am Wochenende etwa 300 Rechtsradikale getroffen, um "ihren Sieg" zu feiern. Den Sieg des künftigen Präsidenten Donald Trump. Dieser werde sich endlich für die "weiße Rasse" einsetzen, hieß es während der Veranstaltung. Richard Spencer, der Anführer dieser Gruppe, die sich Alt-Right-Bewegung nennt, schrie am Ende seiner Rede ins Mikrofon: "Sieg Heil! Sieg Trump!" Einige Zuschauer standen auf und zeigten den Hitlergruß.

Es sind verstörende Bilder, die Journalisten der Monatszeitschrift The Atlantic ins Netz stellten, besonders für europäische Augen. In Amerika ist man aufgrund des ersten Zusatzartikels zur Verfassung geschützt, darf zur Hetze und zur "Säuberung" aufrufen, wie Spencer das in seiner Rede tat: "Amerika war immer ein weißes Land." Spencer ist Direktor des National Policy Institutes, ein nationalistischer Think-Tank. "Wir haben das Land geschaffen. Es gehört uns", sagte er. Er forderte eine Abschiebung der elf Millionen papierlosen Immigranten und einen 50 Jahre andauernden Aufnahmestopp weiterer Flüchtlinge. Weiße Europäer ausgenommen.

Bürgerrechtsbewegungen forderten Anfang der Woche von Trump, dass er sich von rassistischen und antisemitischen Gruppierungen wie Spencers Alt-Right-Bewegung deutlicher distanziere. "Ich kann nicht glauben, dass er Musical-Zuschauer, die seinen Vizepräsidenten Pence auspfeifen, verurteilt — bei Menschen wie Spencer aber ruhig bleibt", sagte etwa Heidi Beirich vom Southern Poverty Law Center, das verfassungsfeindliche Organisationen beobachtet. Würde er auf Spencer eingehen, würde er ihm größeres Gewicht verleihen, wandte Hope Hicks ein, eine Sprecherin Trumps. Drei Tage wartete Donald Trump letztlich ab, um sich von Spencers Alt-Right-Bewegung zu distanzieren. Am Dienstag sagte er der New York Times, er wolle mit der Gruppe nichts zu tun haben. Schon früher hielt es Donald Trump nicht für dringlich, sich von Rassisten klar und deutlich abzugrenzen. Im Wahlkampf etwa sagte David Duke, ein ehemaliges Ku-Klux-Klan-Mitglied, er werde Trump unterstützen, worauf sich Trump erst nach Tagen und nur halbherzig von ihm distanzierte. Damals wie heute wurde ihm vorgeworfen, er umgarne die Ultrarechten. Jonathan Greenblatt, Direktor der Anti-Defamation-League, sagte, der designierte Präsident könne nicht für jeden Hetzkommentar im Land verantwortlich gemacht werden. Er wünschte sich aber, dass Trump eine "rote Linie" zieht. "Ich vermisse eine Stellungnahme, dass er den Rassismus und Antisemitismus solcher Gruppen nicht toleriert." Spencers Alt-Right-Bewegung und andere rechtsextreme Organisationen wie die amerikanischen Nationalsozialisten (NSM) sind eine Minderheit in den USA. Auch wenn viele Mitglieder behaupten, ihre Gruppen würden jährlich wachsen, kommt meist nur eine verschwindend kleine Anzahl von Menschen in ländlichen Gebieten zu Versammlungen zusammen.

Entsprechend wichtig war es Spencer, jetzt in der Hauptstadt aufzutreten. Der Sieg Trumps zeige, dass das Land "endlich aufwache", sagte Spencer, der auch Steven Bannon lobte, den neuen Chefstrategen im Weißen Haus. Bannon war, bevor er bei Trump anheuerte, zuständig für die ultrakonservative Webseite Breitbart, von der es seit Jahren heißt, sie betreibe rassistische und antisemitische Hetze.

Gemäß Donald Trump ist Breitbart "eine Publikation wie jede andere", die allerdings auf konservative Inhalte fokussiere. So sagte er es im Interview mit der New York Times.

2042 ist das Jahr, vor dem es Menschen wie Spencer graut. In 26 Jahren werden Weiße laut Zensus nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung in den USA stellen. In Kalifornien sind sie heute schon eine Minderheit. "Es ist nicht mehr das Land der weißen Angelsachsen", schrieb der Autor Robert P. Jones in seinem Buch über den Bedeutungsverlust des Protestantismus in den USA. Der Wahlsieg Trumps sei für diese Menschen die erste gute Nachricht aus Washington seit geraumer Zeit.

Während Spencer am Wochenende in Washington Rassenhass predigte, protestierten vor dem Gebäude Hunderte Menschen für ein offenes Amerika. "Was man hier erlebt", sagte einer der Demonstranten, symbolisiere die kommenden vier Jahre. "Dieses Land ist gespalten wie nie zuvor."

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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