USA:Der Aufräumer ist angezählt

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Eine Affäre um häusliche Gewalt bringt Trumps Stabschef John Kelly in Bedrängnis: Wann wusste dieser von den Vorwürfen gegen Rob Porter, den inzwischen zurückgetretenen Berater des US-Präsidenten?

Von Alan Cassidy, Washington

Bis vor Kurzem war Stabschef John Kelly in Donald Trumps Regierung das, was Amerikaner den "adult in the room" nennen: der wandelnde Beleg dafür, dass es im Weißen Haus durchaus ein paar Leute gibt, die für einen geregelten Betrieb sorgen. Dass sich nun Zweifel an diesem Eindruck mehren, liegt am Fall des Präsidentenberaters Rob Porter. Er trat vergangene Woche zurück, nachdem zwei seiner Ex-Frauen schwere Missbrauchsvorwürfe gegen ihn erhoben hatten. Bis heute steht die Frage im Raum, wer im Weißen Haus wann etwas gewusst hat - und warum Porter trotzdem eine Sicherheitsfreigabe erhielt. Der Aufsichtsausschuss des Repräsentantenhauses will den Fall jetzt untersuchen.

Neun Tage schwelt die Affäre nun schon, im Trump-Newszyklus sind das Äonen. Die Verantwortung dafür trägt Kelly, der sich mit seiner Mannschaft wiederholt in Widersprüche verstrickt hat. FBI-Direktor Christopher Wray sagte am Dienstag vor einem Parlamentsausschuss, seine Behörde habe die Regierung bereits vergangenes Jahr vor Porter gewarnt. Wray widerlegte damit Aussagen des Weißen Hauses, wonach man erst vor Kurzem von den Anschuldigungen erfahren habe. Kelly selbst hatte Porter nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe zunächst überschwänglich gelobt, angeblich plante er sogar eine interne Beförderung des Trump-Vertrauten.

Der Fall ist ein weiterer Beleg für die nicht immer wahrheitsgetreue Kommunikation der Regierung, lässt Fragen nach ihren ethischen Standards aufkommen und lenkt von Themen ab, mit denen der Präsident dieser Tage punkten wollte, allen voran der Reform der Infrastruktur. Einige Kommentatoren weisen zudem darauf hin, dass es ein Sicherheitsrisiko war, Porter weitreichenden Zugang zu geheimen Papieren zu gewähren. Durch die Vorwürfe gegen ihn sei er erpressbar gewesen.

All dies wirft ein schlechtes Licht auf den ehemaligen Vier-Sterne-General Kelly, dem stets zugestanden wurde, Disziplin ins Weiße Haus gebracht zu haben. Dort mehrt sich jetzt die Kritik an ihm. In der Washington Post beklagen anonyme Mitarbeiter Kellys Umgang mit dem Fall, einer nennt ihn einen schamlosen Lügner, einen "big fat liar". Anthony Scaramucci, im vergangenen Jahr für sehr kurze Zeit Kommunikationschef des Weißen Hauses, griff Kelly über Twitter direkt an: Dieser habe ziemlich sicher schon vor einem halben Jahr über die Vorwürfe gegen Porter Bescheid gewusst, dann aber seine Mitarbeiter zur Lüge gezwungen. Kelly solle zurücktreten.

Nun ist es so, dass Scaramucci eine Rechnung mit Kelly offen hat: Dieser hatte ihn im Sommer entlassen. Dass aber die Affäre Porter noch immer nicht verraucht ist, kann auch Kelly nicht gefallen. Trump soll Berichten zufolge bereits über Kellys Ablösung nachdenken. Es würde passen zu dem Bild, das seine Regierung im ersten Jahr abgegeben hat: Die Fluktuation der Spitzenbeamten ist nach einer Zählung des Thinktanks Brookings dreimal so hoch wie unter Präsident Obama. Ein geregelter Betrieb sieht anders aus.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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