USA:Auf der Flucht

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Es wirkt fast so, als wolle sich US-Präsident Trump auf seiner ersten Auslandsreise von der heftigen Krise erholen, die das Weiße Haus erschüttert.

Von Sacha Batthyany und Julian Hans, Washington/München

Seit an Seit, jedenfalls als Matrjoschkas im russischen Souvenir-Laden: Donald Trump und Wladimir Putin. (Foto: Dmitri Lovetsky/AP)

Die erste Auslandsreise des US-Präsidenten, die an diesem Freitag beginnt und ihn nach Saudi-Arabien, Israel und Europa führen wird, dürfte für Donald Trump und sein Team gerade rechtzeitig kommen. Denn in Washington herrscht dicke Luft. Trump steckt in der größten Krise seiner Präsidentschaft, die schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Erst kam die Absetzung des FBI-Direktors James Comey, dann die Weitergabe von Geheiminformationen an Russlands Außenminister. Am Mittwoch wurde die Ernennung des Sonderermittlers Robert Mueller bekannt, der den Verstrickungen von Trumps Wahlkampfteam mit Moskau auf den Grund gehen soll.

Der Präsident sei außer sich vor Wut, so beschreiben ihn seine Mitarbeiter, die mit dem Verfassen stündlicher Dementis zu immer neuen Vorwürfen kaum mehr nachkommen - derweil sich Trump selbst als Opfer der "größten Hexenjagd" in der amerikanischen Geschichte stilisiert.

"Nein", sagte Trump denn auch am Donnerstagabend auf die Frage eines Reporters, ob er Ex-FBI-Chef Comey aufgefordert habe, Ermittlungen gegen seinen früheren Sicherheitsberater Michael Flynn zu beenden.

Einen Tag vor seiner Abreise meldete Reuters, dass zwischen Trumps Wahlkampfberatern und der russischen Führung ein engerer Austausch bestanden habe, als bislang bekannt war. Zwischen April und November 2016 habe es mindestens 18 Telefonate und E-Mails gegeben. Die Kontaktaufnahmen seien nicht an sich illegal, so Reuters, nur in dieser Häufigkeit seltsam. Man wusste um die Gespräche zwischen Flynn und dem russischen Botschafter Sergej Kisljak. Doch aus den unter Verschluss gehaltenen Dokumenten wurde nun ersichtlich, dass offenbar über die Einrichtung eines "geheimen Kommunikationskanals" geredet worden sei.

Trump hatte immer behauptet, sein Wahlkampfteam habe keinerlei Kontakte nach Russland unterhalten. Und auch auf der Pressekonferenz am Donnerstagabend sagte er, "glaubt mir, es hat keine Absprachen geben. Zwischen mir selbst, meinem Team und Russland. Es hat keine Absprachen gegeben." Allein die neuen Erkenntnisse zeigen ein anderes Bild. Als Kandidat hatte Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederholt als starken Leader gepriesen, worauf Putin das Kompliment zurückgab.

Die kurzfristige Trump-Begeisterung in Moskau ist jedoch inzwischen verflogen, spätestens seit der US-Präsident Marschflugkörper auf eine Fliegerbasis des Putin-Verbündeten Baschar al-Assad regnen ließ. Ob jemand in der russischen Führung je wirklich gehofft hat, Amerika könnte unter Trump zum Partner und Freund werden, ist nicht belegt. Klar ist nur, dass Putin in Hillary Clinton eine Gegnerin sah, die sich während der Massenproteste gegen die Wahlfälschungen in Russland 2011 an die Seite der Demonstranten gestellt und damit in die inneren Angelegenheiten Russlands eingemischt hatte.

Noch während die staatlich gelenkten Fernsehkanäle Trump als pragmatischen Geschäftsmann priesen, waren aus dem Kreml vorsichtigere Töne zu hören. Russlands Außenminister dämpfte die von den eigenen Medien angefachten Erwartungen: erst einmal abwarten. Inzwischen hat auch der letzte seine Illusionen abgelegt, mit Trump sei ein "großer Deal" zu machen, bei dem möglicherweise auch die Sanktionen fallen könnten.

Man kann aus dem Kreml heraus zusehen, wie sich die US-Führung selber demontiert

Stattdessen sind in Moskau zwei Tendenzen zu beobachten: Einerseits geht es russischen Diplomaten nicht anders als ihren europäischen Kollegen, sie finden in Trumps Truppe keine Ansprechpartner für die Probleme, die man gemeinsam angehen müsste. Russland hat zwar die Astana-Verhandlungen zu Syrien angestoßen und Iran und die Türkei mit eingebunden. Aber auch den Russen ist klar, dass sie für eine tragfähige Lösung die Amerikaner brauchen. Die Verantwortung will Moskau auf keinen Fall allein tragen. Zur zweiten Tendenz gehörte das Angebot des russischen Präsidenten am Mittwoch, die Amerikaner bei der Aufklärung der Vorgänge im Weißen Haus gern mit eigenen Aufzeichnungen zu unterstützen. Trump ist kein Partner, und man kann aus dem Kreml heraus zusehen, wie sich die amerikanische Führung selber demontiert.

Es sei fast schon ironisch, dass sich Trump, der "America first"-Präsident, auf seiner ersten Auslandsreise von seinen innenpolitischen Problemen und der Russland-Affäre erholen wolle, kommentierte die New York Times. Auf der Suche nach positiven Schlagzeilen wurden Trumps Sprecher nicht müde, seine erste Reise als "symbolische Geste" des Präsidenten zu bezeichnen. Denn Trump besucht die wichtigen Zentren der drei Weltreligionen: Nach Riad und Jerusalem steht auch ein Abstecher in Rom an. Trump sucht Hilfe von ganz oben.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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