US-Wahlkampf:Die Rückkehr des John McCain

Lesezeit: 3 min

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Wie der Republikaner John McCain vom Zerwürfnis in der demokratischen Partei profitiert.

Christian Wernicke

John McCain hat gelernt, mit seinen Spitznamen zu leben. Alt genug ist er ja. Am 20. Januar 2009, wenn Amerika seinen 45. Präsidenten ins Oval Office schickt, wäre der kleine Mann mit dem schlohweißen Haar als 72-Jähriger der älteste Novize im Amt.

Liegt seit einer Woche knapp vorne: der Vietnam-Veteran und Irakkriegs-Verfechter John McCain (Foto: Foto: dpa)

"Maverick" haben sie ihn einst genannt, weil der unabhängige Senator aus dem Wilden Westen von Arizona so oft wie ein Jungbulle ohne Brandzeichen von der Parteilinie abwich. Später dann hieß er Lazarus, da seine Wahlkampagne im Sommer 2007 eigentlich schon gescheitert war und er sich wider Erwarten noch einmal aufraffte und sämtlichen Mitstreitern um die Präsidentschaftskandidatur der Grand Old Party den Schneid abkaufte.

Nun muss er sich gefallen lassen, dass ihn einige "John McSame" rufen. John McSame, gleichsam der Hans fürs Selbe - so nennt ihn eine linke Initiative, die Anfang März ankündigte, McCain mit Millionenaufwand als jenen Kerl outen zu wollen, der er in Wahrheit sei: Noch ein George W. Bush, nur mit anderem Antlitz.

"Dieser Mann offeriert der Nation eine dritte Amtszeit unter Bush", donnern die Propagandisten der Demokraten. Formal ist das unmöglich, die US-Verfassung gestattet jedem sterblichen Amerikaner höchstens zweimal vier Jahre im Weißen Haus. Aber auch inhaltlich dürfte es den Demokraten schwerfallen, ihre Botschaft unters Volk zu bringen.

Hitzkopf McCain legte sich gern mit dem Establishment seiner Partei an

Zu heftig, zu widerspenstig rebellierte der Senator gegen die Partei und den Präsidenten. Ob gegen CIA-Folter oder Guantanamo, ob für globalen Klimaschutz oder die schärfere Kontrolle dreister Lobbyisten in Washington - McCain, der Hitzkopf, legte sich gern und häufig mit dem Establishment seiner Partei an.

Und genau dieses Image eines aufrechten Einzelgängers erklärt ja das Wunder, das Amerikas Demokraten dieser Tage Angst und Bange macht. Fast alle nationalen Umfragen prophezeien: Wäre die Präsidentschaftswahl schon morgen und nicht erst am 4. November, John McCain würde sie gewinnen.

Seit einer Woche liegt der Vietnam-Veteran und Irakkriegs-Verfechter knapp vorn, sowohl im virtuellen Duell mit Barack Obama, dem schwarzen Senator aus Chicago, wie auch gegenüber Hillary Clinton, der früheren First Lady und zähen Ex-Favoritin der Opposition.

"McCain ist der Hans im Glück in diesem Rennen", frohlockt Fred Barnes, leitender Redakteur des erzkonservativen Weekly Standard. Während sich die beiden demokratischen Aspiranten in ihrem Vorwahl-Marathon zerfleischen, könnte der Republikaner seine noch skeptische, weil weitaus konservativere Parteibasis hinter sich scharen. Anders als Bush, der Mehrheiten stets rechts suchte, will der Senator in der Mitte fischen - bei unabhängigen Wählern und rechten Demokraten. Viele dieser sogenannten "Reagan-Democrats" zaudern, den schwarzen Obama zu wählen.

Spielraum für McCain

Und falls die Gegnerin Hillary heißt, steht die rechte Basis der Republikaner geschlossen dagegen: "Das würde McCain noch mehr Spielraum geben, sich zur Mitte zu öffnen", glaubt der Politologe Norman Ornstein. Verfestigt sich der jüngste Trend, die Demokraten stünden da wie Trottel: Trotz allen Unmuts ob des Elends eines nunmehr fünfjährigen Kriegs im Irak mit 4000 toten US-Soldaten, trotz drohender Malaise der Wirtschaft, Immobilienkrise, Rekordverschuldung und des Volkes Angst, die Globalisierung zerrütte den amerikanische Traum von einer stetig besseren Zukunft - sie würden den längst sicher gewähnten Machtwechsel verspielen. Der Trost, dass die Demokraten im Herbst so gut wie sicher ihre Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus ausbauen, wäre dann schal. McCain hätte ihnen entrissen, was sie längst sicher glaubten - das Weiße Haus.

Denn eigentlich will Amerika ja "den Wandel." Jedermann im Land spürt das, und wer seinen Gefühlen nicht traut, dem hilft die Demoskopie: Drei von vier US-Bürgern wünschen sich nach acht Jahren Bush-Herrschaft im Weißen Haus "einen anderen Weg" als jenen, den der konservative Amtsinhaber seiner Nation vorgab.

Nur 37 Prozent wollen einen Republikaner im Weißen Haus

Nur 37 Prozent wollen im Januar 2009 erneut einen Republikaner ins Oval Office einziehen sehen. Und Gallup wie das renommierte Pew Research Center vermelden unisono, genau die Hälfte aller Amerikaner identifiziere sich inzwischen mit den Demokraten. Mit der Grand Old Party mögen nur maximal vierzig Prozent fühlen - der niedrigste Wert seit Mitte der achtziger Jahre, als Ronald Reagan regierte. Dank Bush. Und eben deshalb: "McSame".

Während der republikanischen Primaries schärfte McCain eher sein konservatives Profil - etwa als Gegner von Abtreibung und Schwulenehe. Seinen einstigen Widerstand gegen Bushs Steuersenkungen für Reiche widerrief er, den Kampf für ein liberales Einwanderungsgesetz gestand er als "Fehler" ein.

Das liefert genug Stoff für einen heißen Wahlkampf mit klaren Alternativen - gegen welchen Demokraten auch immer. Nur, schlicht ein dritter Bush ist McCain damit nicht. Erst zu Wochenbeginn erinnerte die New York Times daran, wie eifrig die Demokraten anno 2000 McCain zu einem Parteiwechsel ermunterten.

Oder wie John Kerry, der Präsident in spe von 2004, der dem Senatskollegen und Vietnamkriegs-Kameraden eine mögliche Vize-Präsidentschaft antrug. Zur Legende vom John McSame passt das nicht. Dieser Republikaner will auf eigene Rechnung ins Weiße Haus. Mit seinem Namen.

© SZ vom 25.03.2008/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bildstrecke
:McCains Leben in Bildern

Diese Kandidatur ist der zweite Versuch von John McCain, ins Weiße Haus einzuziehen. Krieg, Gefangenschaft und Politik prägten sein Leben.

Jetzt entdecken

Gutscheine: