US-Strategie für Ägypten:Für Reformen, aber mit Mubarak

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Deutliche Worte von US-Diplomat Wisner auf der Münchner Sicherheitskonferenz: Die USA setzen in der Ägypten-Krise auf einen "geordneten Übergang" - den Präsident Mubarak auf den Weg bringen soll.

Paul-Anton Krüger und Janek Schmidt

Der US-Sondergesandte für Ägypten, Frank Wisner, hat am Samstagabend so deutlich wie bisher kein hochrangiger US-Offizieller die Strategie seiner Regierung im Umgang mit der Krise beschrieben. Dabei wiederholte er die zuvor schon von Außenministerin Hillary Clinton verwendete Formulierung, dass es in Ägypten einen "geordneten Übergang" geben müsse.

Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak: Das alte Regime ist angeschlagen, doch einen sofortigen Rückzug des Präsidenten halten die USA für problematisch. (Foto: REUTERS)

Er machte jedoch deutlich, dass Präsident Hosni Mubarak eine "kritische Rolle" zukomme, ebenso wie seiner Regierung. Damit schwächte er den Druck auf den ägyptischen Präsidenten, umgehend zurückzutreten. Wisner sprach per Videoübertragung aus New York zu den Teilnehmern der Münchner Sicherheitskonferenz.

Er sagte, in den vergangenen Tagen sei erstmals "ein Weg vorwärts" erkennbar geworden, auch wenn dieser Prozess noch extrem zerbrechlich sei und erst noch Fuß fassen müsse. An den Gesprächen hätten sich Mitglieder der Regierung beteiligt, aber auch Vertreter der Opposition.

Es müsse ein nationaler Konsens hergestellt werden, wie der Übergang gestaltet werden soll, sagte Wisner weiter. Er nannte als unverzichtbare Bestandteile die Aufhebung des Ausnahmezustandes und Verfassungs- sowie Gesetzesänderungen, die freie und demokratische Wahlen erlauben würden. Diese Änderungen müsse die Mubarak und seine Regierung herbeiführen und entsprechende Initiativen im Parlament einbringen.

Wisner betonte, dass die USA einen sofortigen Rücktritt von Präsident Mubarak, wie ihn die Opposition fordert, für problematisch halten. Unter diesen Umständen würde Parlamentssprecher Fathi Surur automatisch die Regierung übernehmen. Binnen 60 Tagen müsste ein neuer Präsidenten gewählt werden. Allerdings müsste die Abstimmung dann noch gemäß der jetzt geltenden Verfassung abgehalten werden, was die USA vermeiden wollen. Damit werde man dem Verlangen der Menschen auf den Straßen Kairos nicht gerecht, sagte Wisner.

Wisner lobt "schützende Rolle" des Militärs

Bisher ist die Zulassung von Kandidaten stark eingeschränkt. Sie sieht vor, dass der Präsident vom Parlament nominiert wird und sich dann einer Abstimmung durch das Volk stellt. Das Parlament ist aber - auch dank massiver Wahlfälschungen - von Mubaraks regierender Partei NDP dominiert.

Wisner sagte, Ägypten habe im Gegensatz zu Tunesien eine Regierung, und diese besitze auch Autorität. Sie kontrolliere die Armee, die Wisner als "geschlossen" bezeichnete. Auch stehe Ägypten "nicht vor dem völligen Chaos", fügte er hinzu. Wisner lobte die "schützende Rolle", die das Militär in den vergangenen Tagen gespielt habe. Ein ungeordneter Übergang könne es "radikalen Kräften" erlauben, nach vorne zu drängen, betonte der US-Sondergesandte.

Wisner benannte diese Kräfte nicht näher. Die USA hoffen aber dem Vernehmen nach, dass die islamistische Muslim-Bruderschaft bei einem Wahltermin später im Jahr sich stärkerer und besser organisierter Konkurrenz entgegensieht und damit die Wahrscheinlichkeit für einen Wahlsieg der Gruppe sinkt. Das Mubarak-Regime hat die Bruderschaft zwar offiziell verboten, tolerierte sie aber stellenweise. So traten etwa ihre Mitglieder als unabhängige Kandidaten bei Wahlen an. Die Bruderschaft gilt als die am besten organisierte und am stärksten in der Bevölkerung verwurzelte Gruppe aus dem breiten Spektrum der Opposition.

Wisner foderte allerdings, es müsse "sichtbare Zeichen für einen Bruch mit der Vergangenheit geben". So müssten Versammlungs- und Pressefreiheit gewährleistet werden. Nur dann könne der angestrebte Dialog mit dem Ziel freier Wahlen von den Demonstranten und den Oppositionsgruppen als "akzeptables Paket" wahrgenommen werden. Dazu könnte auch gehören, dass sich Mubarak weitgehend zurückzieht, und es Vizepräsident Omar Suleiman überlässt, die Reformen auszuhandeln und umzusetzen.

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