US-Republikaner:Die Zukunft der Verlierer

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Nun kommen die Tage der Abrechnung. Die Republikaner verlieren mit dem Neuanfang nach der desaströsen Niederlage von McCain keine Zeit. Wer hat Schuld? Und was wird aus Sarah Palin?

Reymer Klüver, Washington

Bereits an diesem Donnerstag wird sich ein erlauchter Kreis von führenden Republikanern - Namen sind nicht durchgesickert - in einem Ferienhaus in Virginia vor den Toren von Washington zu einer Strategiesitzung treffen. Einziger Tagesordnungspunkt: Die Zukunft der Partei.

Sarah Palin und John McCain in Phoenix: Ein Machtwechsel bei den Republikanern wird kommen. (Foto: Foto: AP)

Der Ton dürfte rau werden. "Es gibt das verbreitete Gefühl, dass unsere Partei kaputt ist", zitierte das Washingtoner Insiderblatt Politico vor ein paar Tagen einen der potentiellen Teilnehmer. Der konservative Kongressabgeordnete Tom Davis aus Virginia drückt sich noch drastischer aus: "Wenn unsere Partei Hundefutter wäre, hätten sie uns schon längst aus dem Regal genommen."

Über die Analyse der Misere werden sich die Teilnehmer des Treffens nicht lange streiten: Die Republikaner haben verloren, so die vorherrschende Meinung der Konservativen, weil die Partei ihre Ideale verraten hat. Ihr Rezept für den Ausweg aus der Krise: Die Partei muss nach rechts rücken. Ob das alle mitmachen und wer für den Rechtsruck stehen soll - das dürften die spannenden Fragen der kommenden Wochen werden.

Die Schuldigen

Über die Schuldigen an der Katastrophe werden sich die Teilnehmer der Runde rasch einig sein: der amtierende Präsident und der Mann, der sein Nachfolger werden wollte. John McCain war ihnen schon immer suspekt. Als Pragmatiker hat er ihren ideologischen Eifer nie geteilt. Und nur zähneknirschend hatten sie seine Nominierung unterstützt. Jetzt können sie ihrem alten Misstrauen freien Lauf lassen.

Vor allem aber wird sich der Unmut gegen George W. Bush richten. Bush wird inzwischen als pharmacist-in-chief, als oberster Apotheker der Nation karikiert, weil er einer Ausweitung von Medicare zugestimmt hat. Ihm wird angekreidet, dass er gegen schärfere Einwanderungsgesetze war, dass er Krieg geführt hat, ohne den Gürtel enger zu schnallen - also lieber Schulden gemacht hat als Sozialausgaben zu kürzen. Und nun noch die Rettungsaktion für die Wall Street: Anstatt den Staat zu verkleinern, hat Bush ihn wachsen lassen. Kurzum, die rechten Republikaner sehen ihren Präsidenten als Verräter konservativer Ideale.

Zudem gibt es eine Reihe von Skandalvögeln aus dem Kongress, die den Republikanern ohne Zweifel schwer geschadet haben: der einstige Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus Tom DeLay, der nach einer Parteispendenaffäre den Kongress verlassen musste, Abgeordnete wie Duncan Hunter, die wegen Bestechlichkeit einsitzen, oder jetzt Alaskas abgewählter Senator Ted Stevens, ebenfalls wegen Bestechlichkeit verurteilt.

Düstere Vergleiche

Nicht nur Demokraten, auch Republikaner haben das Gefühl, nun eine Zeitenwende zu erleben. Konservative Kolumnisten ziehen düstere Vergleiche: Die goldenen Jahre der Republikaner dürfte erst einmal vorbei sein - die Präsidentschaft Ronald Reagans und seines Vizes George Bush von 1980 bis 1992, die Vorherrschaft im Kongress 1994 bis 2006.

Nach dem Erdrutschsieg der Demokraten mit Präsident Franklin D. Roosevelt an der Spitze dauerte es nicht weniger als sechs Jahrzehnte, ehe die Republikaner wieder eine Mehrheit im Kongress hatten. Und noch düsterer: Nach der Hochzeit der amerikanischen Whigs in der vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts begann ihr rapider Abstieg ins historische Nirvana. "Die Republikaner könnten ähnlich schnell verschwinden", orakelte die Washington Times, eines der meinungsmachenden Blätter auf Seiten der Konservativen.

Das indes muss nach Auffassung der Verschworenen von Virginia nicht sein. Denn eigentlich, so ihr Argument, sei Amerika ein konservatives Land. Als Beleg führen sie Umfragen wie den renommierten Battleground Poll der George Washington University an. Danach sehen sich 59 Prozent aller Amerikaner als konservativ, Tendenz steigend. Deshalb, so die rechten Strategen, muss die Wahl Obamas keine Zeitenwende bedeuten. Sie sehen sie als historischen Betriebsunfall, verursacht eben durch den Verrat an konservative Werten.

Nicht die Ideologie der Partei muss sich also ändern, so dürfte ihr Fazit sein, die Gesichter müssen es. Bush und McCain werden nun keine Rolle mehr spielen. Auch die bisherigen Führer im Kongress, John Boehner im Repräsentantenhaus und der mit Ach und Krach wiedergewählte Senator Mitch McConnell, dürften es schwer haben. Vor allem aber wird die Frage sein, wer außerhalb des Washingtoner Dunstkreises das Gesicht der neuen rechten Republikaner werden wird.

Was wird aus Palin?

Ganz klar in Stellung gebracht hat sich Sarah Palin, McCains Vizepräsidentschaftskandidatin. Sie hat die Parteibasis mobilisiert, gilt vielen als frisch und unverbraucht, als Verkörperung der konservativen Zukunft der Partei. Sie ist gegen Abtreibung und Schwulenehe und für das Recht, Waffen zu tragen, und den Abbau staatlicher Wohltaten - alles Dollpunkte für die konservative Parteibasis.

Und sie hat einflussreiche Freunde unter den konservativen Meinungsmachern: Bill Kristol, Chef des rechten Führungsorgans Weekly Standard, und Rush Limbaugh, der erzkonservative Radio-Talkmaster, haben Lobeshymnen auf sie gesungen. Doch dürfte Palin in den kommenden Wochen Konkurrenz bekommen. Mike Huckabee, der Wunschkandidat der christlichen Rechten im Vorwahlkampf, wird sich wieder zurückmelden.

Übrigens wird das Krisentreffen in Virginia nicht das einzige bleiben. Für die kommende Woche hat der Republikaner-Chef von South Carolina nach Myrtle Beach eingeladen, "um die Lehren aus dem Wahlkampf zu ziehen". Und in derselben Woche haben sich die republikanischen Gouverneure in Miami verabredet. Ihr Thema: "Die Republikanische Partei im Wandel".

© SZ vom 06.11.2008/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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